Nach seiner Festnahme ging die Abschiebung schnell, ungewöhnlich schnell. Die Beamten brachten ihn von Bremen per Hubschrauber zum Flughafen Berlin-Schönefeld, wo sie ihn in eine Maschine setzten – in Richtung Libanon.
Die Abschiebung des Clanchefs hat Symbolwirkung: Sicherheitsbehörden und Innenpolitiker verbuchen sie als Zeichen dafür, dass der mittlerweile ernst genommene Kampf gegen kriminelle arabische Großfamilien endlich Wirkung zeigt.
Die Innenminister der Bundesländer hatten bei ihrer Jahreskonferenz Mitte Juni beschlossen, Clankriminalität künftig durch schnellere Abschiebungen von Mehrfach- und Intensivtätern und eine bessere Koordination der Landesbehörden in den Griff zu kriegen.
Die Abschiebung Miris, an der Bremer und Berliner Behörden beteiligt waren, ist offenbar ein erster Erfolg für dieses neue Vorgehen – die Aktion wurde mehrere Monate im Voraus von den Bremer und Berliner Behörden gemeinsam geplant.
Vor allem Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) verbucht die Aktion als großen Erfolg. Schon nach der Innenministerkonferenz hatte er angekündigt, die Länder würden nun „gemeinsam auf allen Ebenen konsequent und hart gegen diejenigen vorgehen, die unsere gesellschaftlichen Werte des friedlichen und respektvollen Zusammenlebens so eklatant verletzen“.
Das Problem sind oftmals unklare Staatsangehörigkeiten oder fehlende Ausweispapiere. In den 90er-Jahren kamen viele palästinensische Flüchtlinge aus dem Libanon nach Deutschland und wurden bei den Behörden als staatenlos registriert, weil die Regierung in Beirut ihnen keine Pässe ausstellte.
So war es auch im Fall Miri. Für ihn wurden jetzt extra sogenannte Pass-Ersatzpapiere beschafft, ohne die er nicht abgeschoben hätte werden können.
Nur 24 Abgeschobene in den Libanon
Das gelingt bislang aber nur selten: Deshalb sind die Abschiebezahlen in den Libanon insgesamt bislang niedrig: Das Bundesinnenministerium teilte mit, von Januar bis Mai dieses Jahres seien lediglich 24 Personen auf dem Luftweg in den Libanon zurückgeflogen worden.
In Sicherheitsbehörden und Innenpolitik hofft man darauf, dass die Abschiebung des prominenten Clanmitglieds abschreckend wirkt. Ein Clankritiker, der namentlich nicht zitiert werden möchte, weil er von Miri-Mitgliedern bedroht wird, hält diese Hoffnung für begründet.
„In dieser Großfamilie herrscht jetzt Angst. Sie fühlen sich von Polizei und Öffentlichkeit beobachtet. Es beeindruckt den Clan, dass der von ihnen verachtete und als schwach angesehene Staat etwas gegen sie tut“, sagt er.
Nicht alle Innenexperten werten Miris Abschiebung als großen Wurf. Zwar sei sie ein „deutliches Signal, dass die deutschen Behörden vor der Abschiebung schwer krimineller Clanmitglieder nicht zurückschrecken“, sagte der FDP-Innenexperte im Bundestag, Konstantin Kuhle.
Ob jedoch die libanesischen Behörden auch künftig kriminelle Personen zurücknehmen würden, sei fraglich. Der Vorsitzende vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Sebastian Fiedler, pflichtete ihm bei und sagte, Deutschland müsse weiterhin „einen sachbezogenen Dialog mit dem Libanon pflegen. Ohne geeignete Mitwirkung des Libanons werden uns Ausweisungen nicht gelingen“.
Ein Problem lässt sich laut Kuhle nicht lösen, selbst wenn Abschiebungen von Straftätern in den Libanon tatsächlich einfacher und damit häufiger werden sollten. „Das gesamte Problem Clankriminalität wird sich nicht abschieben lassen“, so Kuhle. Er fordert, dass die Polizei bei straffälligen Familienmitgliedern konsequent schon bei kleinen Vergehen durchgreifen solle. Zum Beispiel, indem sie deren falsch geparkte Autos abschleppen lasse oder Drogenbesitz streng ahnde.
Quelle: Welt-online vom 12.07.2019