Lyoness hofft nach Teilsieg vor Gericht auf neue Partner

VERENA KAINRATH 28. April 2016, 17:57

Bei jedem Einkauf Geld zurück: Lyoness lockt international mit Rabatten. Wer andere Konsumenten anwirbt, soll zusätzlich profitieren. Das Geschäftsmodell beschäftigt seit Jahren die Gerichte.
foto: dpa/carsten rehder

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Bei jedem Einkauf Geld zurück: Lyoness lockt international mit Rabatten. Wer andere Konsumenten anwirbt, soll zusätzlich profitieren. Das Geschäftsmodell beschäftigt seit Jahren die Gerichte.

Die Einkaufsgemeinschaft will nach einem Teilsieg vor Gericht expandieren. Doch die Kritik am Geschäftsmodell der Rabatte reißt nicht ab Wien – Lyoness hat Großes vor.

Die vom Grazer Hubert Freidl gegründete weltweit agierende Einkaufsgemeinschaft sieht nach jahrelangen Prozessen die Justiz auf ihrer Seite, was nun zu einem regen Zulauf an Unternehmern führen soll, wie Andreas Werner hofft.

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International sollen 100.000 neue Partner gewonnen werden, verspricht der Aufsichtsratschef der Gruppe. Er erzählt von Verhandlungen mit Großkonzernen, berichtet von Sportkooperationen, streut dabei beiläufig Namen wie Rapid ein. Auch von vielen kleinen und mittleren Betrieben ist die Rede, die in Bälde ein Teil der glücklichen Gemeinschaft werden sollen. Lyoness sieht in Österreich Anlass zum Feiern. Der Verdacht auf schweren gewerbsmäßigen Betrug und den Aufbau eines Pyramidenspiels ist vom Tisch.

Das Oberlandesgericht Wien schmetterte das strafrechtliche Verfahren ab. Baustellen aus Vergangenheit Ähnliche juristische Erfolge seien auch in anderen Ländern erzielt worden, sagt Hubert Reif, Anwalt und Verwaltungsrat der Lyoness International AG. Baustellen aus der Vergangenheit sind damit aus seiner Sicht Geschichte. Andere sehen das nicht so. Konsumentenschützer wie der VKI etwa oder Rechtsanwälte, die darum kämpfen, dass ehemalige Investoren ihr verlorenes Geld zurückbekommen.

Lyoness verspricht beim Einkauf bei Partnerfirmen Rabatte zwischen einem und fünf Prozent. Gutscheine werden verkauft. Wer andere Konsumenten dazu bringt, übers Netzwerk zu shoppen, soll monetär zusätzlich profitieren. „Lyoness finanziert sich durch Anzahlungen der Mitglieder. Dieses System könnte aber irgendwann zusammenbrechen. Und dann ist dieses Geld nicht rückforderbar“, warnt Josef Fromhold.

Der Wiener Rechtsanwalt vertritt geschädigte Lyoness-Kunden vor Gericht. Das jüngste Urteil des Oberlandesgerichts sei kein Grund, sagt er, um künftig von weiteren Forderungen abzusehen. Weitere Ermittlungen Lyoness ist nach wie vor mit mutmaßlichen Verstößen gegen das Kapitalmarktgesetz rund um die Prospektpflicht konfrontiert. Auch zivilrechtlich sind wesentliche Entscheidungen offen. Laut rechtskräftigem Urteil des Wiener Handelsgerichts ist das Geschäftsmodell von Lyoness ein Schneeballsystem.

Eine Klage des VKI bezüglich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist noch anhängig. Es geht um 61 Klauseln: Zwei Instanzen entschied der VKI mittlerweile für sich, nun liegt der Fall beim Obersten Gerichtshof. Für Lyoness-Vertreter Reif ist das alles Schnee von gestern – das Verfahren sei daher sinnlos. Denn alle besagten Klauseln seien längst nicht mehr gültig, betont er. Nur vereinzelt gebe es ein paar Konsumenten, die sich dorthin vielleicht einst verirrt hätten, Hobbyvertriebler etwa, die beim Aufbau eines Einkaufsnetzwerks „auf die eigene Familie losgegangen“ wären. „Für diese finden wir Kulanzlösungen.“ Natürlich nicht um jeden Preis, wie er hinzufügt. „Die Probleme sind keineswegs gelöst“, sagt Ulrike Wolf, Juristin des VKI. „Laufend gehen neue Beschwerden ein.“ Lyoness habe immer wieder versprochen, die Altlasten zu sanieren. „Das ist bis dato aber nicht passiert“. Auch nachdem Musterprozesse gewonnen worden seien, erhielten betroffene Konsumenten Geld nur auf dem Klagsweg zurück. Sie selbst habe die Geschäftsbedingungen der Gemeinschaft sicher 100-mal gelesen – „ich verstehe sie jedoch immer noch nicht“.

Wolf spricht von einem intransparenten Regelwerk, von Fantasiebegriffen und Rechten wie Pflichten, die sich für die Verbraucher nicht erschließen. Reif und Werner können die Kritik nicht nachvollziehen, zumal für den Strukturvertrieb, der nun unter der Marke Lyconet läuft, Schulungen Voraussetzung seien.

Mit Rabatten zur Fliegerflotte

Wie viele der Lyoness-Kunden andere anwerben, um bei deren Einkäufen mitzuschneiden? Reif schätzt, dass es in Österreich drei Prozent der Mitglieder sind, also 12.000 der 400.000. Genau sei das nicht zu beziffern.

In Österreich gebe es etwa 200 Mitarbeiter und rund 2.000 Partnerbetriebe. Sonst nennt Lyoness keine Zahlen. Baumax, Zielpunkt, Leiner und Kika zählten zu den großen Partnern. Die beiden Ersteren sind Geschichte. An Kapital dürfte es der Rabattgruppe nicht fehlen. Lyoness leistet sich neben Dutzenden internationalen Gesellschaften auch eine kleine Flugzeugflotte in Graz und in der Schweiz. Warum sie angeschafft wurde, weiß Reif nicht.

Quelle: Der Standard (Österreich) vom 28.04.2016

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