Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Bürgerkriegsähnliche Zustände in Sachsen: Auseinandersetzung zwischen Flüchtlingen und Bautzner Bürgern in Bautzen eskaliert

Unter „Wir sind das Volk“-Rufen haben etwa 80 Männer und Frauen eine Gruppe Flüchtlinge aus der Bautzener Innenstadt verjagt, nachdem die Flüchtlinge vorher die Bürger attackiert hatten.

War die Polizei zunächst überfordert?

 


In der sächsischen Stadt Bautzen ist es zu Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen Deutschen und Flüchtlingen gekommen. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, standen sich am Mittwochabend auf dem Kornmarkt in der Innenstadt rund 80 Deutsche Männer und Frauen sowie 20 minderjährige Asylbewerber gegenüber. Zwischen beiden Lagern kam es zu verbalen und tätlichen Übergriffen. Es seien Flaschen geworfen worden, berichteten Zeugen.

Auslöser der Tätlichkeiten sollen Asylsuchende gewesen sein, erklärte die Polizei. Bereits am Vorabend war ein 32-jähriger Bautzener bei Ausschreitungen auf dem Kornmarkt durch einen Flaschenwurf verletzt worden.

Ein Großaufgebot von rund 100 Polizisten trennte die Gruppen und forderte sie auf, den Platz zu verlassen. Aus der Reihe der Asylsuchenden wurden die Beamten den Angaben zufolge unter anderem mit Flaschen und Holzlatten beworfen. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung.

Als sich die Asylbewerber auf den Rückweg in die Flüchtlingsunterkunft machten, teilten sich die Deutschen in Gruppen auf und folgten ihnen bis zur Unterkunft. Dabei riefen sie immer wieder im Chor „Wir sind das Volk“. Die Einsatzkräfte konnten allerdings weitere Zusammenstöße verhindern. In der Unterkunft fanden die Beamten einen Marokkaner, der Schnittverletzungen hatte, und riefen einen Krankenwagen.

Der Rettungswagen wurde allerdings kurz vor Eintreffen mit Steinen beworfen und musste unter Polizeischutz zur Unterkunft eskortiert werden. Aus Sicherheitsgründen werden bis auf weiteres vier Flüchtlingseinrichtungen in Bautzen polizeilich beschützt.

Verschiedene Gruppen berichteten auf Facebook, 250 Bautzener hätten sich „rumpöbelnden Asylbewerbern“ entgegengestellt und sie aus der Innenstadt vertrieben. Andere Augenzeugen sagten, es seien 100 bis 150 aktive Bautzner Demonstranten gewesen. Für Donnerstagabend kündigtem Gruppen wie „Widerstand Bischofswerda“ weitere Aktionen an.

In einer heute stattgefundenen Pressekonferenz sagte die Polizei, Anarchie war es nicht aber es herrschte für ca. 90 Minuten Chaos bis die Sicherheitslage wieder hergestellt werden konnte.

Auf einer Internet-Seite im Netz war von „Pogromstimmung“ die Rede. Pegida-Chef Lutz Bachmann erklärte, „mutige Bürger“ hätten Zivilcourage gezeigt und „pöbelnde Asylbetrüger“ friedlich aus der Innenstadt vertrieben. Laut Augenzeugen schlossen sich den Bautzner Bürgern am Mittwochabend in Bautzen auch Mitglieder der als rechtsextrem eingestuften Brigade Halle/Saale an. Ein im Internet kursierendes Video dokumentiert, wie Bürger die Flüchtlinge mit den Worten „Ihr seid hier nur Gäste“ auffordern, die Innenstadt zu verlassen.

Die Fraktion der Gutmenschen reagierten sofort über Twitter und beschwerte sich über die Polizei die die Sicherheit wieder herstellte.

Die Bautzner Bürger verjagten die jungen Flüchtlinge (UMAS – Unbegleitete Minderjährige Asylbewerber) dann unter „Wir sind das Volk“-Rufen bis zu ihrer Unterkunft in der Dresdner Straße. Die insgesamt 32 Jugendlichen und jungen Männer unterschiedlicher Nationalitäten wurden von der Polizei aufgefordert, das Gebäude nicht zu verlassen. Dieser Weisung kamen die Asylsuchenden nach. Polizei musste das Heim umstellen und bewachen. Nach Angaben des Bautzener Polizeichefs Uwe Kilz gab es den Versuch der Rechtsradikalen, von der Sperrseite aus in die Unterkunft einzudringen, was aber unterbunden werden konnte.

„Dann sind wir nur noch gerannt“

Andrea Kubank, die sich im Bündnis „Bautzen bleibt bunt“ engagiert, war am Mittwochabend Augenzeugin der Geschehnisse. Sie stand bei den Geflüchteten, die sich schon seit Wochen regelmäßig auf dem Kornmarkt treffen und beobachtete, wie sich die Situation aufbauschte. Nach ihrer Darstellung forderten acht bis zehn Polizisten nach Einbruch der Dunkelheit die Flüchtlinge auf, den Platz zu verlassen. Diese widersetzten sich, einige seien dann gewaltsam auch gegen die Polizei vorgegangen.

Diesen Moment haben Bautzner Bürger genutzt, seien an der Polizei vorbei auf die Flüchtlinge zugestürzt, dies unter Rufen wie „Das ist unser Bautzen“, „Ausländer raus“ und „Das ist unsere Stadt“. Kubank sagte dem Tagesspiegel: „Dann sind wir nur noch gerannt.“ Die Bürger der Stadt hätten die Gruppe der Flüchtlinge in Richtung ihrer Unterkunft verjagt. Die Unterstützerin der Flüchtlinge erklärt weiter: „Die Eskalation ging von der Polizei aus.“ Nach ihren Worten ist „Alltagsrassismus ganz stark in Bautzen“, werde aber immer wieder unterschätzt.

Gutmenschen, wie Andrea Kubank, die die Sachlage immer noch nicht erkannt haben, haben einen anderen Blickwinkel als ein Bürger der die Sachlage erkannt hat.

Unbekannte bewerfen Krankenwagen mit Steinen

In der Unterkunft befand sich nach Polizeiangaben auch ein 18-jähriger Marokkaner mit Schnittverletzungen an den Armen. Woher diese stammen, ist ungeklärt. Die Polizei forderte einen Rettungswagen an. Dieser wurde laut Polizei von mehreren Männern an der Friedensbrücke an der Anfahrt gehindert und mit Steinen beworfen. Daraufhin brachen die Sanitäter die Anfahrt ab. Erst nach erneuter Alarmierung erreichte ein Rettungswagen unter Polizeischutz die Asylbewerberunterkunft und der 18-Jährige wurde zur Versorgung seiner Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht.

Auf Twitter wurde der Vorgang sehr kontrovers diskutiert, hier zwei Beispiele:

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay, die ihren Wahlkreis in Bautzen hat, twitterte: „Pogromstimmung in Bautzen. Nazi-Bürger feiern sich selber ab. Polizei versagt. Der sächsische Grünen-Chef Jürgen Kasek schrieb in dem Kurznachrichtendienst: „Ihr habt lange nichts aus #Kaltland #Sachsen gehört? Nicht wundern: Menschenfeindlichkeit ist Normalität geworden. #failedstate“.

Der sächsische Linken-Landtagsabgeordnete Heiko Kosel sagte: „Bautzen darf jetzt nicht zum Wallfahrtsort der landes- und bundesweiten rechten Szene werden, mit denen die Bautzener rechte Szene gut vernetzt ist. Ich habe den Eindruck, es geht ihnen inzwischen darum, einen ,national befreiten Kornmarkt‘ zu schaffen.“

In Bautzen war es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Konflikten zwischen Einheimischen sächsischen Bürgern und Flüchtlingen gekommen. Zuletzt hatte am Dienstagabend ein Flüchtling einen 32 Jahre alter Bautzener durch einen Flaschenwurf verletzt.

Nach Angaben der Polizei eskalierte die Lage bereits von der Öffentlichkeit weitestgehend ungesehen bereits am 09.09.2016 das erste Mal.

OB Ahrens gegen Versuche, auf eigene Faust für Ordnung zu sorgen

Der Oberbürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens, erklärte am Mittwochabend, er sei „entsetzt und sehr besorgt“, dass sich die Situation auf dem Kornmarkt in den den vergangenen Tagen deutlich zugespitzt habe. „Die zunehmende Gewalt bei Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Gruppen verurteile ich auf das Schärfste, ganz unabhängig davon von wem – ob Milieu, Asylbewerber, normale Bürger oder andere Gruppierungen – sie im einzelnen Fall auch ausgehen mag. Das werde ich nicht tolerieren!“

Am Donnerstag brach der parteilose Kommunalpolitiker eine Dienstreise nach Düsseldorf ab und kündigte eine gründliche Aufklärung der Ereignisse in der Nacht an. „Ich bin wütend und entsetzt. Ich verurteile die Gewalt – und das sage ich in aller Deutlichkeit, unabhängig von wem sie ausgeht – auf das Schärfste“, schrieb Ahrens auf Facebook. „Ebenso verurteile ich die Versuche, auf eigene Faust für Ordnung in der Stadt zu sorgen. Das Gewaltmonopol liegt in unserem Staat bei der Polizei – und daran gibt es keinen Deut zu rütteln.“

Das Stadtoberhaupt versicherte: „Ich liebe diese Stadt – und das bleibt auch so. Wir werden die Situation in Griff bekommen.“ Der Deutschen Presse-Agentur sagte Ahrens: „Es kann nicht sein, dass Bautzen zum Spielplatz von gewaltbereiten Menschen wird.“

Sachsens Innenminister verspricht mehr Polizeipräsenz

Auch die Polizei hatte sich bereits am Mittwochnachmittag besorgt über die zunehmende Gewalt geäußert und gegenseitige Provokationen von Flüchtlingen und Einheimischen Deutschen dafür verantwortlich gemacht. Dabei spiele in den meisten Fällen Alkohol eine Rolle. In Bautzen wird seit Wochen über ein Alkoholverbot auf dem Kornmarkt debattiert. Der Bautzener Landtagsabgeordnete Marko Schiemann (CDU) forderte die Stadt auf, nun endlich zu handeln. Außerdem verlangte er von Innenminister Markus Ulbig (CDU) mehr Polizeipräsenz in Bautzen.

Ulbig sagte laut MDR: „Wir werden Gewaltexzesse wie die in der vergangenen Nacht in Bautzen nicht tolerieren, und die Polizei wird mit aller Konsequenz gegen derartige Straftäter vorgehen – egal, aus welcher Richtung sie kommen.“ Selbstverständlich würden die Einsatzkräfte in Bautzen der Lage entsprechend angepasst.

Der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion Görlitz, Klaus Mehlberg, erklärte: „Selbstverständlich haben wir das Problem Bautzen erkannt.“ Es werde versucht, es in den Griff zu bekommen. Mehlberg gab zu, dass der Einsatz „nicht optimal“ gelaufen und zunächst zu wenig Polizeikräfte am Ort gewesen seien. Der Bautzener Polizeichef Kilz sagte, es habe eine Zeit lang eine „chaotische Phase“ gegeben, „wir mussten uns auch erst finden“.

Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge will Bautzen künftig eine Ausgangssperre ab 19 Uhr erlassen, diskutiert werden außerdem Alkoholverbote.

Im Februar hatten betrunkene Schaulustige bei einem vorsätzlich gelegten Feuer in einer künftigen Flüchtlingsunterkunft mit unverhohlener Freude zugesehen, einige behinderten die Löscharbeiten. (mit dpa)

Quelle: Die Redaktion staseve aktuell hat aus den folgenden Artikeln der Nachrichtenagentur ADN, dem Tagesspiegel, MDR, der Pressekonferenz der Polizei und Russia Today einen kompletten neuen Artikel gemacht und dabei alle Propaganda und Verleumdung herausgenommen und alles versachlicht. Artikel vom 15.09.2016

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