Frühwald um 9 – Nachrichten und Informationen vom 22.10.2024 (Textausgabe)
staseve
Berlin muß nur zugreifen: Syrer könnten sofort nach Syrien rückgeführt werden
Berlin/Damaskus. Für die „Ampel“-Regierung wäre das eigentlich ein Angebot, das man nicht ablehnen kann: die autonome Selbstverwaltung Nordost-Syriens hat jetzt angeboten, alle syrischen Staatsbürger, derzeit in Deutschland leben, wieder zurückzunehmen. Bereits Ende Juli hatte das Oberverwaltungsgericht Münster geurteilt, für Zivilpersonen bestehe in Syrien aktuell „keine ernsthafte, individuelle Bedrohung“ für Leib und Leben mehr.
Dieser Tage ist die Außenministerin von Nordostsyrien, Elham Ahmed, in Deutschland, um für die Zusammenarbeit mit der autonomen Selbstverwaltung der Region zu werben. Ihr geht es um Entwicklungshilfe und Wiederaufbau, sie bietet aber auch eine Gegenleistung: die „uneingeschränkte Bereitschaft“, über die Rückführung von in Deutschland lebenden syrischen Flüchtlingen in ihre Heimat zu verhandeln. „Wir sind bereit, sie im Gebiet der Selbstverwaltung aufzunehmen, egal, ob sie ursprünglich aus diesem Gebiet kommen oder aus einem anderen Teil Syriens“, sagte Ahmed im Gespräch mit ntv.de. „Uneingeschränkt alle.“
Bisher verweigerte sich das Auswärtige Amt jeder Zusammenarbeit mit syrischen Behörden (während andere europäische Länder längst wieder über diplomatische Vertretungen in dem Land verfügen). Jetzt steht Berlin insofern unter Zugzwang, als die autonome Selbstverwaltung im Nordosten des Landes faktisch von Damaskus unabhängig ist. Sie wird zwar offiziell nicht anerkannt, aber geduldet. Und: die Region Nordost-Syrien gilt als derzeit stabilster und sicherster Landesteil.
Die Außenministerin der Region knüpft die Rücknahme von Syrern aus Deutschland lediglich an die Bedingung, „im selben Atemzug auch über Wiederaufbauhilfe [zu] sprechen, um die Region wirtschaftlich darauf vorzubereiten“. Man könne „sofort“ mit kleinen Kontingenten beginnen, die notwendige Infrastruktur für größere Kontingente müsse noch geschaffen werden. „Dies könnte aber innerhalb eines Jahres passieren.“
Prominentester Befürworter für Rückführungen nach Syrien ist übrigens Bundeskanzler Scholz (SPD), zumindest, wenn es um Straftäter geht. Bereits im Juni sagte er in einer Regierungserklärung: „Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen.“ (rk)
Italien lagert Illegale aus: Asylanten erstmals nach Albanien überstellt
Rom/Tirana. Lange hat es gedauert, und bislang beschränkte sich die italienische Rechtsregierung unter Giorgia Meloni im wesentlichen darauf, Illegale kurzerhand nach Deutschland weiterzuwinken. Jetzt nimmt erstmals der Versuch Konturen an, sie loszuwerden, ohne andere EU-Partner zu belasten. Zum ersten Mal sind Illegale nun nach Albanien verfrachtet worden, wo sie in vorübergehenden Gewahrsam genommen werden sollen, während in Italien im Schnellverfahren über ihren Asylantrag entschieden wird.
Ein Marineschiff mit 16 Männern sei von Lampedusa nach Albanien unterwegs, teilte das Innenministerium am Montag mit. Es handle sich um zehn Ägypter und sechs Bangladescher.
Ein im vergangenen Jahr von den Regierungen in Rom und Tirana unterzeichnetes Abkommen sieht vor, daß Albanien bis zu 3000 Migranten aufnimmt, während Italien ihre Asylanträge im Eilverfahren bearbeitet. Frauen, Kinder, Alte, Kranke und Folteropfer sollen auch weiterhin in Italien untergebracht, Familien nicht getrennt werden.
Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte die beiden dafür vorgesehenen Zentren in Albanien offiziell eröffnet. Sie kosten Italien über einen Zeitraum von fünf Jahren 670 Millionen Euro, werden von Italien betrieben und stehen unter italienischer Gerichtsbarkeit. Albanisches Wachpersonal ist für die Sicherheit zuständig.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das Abkommen als Beispiel für „unkonventionelles Denken“ beim Umgang mit der hohen Zahl von Migranten gelobt. Dasselbe „unkonventionelle Denken“ findet sie allerdings beim ungarischen Präsidenten Orbán, der Illegale gar nicht erst in sein Land läßt, keineswegs lobenswert. (mü)
Identitätsbetrug durch Asylmigranten: NRW tappt im Dunkeln
Was haben Breitscheidplatz-Terrorist Anis Amri und der Krefelder Kinoattentäter Hassan N. gemeinsam? Dutzende gefälschte Identitäten. Dabei sollte sowas laut Gesetzeslage nicht möglich sein. Was ist los bei den Behörden?
DÜSSELDORF. Weder das Flucht- noch das Justizministerium von Nordrhein-Westfalen wissen, wie oft Asylmigranten wegen Identitätsbetrug verurteilt wurden. Eine Auswertung würde den Rahmen eines vertretbaren Aufwands sprengen, teilte das Justizministerium gegenüber dem WDR mit. Seit Februar 2024 können Asylbewerber strafrechtlich belangt werden, wenn sie vorsätzlich falsche Angaben machen.
Über diese neue Rechtslage mußten sich die Ausländerbehörden in NRW offenbar selbst informieren. Die schwarz-grüne Landesregierung verwies auf Anfrage des WDR auf das Fluchtministerium unter Josefine Paul (Grüne), dieses verwies „mangels Zuständigkeit“ wiederum auf das Justizministerium unter Benjamin Limbach (Grüne). Dem Sender präsentierte das Justizministerium schließlich einen Erlaß vom 29. April 2022 – rund zwei Jahre älter als die neue Regelung.
Benjamin Limbach (Bündnis 90/Grüne), Minister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, bei der Kabinetts-PK zur Umsetzung des Maßnahmenpakets zu Sicherheit, Migration, Prävention. Am 10. September 2024 hatte die NRW-Landesregierung das umfangreichste Maßnahmenpaket im Bereich Sicherheit, Migration und Prävention in der Geschichte Nordrhein-Westfalens beschlossen.
Konkret bestraft das seit Februar 2024 gültige Rückführungsverbesserungsgesetz die Weigerung, Pässe, andere Dokumente oder Datenträger herauszugeben, sowie die Angabe falscher Informationen. Verstöße können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden.
NRW-Behörden stoppten Krefelder Kinoattentäter nicht
Hintergrund des Gesetzes ist der Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz durch den Islamisten Anis Amri am 19. Dezember 2016. Der Terrorist hatte insgesamt 13 Menschen getötet. Den Polizeibehörden war der Asylbewerber unter insgesamt 14 Identitäten bekannt. Im Zuge dessen begann eine Debatte darüber, wie Behörden Identitätsbetrug bei Asylmigranten aufdecken und bestrafen können.
Ob die neue Regelung Wirkung zeigte, ist unbekannt. Klar ist jedoch, daß der iranische Asylbewerber Hassan N. mit seinen mindestens 27 unterschiedlichen Identitäten Anfang dieses Monats versucht hatte, Besucher eines Kinos zu ermorden. Die Identität des von Polizisten niedergeschossenen Amokläufers konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden. (sv)
Thüringen – CDU will trotz Wagenknecht-Forderung mit BSW regieren
Mit aller Macht will Mario Voigt in Thüringen regieren. Trotz der Wagenknecht-Bedingung, sich von Merz zu distanzieren, sieht seine CDU die Minderheitskoalition mit BSW und SPD auf „gutem Weg“.
ERFURT. Die CDU sieht die Gespräche über eine Regierungsbildung mit dem BSW und der SPD in Thüringen weiter „auf einem guten Weg“. Das hat die Parteispitze nach der neuesten Bedingung von Sahra Wagenknecht mitgeteilt.
Die BSW-Gründerin verlangt, die Landes-CDU müsse sich von ihrem Bundesvorsitzenden Friedrich Merz distanzieren, weil dieser die Reichweitenbeschränkung für an die Ukraine gelieferte Waffen aufheben will. Wagenknecht bezeichnete dies als „entsetzliche Rede“, mit der Merz „faktisch einen Kriegseintritt Deutschlands gegen Rußland gefordert“ habe.
Die Bedingung will die Thüringer CDU zwar nicht erfüllen. Auf X teilte sie aber mit, sie werde die „guten“ Gespräche mit Vertretern des BSW „im Interesse Thüringens fortsetzen – am besten ohne weitere unnötige Wortmeldungen aus Berlin“. Den Beitrag hatte der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Christian Hirte unterzeichnet. Ministerpräsident will Landeschef Mario Voigt werden.
So reagiert Voigt auf Wagenknecht-Bedinung
Hirte schrieb, offensichtlich störe Sahra Wagenknecht die „pragmatische Politik“ in Thüringen. Über Wagenknecht hieß es: „Ihre Forderungen werden immer abenteuerlicher. Friedrich Merz ist unser Kanzlerkandidat und auf dem richtigen Kurs für Deutschland.“
Voigt selbst wies die Wagenknecht-Forderung nicht ausdrücklich zurück, sondern postete auf X lediglich ein Foto von ihm mit Merz und schrieb nur zwei Worte darüber: „Eine Union.“ Er will offenbar nicht zusätzliches Öl ins Feuer gießen, um seine Pläne, Ministerpräsident zu werden, nicht zu gefährden.
Diese sind ohnehin gewagt. Denn CDU, BSW und SPD verfügen mit 44 der 88 Abgeordneten über keine parlamentarische Mehrheit. Um eine Regierung gegen die AfD, die mit Abstand stärkste Fraktion, bilden zu können, müßte das Bündnis von der Linkspartei geduldet werden. Voigt beansprucht das Amt für sich, weil er die „stärkste Kraft unter den Parteien der Mitte“ anführe. (fh)
40 Arbeitsplätze weg – Nach 108 Jahren: Henkel schließt Werk in Heidenau
Pirna/Heidenau (Sachsen) – Es ist eine Schließung mit Ansage: Der Henkel-Konzern macht seine Ankündigung von Mai 2023 wahr und schließt sein Werk in Heidenau bei Dresden. Betroffen sind 40 Arbeitnehmer.
Bis Jahresende soll der Betrieb die Produktion einstellen. Das bestätigte Henkel (u.a. Persil und Pril) am Montag auf Anfrage. „Wir arbeiten derzeit an der Optimierung unseres europäischen Lieferketten- und Produktionsnetzwerkes im Unternehmensbereich Adhesive Technologies“, so ein Sprecher in Düsseldorf. Ziel sei es, das Netzwerk den aktuellen Marktanforderungen anzupassen und die Kostenwettbewerbsfähigkeit zu steigern. „In diesem Zusammenhang soll die Produktion von Heidenau in andere europäische Werke transferiert werden.“ Das sächsische Werk produziert vor allem Klebstoff.
Zuvor hatten mehrere Medien berichtet, darunter das Handelsblatt.
Gewerkschaft und Betriebsrat kämpften
Auch die zuständige Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) bestätigt das Aus. Der Dresdner Gewerkschaftssekretär Norbert Winter zu BILD: „Gemeinsam mit dem Betriebsrat haben wir seit Bekanntwerden der Schließungspläne um den Standort gekämpft. Denn hier gibt es eine große Tradition der Klebstoffherstellung und eine hohe Kompetenz. Der Standort ist tarifgebunden. Trotz unserer Bemühungen – Henkel hat sich leider dagegen entschieden. Das ist bedauerlich!“
Es gebe aber Sozialpläne, die das Ausscheiden der Mitarbeiter abfedern. Sei es über den Weg von Abfindungen oder einer Rentenüberleitung. Darum werde das Aus zum Jahresende auch „ruhig“ über die Bühne gehen.
Lange Historie
Der Standort hat tatsächlich eine lange Geschichte. 1916 wurde dort die Klebstoffwerke durch die Garantol-Gesellschaft Grube & Co. eröffnet. Ab 1972 firmierte er als VEB Vereinigte Klebstoffwerke Pirna – Betriebsteil Heidenau. Ab 1990 war es der Betriebsteil Klebstoffwerke Pirna der Leuna-Werke. Zu Henkel kam es ausweislich der offiziellen Webseite der Stadt Heidenau im Jahr 2005.
Bundestagsabgeordnete wollen nicht veröffentlicht werden: Polizei droht Blogger Tim Kellner
Bielefeld. Erst dieser Tage sorgte Bundesjustizminister Buschmann (FDP) mit einem äußerst umstrittenen Gesetzentwurf für Aufregung – unter dem Vorwand der „Gemeinwohlschädigung“ sollen demnach künftig regierungskritische oder anderweitig unerwünschte Äußerungen von Bürgern weitgehend unmöglich gemacht werden. Meinungsbekundungen, die dazu führen könnten, daß sich etwa Feuerwehrleute und Rettungssanitäter, aber auch Politiker in ihrer Tätigkeit bedroht sehen könnten, sollen künftig bestraft werden können.
Noch ist das Gesetz nicht in Kraft, ja noch nicht einmal im Bundestag diskutiert worden. Aber offenbar machen die Behörden schon davon Gebrauch. Denn der unabhängige, aber der AfD nahestehende Blogger Tim Kellner erhielt jetzt eine Gefährderansprache der Polizei, weil er auf seinem Telegram-Kanal eine Liste derjenigen Bundestagsabgeordneten veröffentlicht hatte, die kürzlich im Bundestag einen AfD-Verbotsantrag eingebracht haben.
Offenbar sieht die Polizei darin bereits eine „Gefährdung“ der betreffenden Politiker. Die Gefährderansprache, die die Polizei bei Kellner durchführte, läßt nur den Schluß zu, daß die Politiker, die im Bundestag für ein Verbot der AfD eintreten, bereits die Veröffentlichung ihres Namen als Bedrohung und „Gemeinwohlgefährdung“ empfinden. Die Liste der Abgeordneten war bereits zuvor in verschiedenen sozialen Netzwerken verbreitet worden.
Wie die Polizei bestätigte, will sie eine „präventive individuelle Ansprache im Vorfeld einer strafbaren Handlung“ durchgeführt haben. Solche Maßnahmen seien ein Standardvorgehen zur Gefahrenabwehr.
Kellner ist selbst ehemaliger Polizist. Er betreibt einen YouTube-Kanal mit rund 563.000 Abonnenten. Sein Telegram-Kanal zählt über 100.000 Follower. In jüngerer Zeit sah sich Kellner verstärkt mit Klagen von Politikern konfrontiert, insbesondere wegen Beleidigungsvorwürfen. (rk)
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