Mannheimer Jungbusch: Vier Frauen von Ausländer belästigt und zu Boden geschlagen

 

Jetzt machen sie ihren Fall öffentlich – „Am schlimmsten ist die Machtlosigkeit“

01.09.2018, 06:00 Uhr

Sie wollten eigentlich nach Hause, als ein unbekannter Mann sie ohne Grund angriff: Melanie Mattern, Eleen Kleemann, Ann-Kathrin Schneck und Jana Mohr (v.l.) wurden Opfer von Gewalt an Frauen. Jetzt wehren sie sich. Foto: Rothe

Von Anica Edinger

Mannheim/Heidelberg. Sie hatten Angst und waren hilflos. „Unsere körperliche Unterlegenheit und Machtlosigkeit wurde uns nur allzu bewusst gemacht“, schreibt Ann-Kathrin Schneck. Sie ist eine von vier jungen Frauen, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Jungbusch in Mannheim verprügelt wurden. Und das von nur einem Mann.

Die vier Freundinnen, Ann-Kathrin Schneck, Jana Mohr, Eleen Kleemann und Melanie Mattern, waren gerade auf dem Nachhauseweg. Es war etwa 4.30 Uhr am Morgen. Plötzlich wurde eine von ihnen von einem Fremden angesprochen. „Wir haben ihm zu verstehen gegeben, dass wir das nicht möchten“, berichtet Schneck, die in Heidelberg Medizin studiert, im Gespräch mit der RNZ.

Doch der Mann habe nicht locker gelassen. „Er hat Eleen in den Arm genommen, ihr Küsschen gegeben“, erinnert sich die 22-Jährige. Die Frauen hätten sich verbal gewehrt, seien laut geworden. Dann kam ein Taxi mit einer Gruppe Menschen, die den Freundinnen zur Hilfe eilte. Es gab einen Tumult, die Männer prügelten sich.

Jana Mohr, 23, rief die Polizei. Doch dann, „wie aus dem Nichts“, sagt Schneck, mischte sich ein eigentlich unbeteiligter Mann ein. „Ein richtiger Schrank.“ Und der ist ausgerastet. Eine nach der anderen habe er zu Boden geschlagen. „Melanie hat er gegen ein Auto geworfen“, berichtet Jana Mohr, die in Heidelberg Soziale Arbeit studiert.

Und die 29-jährige Mattern sagt: „Das ging alles zack-zack.“ Bis alle vier zu Boden gingen. Das Ergebnis: Schürfwunden und Schwellungen. „Doch das ist nicht das Schlimmste“, sagt Mohr. „Was bleibt, ist dieses Gefühl von Machtlosigkeit, sich als Mensch nicht behaupten zu können.“

Das wollen die Vier nicht auf sitzen lassen. Schließlich folgte auf den ersten Schock nach dem Vorfall vor allem eines: Wut. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, schreibt Schneck deshalb in dem kurzen Text, den sie nicht nur der RNZ zugehen ließ, sondern auch in den Sozialen Medien verbreitete.

Die Freundinnen wollen jetzt kämpfen: „Für uns, für alle, denen etwas ähnliches passiert ist, für alle Frauen, denn wir müssen gehört werden“. Schneck ist sicher: „So etwas passiert immer wieder Frauen, doch keiner sagt etwas.“ Deshalb wollen sie ihren Fall nun öffentlich machen, es soll darüber geredet werden.

Für die Vier sei es zwar das erste Mal gewesen, dass sie körperlich von einem Mann verletzt wurden. Doch sexuelle Belästigung hätten sie alle schon erlebt. „Anzügliche Kommentare und Anfassen ist an der Tagesordnung, wenn man weggeht“, sagt Mohr, „man wird nur noch als Sexobjekt gesehen.“

Und: „Wenn man sich dagegen wehrt, wird man nur belächelt.“ Für Schneck ist klar: „Dass man als Frau beim Weggehen angemacht wird, wurde von der Öffentlichkeit als normal abgestempelt.“ Auch, wenn man das nicht möchte. Doch „normal“ sollte das nicht sein. Auch das wollen die Vier nach dem, was ihnen jetzt geschehen ist, „allen anderen Mädels in den Sinn rufen“, sagt Melanie Mattern.

„Mutig“, findet das Edith Kutsche, Beraterin beim Heidelberger Frauennotruf. Und: „Es ist auch dringend notwendig, über Gewalt an Frauen zu sprechen.“ Schließlich hätten laut einer EU-weiten Studie 35 Prozent aller befragten Frauen bereits irgendeine Form von Gewalt erlebt. „Weniger als 5 Prozent aller strafrechtlich relevanten Fälle wird überhaupt je angezeigt.“ Erschreckend findet sie auch die Verurteilungsquote in Deutschland bei Sexualdelikten: „Sie liegt bei 13 Prozent.“

Dass der Mannheimer Fall vom letzten Wochenende aufgeklärt wird, hält auch Polizeisprecher Norbert Schätzle für „schwierig“. Denn als die Polizei eintraf, war der Angreifer bereits geflüchtet. Eine Fahndung mit Hilfe der jungen Frauen blieb ohne Ergebnis. Videoüberwachung hätte Abhilfe schaffen können, meint Schätzle. 71 Kameras sind für Mannheim geplant. Nur am Hauptbahnhof sind schon welche in Betrieb.

Das soll sich noch in diesem Jahr ändern: Ziel sei es, an den Standorten Paradeplatz, Alter Messplatz und Breite Straße Videokameras noch in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen, heißt es aus dem Rathaus. Auch für Heidelberg ist die Videoüberwachung bereits beschlossen. Fünf Kameras sollen am Bismarckplatz und Hauptbahnhof installiert werden, zunächst zur Abschreckung und um nach möglichen Straftaten ermitteln zu können.

Bei den vier Freundinnen bleibt unterdessen vor allem eines: „Die Frage nach dem Warum“, meint Jana Mohr. „Warum ist so rohe Gewalt nötig? Und woher kommt dieser Hass?“ Bis diese Fragen beantworten werden, wollen die Vier weiterkämpfen. Gegen Gewalt an Frauen. Und für unbedingte Gleichheit beider Geschlechter.

Info: Die Polizei sucht Hinweise zum Täter. Er wird so beschrieben: etwa 1,80 Meter groß, Dreitagebart, hellbrauner Teint, speckige Statur, kahl rasiert, sprach gebrochen Deutsch. Zeugentelefon: 0621/12580.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung vom 01.09.2018

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Rhein-Neckar-Zeitung vom 01.09.2018

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Ulrike
Ulrike
5 Jahre zuvor

Wenn ihr den Dreckskerl erwischt gleich aus unserem Land jagen. Wenn er nicht freiwillig abhaut dann mit Gewalt. Solche Kreaturen brauchen wir nicht.