Justizminister Maas „Schließt Deutschland die Grenze, gibt es Chaos“

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Justizminister Maas pocht auf strenge Kontrollen an den EU-Außengrenzen. Zugleich warnt der SPD-Politiker davor, die deutsche Grenze zu schließen. Maas befürchtet eine „Chaotisierung der Lage“.

Von Stefan Aust , Manuel Bewarder , Thorsten Jungholt

 HSV-Fan, Sportler, Arbeiterheld: Justizminister Heiko Maas (SPD)

Bundesjustizminister Heiko Maas


Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat davor gewarnt, in der Flüchtlingskrise die deutschen Grenzen zu schließen. Maas sagte im Interview mit der „Welt am Sonntag“, dass eine „Schließung der Binnengrenzen kontraproduktiv wäre und zu einer weiteren Chaotisierung der Lage führen würde“. Die Flüchtlinge würden dann über die grüne Grenze nach Deutschland flüchten und die Lage „noch unüberschaubarer“ machen, erklärte Maas. „Das wird nicht funktionieren.“

In der Union mehren sich dagegen die Stimmen, als eine Art Abschreckung allein reisende männliche Flüchtlinge mittleren Alters vorübergehend an der deutschen Grenze zurückzuweisen.

Für eine solche Maßnahme haben sich die Innenexperten von CDU und CSU ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel  (CDU) lehnt ein solches Vorgehen allerdings ab.

Justizminister Maas befürchtet einen „anarchischen Dominoeffekt“, falls Deutschland und andere Länder auf der Balkanroute Flüchtlinge an ihren Grenzen künftig zurückweisen. Maas schloss eine solche Maßnahme allerdings nicht aus, falls die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) die Flüchtlingskrise nicht gemeinsam lösen: „Die Länder an den EU-Außengrenzen können sich doch heute schon an drei Fingern abzählen, dass es in Europa zu Beschränkungen kommen könnte, wenn weiter so schnell so viele Menschen kommen“, sagte er.


Türkei fordert Gegenleistungen für Hilfe

Der Justizminister übte scharfe Kritik an der aktuellen Sicherung der EU-Außengrenze: „Im Moment ist der Zustrom unkontrolliert, und die Leute gehen dahin, wohin sie wollen – vor allem nach Deutschland und Schweden“, erklärte Maas. „Diese völlig ungeordneten Verhältnisse müssen ein Ende haben. Und: Wir müssen das Tempo der Zuwanderung drosseln.“

Am Sonntag soll beim EU-Türkei-Gipfel ein Plan zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen unterzeichnet werden. Ankara soll sich verstärkt darum bemühen, dass Flüchtlinge das Land nicht verlassen und in die Europäische Union flüchten. Dafür, dass die illegale Migration an der EU-Außengrenze reduziert werden soll, fordert die Türkei Gegenleistungen. Dazu gehören finanzielle Hilfen sowie umfassendere Reisefreiheiten.


Die Zahl der Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze ist unterdessen zurückgegangen. Die Behörden wollen aber noch nicht von einer Trendumkehr sprechen. Internationale Hilfsorganisationen und Sicherheitsbehörden rechnen damit, dass die Zahl der Zuwanderer nach Europa auch im Winter hoch bleiben wird.

Maas sieht in der aktuellen Flüchtlingskrise die Freizügigkeit in der EU gefährdet. Der Justizminister sagte der „Welt am Sonntag“: „Europa wird sein Versprechen der offenen Grenzen nur halten können, wenn es an den EU-Außengrenzen systematische Kontrollen gibt.“ Flüchtlinge müssten bei der Einreise registriert werden. „Und dann muss in der EU darüber geredet werden, wie sie einigermaßen vernünftig auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden“, sagte Maas. „Wir brauchen endlich eine faire Verteilung der Lasten in Europa.“


Koalitionsstreit über Asylgesetzespaket

Der Justizminister verteidigte die Entscheidung der Kanzlerin, im September zeitweilig auf die Registrierung von Flüchtlingen zu verzichten: „Es gab eindeutige Informationen, dass die Lage der Flüchtlinge auf dem Budapester Bahnhof völlig außer Kontrolle zu geraten drohte“, sagte Maas. „Deshalb mussten wir so entscheiden.“

Im Koalitionsstreit über das aktuelle Asylgesetzespaket forderte der Justizminister die Union zum Einlenken auf. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Union am Ende ein Problem damit haben wird, Kinder und Schwangere im Asylverfahren besser zu schützen“, so Maas. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) wies hingegen die Forderungen nach höheren Standards für Schwangere, Kinder und Behinderte strikt zurück. „Die SPD hat nach dem Konsens der drei Parteivorsitzenden nachgelegt. So kann nicht gearbeitet werden. Die zusätzlichen Forderungen der SPD werden von uns nicht akzeptiert“, sagte Kauder der „Rheinischen Post“.


Mit dem Asylpaket soll eine Vereinbarung der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD umgesetzt werden, die die Errichtung spezieller Aufnahmezentren vorsieht, in denen Flüchtlinge registriert werden. Zudem soll es dort schnellere Asylverfahren für Flüchtlinge geben, die keine Aussicht auf ein Bleiberecht in Deutschland haben.

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Quelle: Welt-online vom 29.11.2015

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