Klare Verhältnisse? Von wegen. Bei der Vorwahl in Iowa schwächelt Donald Trump, stattdessen gewinnt Rechtsaußen und Tea-Party-Liebling Ted Cruz. Die Republikaner stehen vor einer quälend langen Suche nach einem Kandidaten.
Es gibt einen Satz in Donald Trumps Reden, der eine Art Leitmotiv für seine gesamte Kampagne geworden ist. „Wenn ich Präsident bin“, so Trump, „werden wir so viel gewinnen, dass euch vom Gewinnen ganz langweilig werden wird.“ Der Milliardär lebt für den Sieg, er will den Erfolg immer und überall.
Und jetzt?
Montagabend, das Sheraton Hotel in West Des Moines: Trump macht ein Gesicht wie immer, breites Grinsen, ein Gruß nach rechts, einer nach links. Doch sein Ton ist anders, er muss plötzlich über das Verlieren reden. „Ich bin dankbar“, sagt Trump. „Ich liebe euch, ich liebe euch. Wir werden weitermachen, wir werden die republikanische Kandidatur holen.“ Skepsis liegt in seiner Stimme, wer hätte das gedacht.
Iowa hat entschieden, und ausgerechnet für Trump ist die Premiere der US-Vorwahlen ein Stück weit danebengegangen. Der Milliardär, seit Monaten der Umfragekönig der Republikaner, ist nur Zweiter geworden, und selbst das nur knapp. Iowa, so Trumps Plan, sollte der Startschuss sein für seinen Durchmarsch zur Kandidatur. Stattdessen muss er Ted Cruz gratulieren, dem Mann, den Trump seit Wochen für unwählbar erklärt, weil er in Kanada geboren ist. Welch eine Ironie.
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Es ist kein Desaster für Trump, aber er selbst ist in gewisser Weise schuld daran, dass sein Abschneiden als schwere Niederlage gewertet werden dürfte. Trump hat, auch mithilfe der Umfragen, die Erwartungen so hochgeschraubt, dass viele einen Triumph schon eingeplant hatten. In Vergessenheit geriet dabei, dass nicht er, sondern der erzkonservative Cruz das Idealbild jener christlichen Rechten verkörpert, die in Iowa so stark vertreten ist. Für Cruz war ein Sieg in Iowa Pflicht. Aber aufgrund von Trumps Agieren vor dem Caucus sieht es auf einmal so aus, als hätte der Senator aus Texas einen Überraschungserfolg erzielt. Erst die Bibel, dann die Politik
„Wir sind eine Bewegung“, schwärmte Cruz am Wahlabend und bediente sich damit kurzerhand eines Satzes, den Trump regelmäßig verwendet. Mit schönen Grüßen an Platz zwei.
Iowa wirbelt das Ringen um die republikanische Kandidatur noch einmal weiter durcheinander. Nur die wenigsten im Establishment sehen in Cruz die Rettung vor Trump. Der 45-jährige Texaner ist für viele in der Parteiführung ein noch größerer Albtraum. Seit er im Senat sitzt, kämpft er gegen die eigene Spitze, er hält seine Chefs für verweichlichte Kompromisspolitiker. Cruz‘ Agenda ist in großen Teilen reaktionär, er ist ein Waffennarr, lehnt Abtreibung und Homo-Ehe ebenso ab wie Gespräche mit dem Iran oder Kuba. Wäre er Präsident, würde er den islamistischen Terrorismus wegbomben und Obamas Gesundheitsversicherung verbieten. Bei den Evangelikalen ist er ein Held: Erst die Bibel, dann die Politik. Das ist sein Motto.
Was ihn mit Trump verbindet, ist sein Hass auf Washington und die herkömmlichen Regeln der politischen Arbeit in der Hauptstadt. Diese Einstellung ist in der Partei mittlerweile mehrheitsfähig – das haben die Republikaner mit dem Ergebnis von Iowa schwarz auf weiß. Dass Trump und Cruz im Agrarstaat gemeinsam gut die Hälfte der Stimmen holten, ist der empirische Beleg dafür, wie wenig Bindungskraft der pragmatische Konservatismus eines Jeb Bush oder John Kasich noch entfalten kann. Die innere Radikalisierung der Partei, letztlich auch eine Folge zweier verlorener Präsidentschaftswahlen, wird jeder Kandidat ein Stück weit aufnehmen und vertreten müssen. Egal, wer es am Ende sein wird.
Rubios Aufstieg
Marco Rubio hat auf die Kandidatur eine Chance, auch das hat der Abend in Iowa deutlich gemacht. Der Senator aus Florida hat erstaunlich gut abgeschnitten, mit rund 23 Prozent der Stimmen lag er nur knapp hinter Trump. Wichtiger aber war für ihn, dass er jene Kandidaten auf Abstand halten konnte, die mit ihm um die Gunst des Establishments konkurrieren: Jeb Bush, Chris Christie, John Kasich. Wenn es eine Alternative zu Trump und Cruz geben sollte, dann bin das ich: Mit dieser Botschaft kann Rubio in die nächsten Vorwahlen in New Hampshire am 9. Februar gehen.
Das Problem ist, dass Rubio nur dann zu einer ernsthaften Alternative werden kann, wenn auch Bush und Co. sich hinter ihm versammeln. Dass Bush, der in Iowa ein desaströses Ergebnis einfuhr, rasch aufgibt, ist allerdings nicht zu erwarten.
Zum einen dürfte es dem Ex-Gouverneur von Florida schwerfallen, seinen einstigen Ziehsohn zum Hoffnungsträger des Establishments zu machen. Zum anderen hat selbst Bush noch nicht ganz aufgegeben, was die Hoffnung auf die Kandidatur angeht. Seine Strategie zielte von Beginn an eher auf New Hampshire als auf Iowa. Er setzt darauf, im zweiten – deutlich liberaleren – Vorwahlstaat ein einigermaßen vernünftiges Ergebnis zu erzielen und sich damit eine zweite Chance zu erarbeiten. Für den Super Tuesday am 1. März und die Wahlen danach.
Die Suche nach dem Präsidentschaftskandidaten der Republikaner wird zur Zerreißprobe.
Quelle: Spiegel-online vom 02.02.2016
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