Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Reichsbürgerbewegung: Reichsbürger torpedieren Behörden

Es gibt nicht nur gewalttätige Reichsbürger, die zur Waffe greifen, sondern auch welche, die ganz bewusst versuchen, deutsche Ämter und Behörden zu gängeln und lahmzulegen.

Von: Bernhard Ebner

Stand: 11.02.2017

Das Deutsche Kaiserreich ist für Reichsbürger der letzte legitime Staat. Deshalb erkennen sie die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht an, missachten deren Gesetze und bestreiten die Legitimation von Polizei, öffentlicher Verwaltung und Justiz. Mit irr klingenden Eingaben versuchen sie Behörden lahmzulegen. Viele Mitarbeiter in Behörden, Ämtern und Gerichten fühlen sich von den Reichsbürgern gegängelt und bedroht.

Beispiel Bußgeldstelle

Bei der Poststelle der Zentralen Bußgeldstelle in Viechtach gehen täglich Hunderte Bußgeldescheide an Verkehrssünder raus. Nebenan in der Eingangsstelle kommen die Widersprüche rein. 540 stammten letztes Jahr von sogenannten Reichsbürgern und die haben es in sich. Darin wird die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bestritten und deren Verwaltung und deren Gerichten die Legitimation abgesprochen. So ein Schreiben kann schon mal 165 Seiten umfassen. Der Inhalt: Wirres Geschreibsel.

„Meistens weiß man es schon vorher. Trotzdem müssen wir das Ganze rechtlich prüfen. Es könnte ja zum Beispiel auf der letzten Seite doch ein Einspruch enthalten sein, und dann hätte das Auswirkungen auf das Verfahren.“

Harald Bruckmeier, Zentrale Bußgeldstelle Viechtach

Drohende Verjährung

Denn wenn ein Einspruch rechtzeitig eingegangen ist, müssen die Sachbearbeiter ihn ans Amtsgericht zur Prüfung weiterleiten. Würden sie den Einspruch übersehen, dann könnte das dazu führen, dass das Verfahren verjährt. Dann müsste es die Behörde am Ende einstellen.

Außerdem schicken Reichsbürger Aufträge zur Strafverfolgung gegen Mitarbeiter des Amtsgerichtes, des Polizeiverwaltungsamtes, der Zentralen Bußgeldstelle. Darin behaupten sie, die Mitarbeiter hätten Bürger gemobbt, genötigt oder nicht bewiesene Forderungen zu vollstrecken versucht.

Vorlagen aus dem Internet

Das Paradoxe: Die Reichsbürger rufen Strafverfolgungsbehörden an und fordern sie auf, für sie tätig zu werden, obwohl sie sie gar nicht anerkennen. Häufig stammen die eingeschickten Schriftsätze aus einschlägigen Internetseiten.

„Wir haben auch festgestellt, dass im Internet teilweise Formulare angeboten werden, die man dann nur noch befüllen muss und dann an die entsprechende Behörde übermittelt. Also da ist alles möglich.“

Harald Bruckmeier, Zentrale Bußgeldstelle Viechtach

Eine selbsternannte Reichsdruckerei stellt zum Beispiel Führerscheine aus. Wird der Fahrer damit ertappt, kommt es zum Bußgeldverfahren. Mit Drohungen versuchen Reichsbürger dann oft ihrer Strafe zu entgehen. Denn sie schicken Polizeibeamten sehr oft Briefe, bei denen bestimmte Geldforderungen angedroht werden, wenn sie ein Bußgeldverfahren fortsetzen.

„Ich habe hier ein aktuelles Beispiel, bei dem ein Mitarbeiter konkret bedroht wurde mit einer ganzen Liste von Forderungen für ganz bestimmte Handlungen. Da geht es um Beträge: Durchführung von Maßnahmen unter Zwang: 100.000 Euro pauschal, je Kaufmann eine Million Euro pauschal, wobei die Reichsbürger uns als Kaufleute bezeichnen und behaupten, wir würden eine Firma sein, die bestimmte Geldforderungen vollstreckt.“

Timo Payer, Bayerisches Polizeiverwaltungsamt

Strafverfahren gegen Staatsanwälte

Auch Polizisten, Gerichtsvollzieher oder Richter werden mit solchen Forderungen bedroht. Staatsanwälte, wie die in Deggendorf, antworten mit Strafverfahren wegen Nötigung oder Erpressung.

Erfolg können Reichsbürger mit ihren Aktionen aber nicht haben, sagt Staatsanwältin Kunigunde Schwaiberger. Trotzdem sei das für die betroffenen Mitarbeiter belastend, und es bedeute großen Aufwand und Mehrarbeit.

„Ich denke, dass die einfach Sand ins Getriebe streuen wollen und den ganzen Justizapparat oder die ganze öffentliche Verwaltung damit  gewissermaßen in bestimmten Bereichen lahm legen wollen.“

Kunigunde Schwaiberger, Staatsanwaltschaft Deggendorf

Störung von Gerichtsverhandlungen

Das versuchten Reichsbürger auch im Amtsgericht Viechtach. Gruppenweise traten sie auf und störten Verhandlungen. Seit hier strengere Eingangskontrollen stattfinden, hat sich der Spuk gelegt. Die Besucher müssen sich ausweisen, Handys sind verboten und gefährliche Gegenstände sowieso. Jetzt haben die Reichsbürger kaum mehr eine Chance, ihr Spiel zu treiben. Doch anfangs hatten sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite, so der Amtsgerichtsdirektor. Manche Verhandlung ähnelte einem absurden Theater.

„Sie haben zum Beispiel verlangt, dass sich der Richter ausweisen muss, dass er seine Ernennungsurkunde zeigen soll und dass er die die Gültigkeit der Gesetze nachweisen soll und so weiter.“

Johann Zankl, Amtsgerichtsdirektor Viechtach

 

Flut von Eingaben bei Gericht

Die Reichsbürger überschütten auch das Amtsgericht mit ellenlangen Schriftsätzen, deren Inhalt sich trotz intensiven Bemühens oft nicht erschließt.

„Was die schreiben, ist nahezu völlig wirr und das kann man auch mit denen nicht diskutieren. Wir haben uns auch abgewöhnt, zu versuchen den Reichsbürgern das zu erläutern, weil man da überhaupt keinen Sinn drin sieht. Die sind zum Teil völlig überzeugt von ihrer – aus unserer Sicht: wirren – Auffassung, also vielleicht ist der eine oder andere sogar psychisch gestört. Aber es sind auch Leute dabei, die reine Mitläufer waren, so genannte Trittbrettfahrer, die gesagt haben, ja, das versuche ich jetzt einmal, vielleicht komme ich ja mit meiner Argumentation beim Gericht durch und das Gericht gibt letztlich nach.“

Johann Zankl, Amtsgerichtsdirektor Viechtach

 

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Die Justiz wehrt sich

Gelungen ist das bisher aber keinem. Wenn Reichsbürger verurteilt werden, dann habe das nichts mit einer Einschränkung der Meinungsfreiheit zu tun, sondern mit den Drohgebärden, so der Richter.

„Es geht nicht, dass ein Reichsbürger hergeht und Polizeibeamte oder Richter oder Mitarbeiter unseres Gerichtes bedroht und sagt: wenn du die Erzwingungshaft gegen mich weiter vollstreckst, die ja völlig rechtmäßig ist und nach dem Gesetz richtig ist, dann musst du mir persönlich mit deinem Vermögen haften und mir zum Beispiel fünf Millionen Euro bezahlen oder ich trage dich in ein Schuldnerverzeichnis in Amerika ein und gehe gegen dich vor. Das ist dann mindestens eine versuchte Nötigung, und das ist strafbar. Aber wirre Eingaben als solche bei Gericht, die sind ja nicht strafbar. Ich darf nur den Bereich zum Strafrecht nicht überschreiten.“

Johann Zankl, Amtsgerichtsdirektor Viechtach

Dass die Polizei, die Justiz und der Verfassungsschutz das Treiben der Reichsbürger mittlerweile sehr ernst nehmen, zeigen die zahlreichen Razzien der letzten Tage. Die erfolgten nicht zuletzt deshalb, weil ein Drittel der Mitglieder dieser Gruppierungen als gefährlich und rechtsextrem eingestuft wird.

Quelle: Bayerischer Rundfunk vom 11.02.2017

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