Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Sachsen-Anhalt: Streit um Rundfunkbeitrag führt zu Regierungskrise in Magdeburg

Der Sitz der Staatskanzlei des Landes Sachsen-Anhalt (Archivbild). (Ronny Hartmann/dpa)

Aus einem Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages ist in Sachsen-Anhalt eine Regierungskrise geworden. Ministerpräsident Haseloff hat seinen Innenminister Stahlknecht (beide CDU) entlassen. Stahlknecht hatte in einem Interview angedeutet, mit einer allein von der CDU gebildeten Minderheitsregierung weiterzuregieren, wenn es in der Koalition mit SPD und Grünen keine Einigung geben sollte.

Eine Minderheitsregierung könne es in Sachsen-Anhalt aber nur unter Duldung der AfD geben, sagte unser Landeskorrespondent Niklas Ottersbach (Audio-Link). Es sei möglich, dass Ministerpräsident Haseloff seiner Fraktion nun die Vertrauensfrage stelle. Inhaltlich habe sich im Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags aber nichts geändert. Haseloff stehe nicht für eine Erhöhung. Es sei ihm darum gegangen, den Tabubruch – eine gemeinsame Abstimmung der CDU mit der AfD – zu verhindern.

Ziemiak macht SPD und Grünen Vorwürfe

Kritik kam von CDU-Generalsekretär Ziemiak: Er warf den Koalitionspartnern SPD und Grünen in Sachsen-Anhalt vor, die Kenia-Koalition platzen lassen zu wollen. Ihnen gehe es nicht um den Rundfunkbeitrag, schreibt Ziemiak in einem Gastbeitrag für die „FAZ“. „Es geht ihnen um nichts anderes als die Infragestellung der Glaubwürdigkeit der Union im Umgang mit der AfD“. Auch beim Rundfunkbeitrag seien die Koalitionspartner in Sachsen-Anhalt wortbrüchig geworden, betonte Ziemiak. Im Koalitionsvertrag sei eine Beitragsstabilität vereinbart worden.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen in Sachsen-Anhalt, Striegel, hingegen sagte im Deutschlandfunk, die Formulierung Beitragsstabilität lasse einen Inflationsausgleich zu. Striegel forderte die CDU in seinem Land auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren und Sachsen-Anhalt aus der Isolation zu holen.

Die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Kipping, forderte ein Eingreifen der Bundes-CDU. Es gehe um die Frage, ob die CDU den Schulterschluss mit den „Faschos von der AFD“ suche, sagte Kipping dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das wäre ein ungeheurer Dammbruch, bei dem die CDU im Bund nicht tatenlos zusehen könne. Ähnlich äußerte sich SPD-Bundestagsfraktionschef Mützenich. Er sagte der „Rheinischen Post“, dass die Union insgesamt daran erinnert werden müsste, dass eine Zusammenarbeit mit der „demokratieverachtenden AfD“ nicht nur die konkrete Koalition in Sachsen-Anhalt in existenzielle Schwierigkeiten bringen würde.

Umstrittenes Interview mit Stahlknecht

Seit Tagen ringen die Koalitionspartner vergeblich um eine Lösung. Eine Vorentscheidung hätte mit der Beschlussempfehlung des Landtagsmedienausschusses fallen sollen, doch die Abstimmung wurde auf kommenden Mittwoch vertagt.

Eine Minderheitsregierung im Falle des Zerbrechens der Koalition hatte Haseloff kategorisch ausgeschlossen – Stahlknecht in einem Interview mit der „Magdeburger Volksstimme“ aber nicht. Haseloff sprach in Magdeburg von einem „schwer gestörten Vertrauensverhältnis zu seinem Parteikollegen“ und entließ Stahlknecht als Minister. Daraufhin kündigte Stahlknecht auch seinen Rücktritt vom Amt des CDU-Landesvorsitzenden an.

Wie geht es nun weiter?

Heute schaltet sich der Parteirat der Landes-SPD zusammen. Ungewiss ist, ob sich die Sozialdemokraten auf die CDU zubewegen, nachdem sich Haseloff mit Stahlknechts Entlassung klar zur Fortsetzung des Bündnisses bekannt hat. Die Grünen als dritter Koalitionspartner hatten bereits vor der Eskalation einen Kompromissvorschlag im Rundfunk-Streit unterbreitet: den entsprechenden Staatsvertrag aller Bundesländer mit umfassenderen Regelungen zu billigen, aber erst bis Mitte 2021 zu entscheiden, ob es bei der vorgesehenen Beitragserhöhung von 86 Cent auf 18,36 Euro bleiben soll.

CDU-Fraktion und Staatskanzlei hatten jüngst vorgeschlagen, den Staatsvertrag samt Beitragsplus vor der entscheidenden Abstimmung Mitte Dezember zurückzuziehen und nachzuverhandeln. Dies käme aber einer Blockade gleich, da der Vertrag hinfällig ist, wenn ihn nicht bis Jahresende alle Landtage billigen. In dem Fall dürften öffentlich-rechtliche Sender wohl das Bundesverfassungsgericht anrufen.

Quelle: Deutschlandfunk vom 05.12.2020

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