Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Tafeln am Limit: „Wir können nicht die Versorgungsaufgaben des Staates abdecken“

Menschen mit wenig Geld kommen immer schwerer über die Runden und suchen verstärkt Unterstützung bei den 960 Tafeln in Deutschland. Dort spürt man die steigende Armut in unserem Land am deutlichsten. Laut Tafel Deutschland ist seit Kriegsbeginn die Zahl der Tafel-Kunden um 50 Prozent gestiegen. 

Aber: Die Lager sind leer, es wurden bereits Aufnahmestopps ausgesprochen. Die Tafeln arbeiten aktuell am Limit! Zu hoch ist der Bedarf der Bedürftigen, zu gering die gespendeten Lebensmittel. NIUS hat sich in ganz Deutschland nach der Lage erkundigt. Das erschreckende Bild! 


Ein Mitarbeiter der Frankfurter Tafel begutachtet angelieferte Ware. Die Situation der Tafeln ist schon seit Monaten angespannt. Es gibt immer mehr Neukunden aber immer weniger Lebensmittel.

Frankfurt am Main, Standort der deutschen Börse und Wirtschafts-Metropole. Dort wo Manager in Anzügen Millionen-Geschäfte abwickeln, melden sich jeden Tag mindestens 20 Menschen bei der Tafel, bitten um Neuaufnahme.

„Wir haben bereits seit dem Krieg Beginn zwei Ausgabetage zusätzlich einführen müssen, um den ankommenden Menschen bedarfsorientiert zu unterstützen. Tägliche bekommen wir neue Anfragen, die wir leider nicht bedienen können“, sagt Nilab Alokuzay-Kiesinger von der Frankfurter Tafel. Aufnahmestopp!


Eine Frau an der Essensausgabe der Duisburger Tafel. (Foto: Tafel Deutschland)

Frankfurt zählte im Jahr 2019 753.056 Einwohner. Die Zahl der Menschen, die Hilfe von der Tafel benötigen, sind im Verhältnis dazu erschreckend. Die letzten Erhebung der Tafel Frankfurt ergab, dass 15.000 Menschen direkt zu den Ausgabestellen kommen und weitere 12.300 über soziale Einrichtungen Unterstützung erhalten, so die Frankfurter Tafel gegenüber NIUS.

„Politik muss Aufgaben nachkommen“

Die aktuellen Zahlen dürften jedoch höher liegen, da in den Krisenzeiten keine neue Erhebung durchführt werden konnten. Um der Lage Herr zu werden, benötigt die Tafel nach eigenen Angaben mehr Lebensmittelspenden sowie mehr ehrenamtliche Helfer.


Eine Frau sammelt Obst aus einer Kiste in der Ausgabestelle Paul-Schneider-Haus der Berliner Tafel.

Nilab Alokuzay-Kiesinger von der Frankfurter Tafel hat eine klare Forderung an die Politik! 

„Die Politik muss Ihren Aufgaben nachkommen, sodass die Unterstützung der Tafel nicht mehr als „systemrelevant“ eingestuft wird. Die Politik muss verstehen, dass Tafeln nur ein Zusatzangebot sind und nicht die Versorgungsaufgaben des Staates abdecken können“, sagt die Helferin

Nur jeden zweiten Tag

In Stuttgart, 200 Kilometer südlich, zeigt sich ein ähnliches Bild. Viel Kundschaft trifft auf zu wenige Helfer. Auch an Ware fehlt es bereits, wobei das Angebot laut Tafel stark schwanke.

Jeden Tag kommen etwa 2200 Menschen in die vier Läden. Die Tafel schätzt, dass etwa 8000 Menschen insgesamt mitversorgt werden, zum Beispiel durch Familienmitglieder, die zur Ausgabestelle kommen.

Zwar gibt es hier, anders als in Frankfurt noch keinen Aufnahmestopp, dennoch wurden Maßnahmen ergriffen. So habe man laut Tafel die Öffnungszeiten um eine Stunde verlängert. Zudem wurden in den größten der vier Läden Regelungen getroffen, dass die Menschen nur jeden 2. Tag kommen dürfen.


Eine Mitarbeiterin kontrolliert die Berechtigung zur Abholung von Lebensmitteln in der Ausgabestelle Paul-Schneider-Haus der Berliner Tafel.

Zu den Bedürftigen sagt Hilli Pressel von der Tafel Stuttgart: „Die Zahl ist gestiegen, vor allem im Sommer 2022 durch viele Ukrainer, aber sie steigt langsam weiter wegen der Verteuerungen durch die Inflation“. Und weiter fordert er: „Der Staat muss sich konsequenter um die Armutsbekämpfung kümmern, auch im Niedriglohnsektor.“

Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gefordert

Der Armutsbeauftragte der Stadt Berlin, Thomas de Vachroi, sieht aus persönlichen Beobachtungen eine Zunahme älterer Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. „Es ist ein Prozess für sie zur Tafel zu gehen. Sie müssen sich selbst überwinden, sind dann aber froh über die Hilfe“, sagt er im Gespräch mit NIUS. Auf ihn geht die Petition „Lebensmittel gehören nicht in die Tonne“ zurück. Darin fordern er und die Unterzeichner, dass Lebensmittel von Supermärkten nicht weggeworfen werden dürfen. Das ist in Frankreich bereits seit 2018 verboten.


Der Armutsbeauftragte der Stadt Berlin, Thomas de Vachroi.

Im vergangenen Jahr wurden laut statistischem Bundesamt in Deutschland 11 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Den größten Anteil von 6,5 Millionen Tonnen machten private Haushalte aus. Aber auch im Handel und der Gastronomie wird viel weggeworfen. Zusammengerechnet waren es dort 2,7 Millionen Tonnen an Lebensmitteln, die im Müll landeten.

„Armut gibt es seit 500 Jahren“

Um der Armut entgegen zu wirken, fordert der Armutsbeauftragte eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier, Mehl, Salz und Zucker. Große Bekämpfer der Armut, die in der Diskussion selten zu Wort kämen, seien auch Kirchen und Moscheen, sagt der Armutsbeauftragte.

De Vachroi sieht die Wirtschaft als wichtiges Fundament, um Armut zu bekämpfen. In Zeiten von hohen Energiepreisen, einer hohen Inflation und schrumpfender Wirtschaftsleistung wird die Wirtschaft jedoch auf eine harte Probe gestellt.

Quelle: nius.de vom 20.08.2023

Sie finden staseve auf Telegram unter

https://t.me/fruehwaldinformiert

Sie finden staseve auf Gab unter https://gab.com/staseve

Sie finden uns auf Gettr https://gettr.com/user/peterfruehwald

Folgt unserem neuen Kanal Heimische Direktvermarktung: https://t.me/heimischeProdukte

Besuchen Sie den Shop durch klicken aufs Bild

 

Die mobile Version verlassen