Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Schwer vermittelbar: Die Hälfte aller Flüchtlinge in Sachsen hat keinen Schulabschluss

„Wir schaffen das.“ Diesen Satz sagte Angela Merkel vor genau zwei Jahren. Da wäre es doch mal an der Zeit Bilanz zu ziehen und zu fragen: Haben wir es denn nun geschafft? Wie viele Geflüchtete konnten erfolgreich in die Gesellschaft und die Arbeitswelt integriert werden? So genau lässt sich das noch immer nicht sagen. Nur so viel: Einfach ist es sicher nicht.

von Ralf Geißler, MDR AKTUELL

Sprache ist ein wichtiger Schlüssel für die Integration.Bildrechte: dpa

Mustafa Hamil föhnt gerade den Kopf einer lebensgroßen Puppe. Der 28-Jährige steht in einer Lehrwerkstatt im Bildungs- und Technologiezentrum der #Handwerkskammer zu Leipzig. „Mein Ziel war immer, als Friseur zu arbeiten. Mein Traumberuf.“ Zwei Monate lernt er hier, dann folgt ein dreimonatiges Praktikum und später noch ein neunmonatiges. „Das ist auch gut, da bekommen wir viele Erfahrungen in einem Salon.“ Hamil könnte es schaffen. Und all die anderen?

Die Hälfte ist kaum vermittelbar

In #Sachsen sind inzwischen mehr als 17.000 Geflüchtete arbeitssuchend gemeldet. Arbeitsagentur-Chef Klaus-Peter Hansen sagt, im ersten Jahr nach Ankunft könne er zehn Prozent in Arbeit vermitteln. Im zweiten Jahr wieder zehn Prozent. Doch es gebe auch eine große Gruppe, bei der werde es sehr schwierig.

Über 50 Prozent haben nach unseren Standards keinen verwertbaren Schulabschluss. Viele würden wir nach unseren Kriterien auch als Analphabeten ihrer eigenen Muttersprache bezeichnen.

Klaus-Peter Hansen, Geschäftsführer der #Arbeitsagentur Sachsen

Das Problem sei größer, als bisher angenommen. Und das führt zum nächsten Problem: Um die Schule nachzuholen, bräuchte es Angebote für Geflüchtete. Doch die gibt es für Volljährige nicht.

Niemand will zahlen

Mustafa Hamil (links) mit seiner Ausbilderin und einem weiteren Teilnehmer des Integrationsprogrammes der IHK Leipzig.Bildrechte: MDR/Ralf Geißler

Seit einem Jahr schieben die sächsischen Ministerien die Verantwortung dafür hin und her: Das Integrationsministerium hat kein Geld, das #Kultusministerium fühlt sich nur für Minderjährige zuständig, das #Wirtschaftsministerium will nicht allein handeln.

#Gesa Busche vom sächsischen #Flüchtlingsrat ärgert es, dass erwachsene Geflüchtete die Schule noch immer nicht nachholen können. „Unser Hauptanliegen ist, dass eine Entscheidung getroffen wird für ein Landesprogramm und für Geld, das genau dafür eingesetzt wird – unabhängig vom Herkunftsland und unabhängig vom Aufenthaltsstatus.“

Für Geflüchtete, die gerade volljährig geworden sind, sollte es in Sachsen eigentlich eine Art berufsvorbereitendes Jahr geben. Doch auch das ist nach monatelanger Beratung noch nicht beschlossen.

Hauptsache beschäftigt?

Die Bundesagentur für Arbeit kann helfen, Hauptschulabschlüsse nachzuholen. Dafür aber, sagt wiederum Agenturchef Hansen, müsse eine gewisse Grundbildung schon da sein. „Wir müssen Geduld haben, wir dürfen uns aber keine Zeit lassen. Wir werben dafür, hintereinander weg die Leute zu beschäftigen. Womit auch immer. Die sollen keinen Koller kriegen.“

Derzeit ist aber nur eine Minderheit beschäftigt – wie Mustafa Hamil. An seinem Integrationsprogramm am Bildungs- und Technologiezentrum nehmen derzeit 26 Geflüchtete teil. Die einen sagen: Immerhin. Die anderen meinen: Nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Quelle: MDR vom 31.08.2017

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