Staseve Aktuell – Arbeitsgemeinschaft Staatlicher Selbstverwaltungen

Jobcenter zahlen zu wenig für Mieten

Stand: 13.06.2017 14:57 Uhr
von Jan Körner

In Herbert Masslaus Wohnung stapeln sich die Akten. Er verklagt den Landkreis Göttingen regelmäßig auf die komplette Übernahme seiner Wohnkosten.

Jobcenter zahlen zu wenig für Mieten

#Hartz-IV-Empfänger haben kaum genug zum Leben. Hohe #Mietkosten, für die das #Jobcenter nicht aufkommt, bringen die #Sozialleistungsbezieher unter das Existenzminimum.

Herbert Masslau ist Hartz-IV-Empfänger. Ein Teil der #Sozialleistungen sind die sogenannten „Kosten der Unterkunft“, also seine Miete. Doch diese „Kosten der Unterkunft“ dürfen nicht beliebig hoch sein. Im #Sozialgesetzbuch II steht, dass die real anfallenden Unterkunftskosten in voller Höhe übernommen werden müssen, solange diese angemessen seien.

Keine klaren Richtlinien

Aber was heißt angemessen? Das muss jeder Landkreis in #Deutschland für sich selbst festlegen. Sie alle erstellen Tabellen, aus denen Sozialleistungsberechtigte ablesen können, wie groß ihre Wohnung maximal sein darf. Und: welcher Mietpreis nicht überschritten werden kann.

Herbert Masslau wohnt mit seinem 16-jährigen Sohn zusammen. Seine Wohnung darf, laut dem #Landkreis Göttingen, nicht mehr als 402 Euro an Bruttokaltmiete kosten. Masslau zahlt jedoch monatlich 600 Euro, was 198 Euro zu viel sind. Eine günstigere Wohnung hat er einfach nicht gefunden, als er vor dreieinhalb Jahren aus seiner alten Wohnung raus musste. Die „#Kosten der Unterkunft“ haben sich in Göttingen in den letzten zehn Jahren nicht groß verändert, die Mietpreise hingegen schon.

Mietpreise in Göttingen steigen

Cornelius Blessin sagt, dass klare, überprüfbare Kriterien geschaffen werden müssen.

#Cornelius Blessin arbeitet als Rechtsberater des Mietervereins in Göttingen. Er kennt das Problem: „Bis vor etwa zehn Jahren haben wir in Göttingen einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt gehabt – mit relativ stabilen Preisen. Seitdem steigen die Preise massiv an“.

Für Herbert Masslau bedeutet das: Die 198 Euro, die seine Wohnung zu viel kostet, werden ihm von seinem Hartz-IV-Regelsatz abgezogen. Der Regelsatz sind 409 Euro. Ihm bleiben also 211 Euro im Monat. Herbert Masslau spart das Geld am Essen wieder ein. „Das Geld hunger ich mir ab“, so der 64-Jährige. „In der Zeit wo die Kürzung läuft, esse ich immer nur eine warme Mahlzeit am Abend. Ich koche dann für mich und meinen Jüngsten. Und den Rest vom Tag esse ich gar nichts. Anders geht das nicht.“

Drei erfolgreiche Klagen

Inzwischen dauern diese Kürzungen bei Masslau immer drei Monate. Denn dann ist sein Eilverfahren gegen den Landkreis durch. „Ich gehe vor das #Sozialgericht. Gewinne vor dem Sozialgericht. Dann zahlen die nach und zahlen für die restlichen Monate dann auch den höheren Betrag.“ Doch wenn diese restlichen Monate um sind, steht eine neue Bewilligung seiner Hartz-IV-Bezüge an. Und ihm werden dann wieder nur 402 Euro Unterkunftskosten bewilligt. Und Masslau muss erneut Klage einreichen. Dreimal hat der Diplomsozialwirt bereits deswegen seinen Landkreis verklagt. Und dreimal gewonnen.

Der Landkreis Göttingen erklärt: „Bei den Beschlüssen des Landessozialgerichts handelt es sich um vorläufige Regelungen. Das Gericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Angemessenheitsgrenze für Göttingen richtig ermittelt worden ist.“

Bundesministerium weist Verantwortung zurück

Herbert Masslau ist Hartz-IV-berechtigt, doch das Amt zahlt nur einen Teil seiner Miete.

Da der Begriff „angemessen“ in diesem Zusammenhang im #Sozialgesetzbuch II steht, fragen wir das Bundesministerium für Arbeit und Soziales um ein Interview an. Doch dort sieht man keine Verantwortung bei sich und verweist auf die Landkreise. Auch eine Interviewanfrage bei der sozialpolitischen Sprecherin der SPD bleibt erfolglos. Sie verweist auf das #Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Und so bleibt es dabei: Es gibt keine klaren Richtlinien, an denen sich die Landkreise orientieren können, wenn sie die Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunftskosten festlegen. Solange das so bleibt, müssen sich Betroffene wie Herbert Masslau ihr Recht immer wieder vor Gericht erstreiten.

Quelle: NDR vom 13.06.2017

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