Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Falscher Polizist Volker Schöne ist wieder ein freier Mann

Der frühere Chef des Deutschen Polizeihilfswerkes saß am Montag wegen Gefangennahme eines Gerichtsvollziehers erneut vor dem Richter.

Von Jürgen Müller

So wie hier im März dieses Jahres am Amtsgericht Meißen wurde der Angeklagte in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der frühere Chef des Deutschen Polizeihilfswerkes Volker Schöne war gegen das Urteil in Berufung gegangen. Am Ende wurde er zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, verließ das Landgericht als freier Mann.

© Claudia Hübschmann/Archiv

Meißen/Dresden. In Handschellen wird er in den Gerichtssaal gebracht. Wieder einmal. Schon bei seiner Verhandlung in Meißen begann der Auftritt des Mitbegründers und selbst ernannten Chefs des Deutschen Polizeihilfswerkes (DPHW) Volker Schöne so. Er befand sich seit dem 4. Mai erneut in Untersuchungshaft. Dort war er schon mal vom 16. Februar bis um 4. März, weil er sich der Gerichtsverhandlung entziehen wollte. Gleich anschließend saß er zwei Monate lang eine Ersatzfreiheitsstrafe ab, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlte.

Dem 45-Jährigen droht ein viel längerer Gefängnisaufenthalt. Das Amtsgericht Meißen hatte ihn im März wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Missbrauchs von Titeln – er hatte sich als Notar bezeichnet – zu einer unbedingten Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Doch der Mann, der als „Reichsbürger“ weder die Bundesrepublik noch deren Organe und Gesetze anerkennt, will auch das Urteil nicht akzeptieren. Er ist in Berufung gegangen.

Es geht um einen Vorfall, der schon dreieinhalb Jahre zurückliegt. Am 23. November 2012 versuchte Schöne gemeinsam mit 15 bis 20 Mittätern, in Bärwalde eine Zwangsvollstreckung zu verhindern. Ein Gerichtsvollzieher des Amtsgerichtes Meißen wurde von Mitgliedern und Sympathisanten des Deutschen Polizeihilfswerkes, einer illegalen Bürgerwehr, an seiner Arbeit gehindert, angegriffen und festgehalten. Der Versuch, ihm eine Handfessel anzulegen, scheiterte. Nachdem die Geschädigte die „richtige“ Polizei angerufen hatte und diese nach 40 Minuten eintraf, hatte das Martyrium ein Ende.

Das Amtsgericht Meißen reagierte mit harten Strafen. Mit einer Ausnahme erhielten alle 13 Angeklagten Haftstrafen ohne Bewährung. Der Richter sprach von einer feigen Tat, einem Tabubruch, einem Angriff auf den Rechtsstaat. Es ging übrigens um das Eintreiben eines Bußgeldes von zehn Euro plus 25 Euro Gebühren. Verteidiger Jürgen Saupe räumt die Taten seines Mandanten zwar ein. Der Angeklagte habe aber lediglich klären wollen, ob der Gerichtsvollzieher rechtmäßig handele. Gewalt anzuwenden, sei nicht vorgesehen gewesen, auch sei die Tat nicht generalstabsmäßig geplant gewesen.

Originalausgabe der Verfassung
vom 11. August 1919

 

Originalausgabe der Verfassung                                                                                             vom 11. August 1919

 

Die Tat generalstabsmäßig geplant

Der Anwalt zweifelt die Folgen für den Gerichtsvollzieher an. Dieser erlitt eine posttraumatische Belastungsstörung, war über ein Jahr arbeitsunfähig, musste sich wochenlang zur stationären Behandlung in eine Klinik begeben. Der Gerichtsvollzieher habe sich schon zwei Jahre vor der Tat in psychiatrische Behandlung begeben müssen, so der Anwalt. Der Vorfall sei nicht der alleinige Grund für die Arbeitsunfähigkeit. „Den Beteiligten war nicht bewusst, dass sie es mit einem psychisch instabilen Mann zu tun hatten“, sagte Saupe. „Kein Angeklagter hat ein Recht auf ein gesundes Opfer“, argumentiert der Staatsanwalt. Der Nebenklägervertreter spricht von einem „perfiden Herumreiten auf einer Vorerkrankung“.

Für den Verteidiger jedenfalls ist die Verurteilung zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung völlig ausreichend. Von präventiver Wirkung könne fast vier Jahre nach der Tat keine Rede mehr sein. Das sieht der Staatsanwalt anders. Auch wenn das Geschehen stümperhaft abgelaufen sei, sei es doch generalstabsmäßig geplant gewesen. „Sie wollten ein bundesweites Zeichen setzen, dass Gerichtsvollzieher, die ihrer Arbeit nachgehen, damit rechnen müssen, festgenommen zu werden“, so der Staatsanwalt.

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Die Tat sei eine weitere konsequente Stufe des Handelns des Angeklagten. Dieser war schon wegen Insolvenzverschleppung und Verstrickungsbruchs verurteilt worden. „Jetzt sind Sie auf die Idee gekommen, den Gerichtsvollzieher anzugreifen, um nicht zahlen zu müssen“, sagt der Staatsanwalt, der auch das Verhalten des Angeklagten nach der Tat würdigte. So hatte dieser an das Gericht Schreiben mit der Androhung von Strafzahlungen in Höhe von mehreren Millionen Dollar geschickt, eine typische Reichsbürgermasche.

Staatsanwalt und Nebenkläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Das Gericht hält den Schuldspruch des Amtsgerichtes Meißen zwar aufrecht, ändert aber das Strafmaß. Der Angeklagte, der im DPHW den selbst ernannten Rang eines „Generals“ hatte, wird zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Eine Truppe aus vorgealterten Typen haben einen Staat im Staate gebildet, sei in Uniformen herumstolziert und hätte Hilfssheriff gespielt, die Macht genossen. „Das muss man unterbinden“, so der Vorsitzende Richter Walter Voigt. Fast vier Jahre nach der Tat müsse man aber kein Exempel mehr statuieren. „Das mit dem Polizeihilfswerk ist vorbei, das Kapitel ist abgeschlossen“, sagt der Richter und hebt den Haftbefehl auf. Schöne verlässt den Gerichtssaal als freier Mann. Gegen das Urteil ist noch Revision möglich.

In noch offenen Zivilverfahren fordert der Gerichtsvollzieher Schadensersatz und Schmerzensgeld, der Freistaat Sachsen klagt die Behandlungskosten ein.

Und noch ein Schlag gegen die Reichsbürgerszene scheint den Beamten gelungen zu sein: Nach SZ-Informationen wurde auch Uwe W., Reichsbürger aus Freital und mit Volker Schöne befreundet, von der Polizei verhaftet. Er soll gegen Bewährungsauflagen verstoßen haben.

W. hatte im September 2014 für Schlagzeilen gesorgt, als er sich einer Polizeikontrolle im Rahmen der Ermittlungen zum DPHW widersetzen wollte. Als Beamte des Operativen Abwehrzentrums den Mann vor dem Justizzentrum am Sachsenplatz in Dresden am Steuer seines BMWs überprüfen wollten, fuhr W. überraschend los. Ein Beamter sprang durch die Scheibe der Autotür zu ihm in den Wagen und wurde in dieser Position rund eineinhalb Kilometer mitgeschleppt. Im Prozess am Meißner Amtsgericht erhielt Uwe W., der selbst nicht anwesend war, im Juni 2015 eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung. Die zugehörige Geldauflage von 2000 Euro hat der Verurteilte in Reichsbürgermanier offensichtlich nicht gezahlt.

Quelle: Sächsische Zeitung vom 20.06.2016 und 21.06.2016

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