Eine schwierige #Geschichte: Die #Hinrichtungen in #Hameln und der Umgang mit den Gräbern
Ausführlich spürte Gelderblom der Geschichte des Konflikts um die Gräber der Hingerichteten nach, die eigentlich gemäß Friedhofsordnung nach 25 Jahren hätten eingeebnet werden sollen. Doch seitens der politischen Rechten regte sich 1975 dagegen in Form einer Bürgerinitiative Widerstand. NPD und FAP, Alt- und Neonazis, aber auch nationalkonservative Hamelner hielten am Gräberfeld Treffen ab, wobei der Hitlergruß ungestraft gezeigt wurde, es zu tätlichen Auseinandersetzungen kam, die Polizei jedoch nicht eingriff. Gegendemonstranten wurden von der Polizei eingekesselt, während die Rechte am 8. März 1986 einen ungestörten Marsch durch die Nordstadt unternehmen konnte und die Stadt ebenfalls nicht reagierte. Erst die überregionale Berichterstattung bewirkte die in aller Stille am 5. März 1986 durchgeführte Einebnung des Geländes. Die BI verklagte daraufhin die Stadt und verlangte eine Wiederherstellung des Gräberfeldes. Am 25. März 1993 wurde die Klage der BI wegen Wiederaufstellung von Grabmalen und Grabkreuzen vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesen.
Eine 1986 von der Stadt in Auftrag gegebene Dokumentation von Peter Krone arbeitete den Personenkreis der Hingerichteten auf, enthielt sich aber leider jeglicher Bewertung, würdigte auch nicht die beachtliche Leistung der Briten bei der Aufarbeitung der von deutschen Kriegsgefangenen begangenen Verbrechen. Auch eine öffentliche Diskussion fand nicht statt.
„Der Spuk ist aber noch nicht vorbei“, so Gelderblom.
Sein Fazit: „32 Jahre nach der Einebnung ist die Zeit reif für Information und eine reflektierte und selbstkritische Auseinandersetzung.“ Sein Vorschlag: Anbringung einer entsprechenden Tafel. Das fand durchaus die Zustimmung der Zuhörer. „Ein schwieriger Ort der Geschichte, der wir uns stellen müssen. Ein Ort, der identifizierbar bleiben muss.“
Mit der Beseitigung der Gräber sei das Problem weder gelöst noch aufgearbeitet worden. Auch kämen Kindeskinder der Hingerichteten und suchten einem Ort zum Trauern. „Die Angehörigen haben ein Recht darauf. Wir Hamelner haben ein Recht auf Information und die Pflicht zur Auseinandersetzung. Welche Irrtümer, welche Legendenbildungen sind an diesem Ort geschehen? „Müssen wir uns dem nicht in einer öffentlichen Diskussion stellen?“, so Gelderbloms Frage.
Bernhard Gelderblom ist ein deutscher Historiker, Pädagoge und Autor. Nach dem Studium der Fächer Evangelische Theologie, Geschichte und Politik war Gelderblom bis 2006 am Albert-Einstein-Gymnasium in Hameln als Lehrer tätig. Er hat sich intensiv mit der jüdischen und der NS-Geschichte der Region beschäftigt und zahlreiche Darstellungen verfasst. Im Jahr 2010 gründete er den Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e.V., dessen Vorsitz er seitdem innehat.
Quelle: Deister- und Weserzeitung vom 29.09.2018