Von »systematischer Verantwortungslosigkeit« ist die Rede – und von mehr als 120 Betroffenen: Externe Gutachter haben Missbrauchsfälle im Erzbistum Berlin aufgearbeitet. Die Verantwortlichen zeigen sich reuig.
29.01.2021, 14.56 Uhr
Foto: Friso Gentsch/DPA
Mindestens 61 katholische Geistliche haben sich im heutigen Erzbistum Berlin von 1946 bis Ende 2019 an Minderjährigen vergangen. Insgesamt sind in dieser Zeit 121 Opfer aus den Akten bekannt geworden, wie aus einem jetzt vorgestellten unabhängigen Gutachten im Auftrag der Kirche hervorgeht.
Die Dunkelziffer könnte jedoch weit höher liegen, heißt es in dem Bericht der Kanzlei Redeker Sellner Dahs. Bei den Beschuldigten handele es sich vor allem um Priester und Ordensmitglieder, die im Zuständigkeitsbereich des Bistums tätig waren.
Hierarchische Strukturen und mangelnde Kommunikation hätten Aufklärung und Prävention behindert, heißt es in dem Papier. Der Jurist Peter-Andreas Brand, einer der Autoren, sprach von »systematischer Verantwortungslosigkeit«. Man habe mit allen Mitteln versucht, »Schaden von der Institution Kirche abzuwenden«, sagte die Mitautorin Sabine Wildfeuer. Die Kirchenleitung habe eine größere Empathie für die Täter als für die Opfer gehabt.
Vertuscht und weggeschaut
In 21 Fällen ermittelte dem Gutachten zufolge die Justiz, in elf Fällen seien Gerichtsverfahren eröffnet worden. Mit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg habe es einen Paradigmenwechsel zu mehr Offenheit gegenüber Missbrauchsfällen gegeben. Zum Erzbistum gehören abgesehen von Berlin der zentrale und nördliche Teil Brandenburgs, Vorpommern sowie die Stadt Havelberg in Sachsen-Anhalt.
Er übernehme die Verantwortung, »wo vertuscht oder nicht angemessen mit Schuld umgegangen wurde, wo Menschen im ›System Kirche‹ das Offensichtliche nicht wahrhaben wollten oder systematisch weggeschaut haben«, sagte Erzbischof Heiner Koch. Betroffene, die sich bisher noch nicht gemeldet hätten, sollten sich nun an die Kirche wenden. Eine Kommission aus Priestern und Laien soll nun das Gutachten aufarbeiten und Vorschläge für den künftigen Umgang mit Missbrauchsfällen vorlegen.
Ein unabhängiges Gutachten über Missbrauch in der katholischen Kirche hatte zuletzt im Erzbistum Köln für Empörung gesorgt: Seit Monaten hält der dortige Erzbischof Rainer Maria Woelki die von ihm selbst in Auftrag gegebene Expertise wegen angeblicher »methodischer Mängel« unter Verschluss. Zuletzt boten die Gutachter sogar an, das Papier auf eigene Verantwortung zu veröffentlichen – Woelki lehnte ab.
Im Namen des Herrn
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Widerstand gegen Woelki
Inzwischen hat sich auch der Diözesanrat, die Vertretung der Laienvertreter im Erzbistum, offen gegen den Erzbischof gestellt. »Es ist schier unglaublich, wie sich die Leitung des Erzbistums verhält«, sagte Tim Kurzbach, der Vorsitzende des Diözesanrats und Oberbürgermeister von Solingen. »Wir befinden uns in der größten Kirchenkrise, die wir alle je erlebt haben. Der Erzbischof von Köln hat als moralische Instanz versagt und zeigt bis heute keine Haltung«, so der SPD-Politiker.
Kurzbach forderte Woelki nun auf, das Angebot der Kanzlei anzunehmen, das von ihr erarbeitete Gutachten auf ihre alleinige Verantwortung zu veröffentlichen. Als Konsequenz aus Woelkis Verhalten setzte der Diözesanrat zudem seine Mitarbeit am sogenannten Pastoralen Zukunftsweg aus, einem von Woelki initiierten Programm zur Neuorganisation der Gemeinden im Erzbistum. Die Laienvertreter verlangten zudem die »sofortige Übernahme von persönlicher Verantwortung« – was einer Rücktrittsforderung gleichkommen dürfte.
mxw/dpa
Quelle: Spiegel-online vom 29.01.2021
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So machen es die Pfaffen seit Jahrhunderten schon. Und keiner geht ihnen an die dreckigen Krägen. Dass sich die nicht schämen.