Nahost – USA, Russland und der Iran verhandeln die Zukunft Syriens

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Die USA, Russland und der Iran verhandeln am Freitag in Wien über Syrien. Die Positionen sind unterschiedlich. Wegen der massiven Militärpräsenz der verschiedenen Player können die Groß- und Regionalmächte im Grund nichts gewinnen.

Die Außenminister John Kerry (li.) und Sergei Lawrow treffen in Wien aufeinander. (Foto: dpa)

Am Donnerstagabend kommen in Wien die Außenminister der USA, Russlands, Saudi-Arabiens und der Türkei zusammen. Am Freitag werden die Gespräche in größerer Runde fortgesetzt. Dann soll erstmals auch der iranische Außenminister Dschawad Sarif mit am Tisch sitzen.

Ebenfalls werden Vertreter aus Großbritannien, Ägypten, Frankreich, Italien, Deutschland, dem Libanon und der EU anwesend sein. Laut britischem Außenministerium nehmen auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und Jordanien teil.

Um den Konflikt überhaupt lösen zu können, müssen aber erst einmal die Interessen aller Seiten entworren werden – Bloomberg hat die einzelnen Positionen analysiert:

Russland

Russland hat mit seinem seit langem größten Feldzug außerhalb der ehemaligen UdSSR den Einsatz erhöht. Russische Kampfflugzeuge unterstützen die syrische Armee und stärken Moskaus Einfluss. So haben die USA nun ihren Widerstand gegen eine Einladung des Irans, einem Unterstützer Assads, zu den Gesprächen fallen gelassen. Der Kreml setzt sich jetzt für einen Wechsel ein, der Assad und seine Verbündeten in einer bestimmenden Position belassen könnte und widersetzt sich damit der Türkei und anderen, die Assads Amtsenthebung fordern.

USA

Obama versucht, Russlands Intervention als Ausweg für sein ganz eigenes Syrien-Dilemma zu nutzen, da er einerseits Assads Abgang fordert, andererseits aber keine militärischen Einsätze in Syrien vornehmen will. Die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung wurde diese Woche noch durch die amerikanische Kehrtwendung zur Teilnahme des Irans an den Gesprächen in Wien unterstrichen. Weiterhin haben die USA ihre Haltung zu Assads Abgang gelockert und fordern diesen nun „irgendwann“ und nicht unbedingt sofort zu einem Wechsel der politischen Führung auf. Gleichzeitig weitet das Pentagon seine Bodeneinsätze in Syrien und dem Irak gegen den IS aus.

EU

Währenddessen verschlimmert die Situation in Syrien eine Flüchtlingskrise in Europa, die ein unübersehbares Fragezeichen über die Zukunft von Europas Führungskräften, einschließlich Angela Merkels, setzt. Offizielle Stellen haben angegeben, dass Unstimmigkeiten zwischen den Mitgliedsstaaten schließlich dazu führen könnten, das Schengen-Abkommen, das die internen EU-Grenzen aufgehoben hatte, zu ändern oder gar aufzuheben. Die Europäische Union ist also vor allem daran interessiert, das jemand – irgendjemand – die Situation in Syrien stabilisiert, bevor sie sich gezwungen sieht, eine ihrer wichtigsten Gründungsprinzipien aufzugeben.

Saudi-Arabien

Für Saudi-Arabien ist der Konflikt weitaus größer als nur Syrien. Das Königreich und seine sunnitischen Verbündeten sind in eine Stellvertreter-Konfrontation mit dem schiitischen Iran vom Jemen bis in den Libanon verwickelt. Bislang bleiben die Saudis bei ihrer Forderung nach Assads Rückritt. Auch wollen sie, auf Aufruf hoher saudischer Geistlicher hin, ihre Waffenlieferungen an Anti-Assad-Kämpfer verstärken, um auf Russlands Eingreifen zu reagieren. Viele saudische Djihadisten, allen voran Osama Bin Laden, waren vormals nach Afghanistan gegangen, um dort nach 1979 die russischen Streitkräfte zu bekämpfen, da sie sowohl durch Saudi-Arabien, als auch die USA mit Geld und Waffen versorgt wurden. Ihre Bemühungen wurden belohnt und die Sowjetunion war gezwungen abzuziehen. Allerdings kam das letztendlich auf die Saudis zurück, da die Kämpfer zurückkehrten und den Blick auf die Herrscher-Familie richteten.

Türkei

Der türkische Präsident Erdogan und Assad waren einst enge Verbündete. Das war einmal. Ankara wünscht nun nichts sehnlicher als Assads Rücktritt und beleuchtet dazu jedes mögliche Szenario. Zugleich sträubt sich die Türkei gegen jede Lösung, die den Kurden in Syrien mehr Autonomie bescheren könnte, da man befürchtet, dass das andere kurdische Kämpfergruppen ermutigen könnte.

Iran

Für den Iran war die Einladung zu den Wiener Gesprächen ein diplomatischer Erfolg. Teheran will nicht, dass Assad Macht verliert, da dies die Möglichkeiten, die Hisbollah im Libanon zu beliefern, aufs Spiel setzen und eine starke Einschränkung seines regionalen Einflusses dort darstellen würde. Der Iran hat Geld, Ausrüstung und militärische Berater nach Syrien gesandt. „Der Iran fürchtet, dass Assads Kollaps zu Anarchie und noch größerer Macht für islamistische Kämpfer führen wird,“ sagt Ilan Goldberg vom Center for a New American Security. Für den Iran wäre die Beseitigung Assads nur der letzte Schritt in einem politischen Wechsel. „Der Iran ist kein großer Fan Assads und denkt, dass er die Situation falsch gehandhabt hat“, sagt Goldenberg. „Aber sie sehen keine anderen Optionen.“

Die syrische Regierung

Assads Regierung wird nicht an den Verhandlungen teilnehmen — zumindest nicht direkt. Assad, der diesen Monat bereits nach Moskau gereist war, wird sich auf Moskau und den Iran verlassen, ihn angemessen zu repräsentieren. Sein vorrangiges Ziel ist es noch immer, an der Macht festzuhalten und einem Schicksal, wie dem Gaddafis in Libyen, zu entgehen, welcher nach einer Entführung durch Rebellen erschossen wurde. Um das zu erreichen, wird seine Regierung weiterhin dafür plädieren, dass eine Auflösung des Bürgerkriegs nur nach einem Sieg über die Terroristen erreicht werden kann, wobei Terroristen mit sämtlichen Opponenten gleichzustellen sind. „Was Syrien von dieser Konferenz will, ist, dass die Welt erkennt, dass die Ausmerzung des Terrorismus nicht nur Priorität für Syrien, sondern für die ganze Welt ist,“ erklärt der syrische Abgeordnete Fayez Sayegh.

Die syrische Opposition

Auch Syriens größte politische Opposition, die Syrian National Coalition (SNC), wird nicht an den Gesprächen teilnehmen – sowie auch die größten sunnitischen Rebellenfraktionen. Die SNC verweigert jegliche Regelungen, die für Assad, der zu Syriens Alawiten-Minderheit gehört, eine Rolle im politischen Wechsel vorsieht. Laut Nasr al-Hariri, Mitglied des Politbüros, fürchte man, dass ein solches Abkommen ihm die Möglichkeit offen halten würde, zu bleiben. Die SNC macht Assads Regierung für die Viertelmillion Tote in dem Konflikt verantwortlich und verlangt, dass sie zur Verantwortung gezogen wird.

Diese Übersicht erschien im Original bei Bloomberg und kann hier gelesen werden.

Quelle: Deutsche wirtschafts Nachrichten vom 30.10.2015

 

 

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