Ein verdeckt arbeitender israelischer Journalist hat eklatante Schwächen bei der Flughafensicherheit in Tel Aviv aufgedeckt. Er hat potenzielle „Bomben“ in 12 Passagierflugzeugen versteckt, während er dort als Reinigungskraft arbeitete. Für den Job hatte er sich mit dem Ausweis eines Freundes beworben. Die Flughafenleitung des angeblich „sichersten Airports der Welt“, war wenig erbaut und erstattete gegen den Journalisten Anzeige.
Der Journalist David Suleiman hat mit einer spektakulären Undercover-Aktion mehrere eklantante Schwächen im Sicherheitssystem des Flughafens Tel Aviv offengelegt. Die israelische Öffentlichkeit hat die Enthüllungen mit Besorgnis zur Kenntnis genommen.
Suleiman kam nach Tel Aviv zum Luftdrehkreuz Ben Gurion. Auf diesem Flughafen, der als einer der sichersten der Welt gilt, bewarb er sich um einen Job.
„Das Bewerbungsgespräch dauerte nur etwa zwei bis drei Minuten“, erklärte Suleiman gegenüber RT. „Ich habe einige Dokumente unterschrieben und das war’s. Keine Fragen, nichts. Die Sicherheitsabteilung brauchte einen Monat für einen Hintergrundcheck und gab mir dann die höchste Stufe der Sicherheitsfreigabe, die es in Flughafennähe gibt.“
Nachdem Suleiman die Sicherheitsüberprüfungen bestanden hatte, stellte ihn die Gebäudereinigungsfirma, die als externer Dienstleister auf dem Flughafen tätig ist, sofort als Reinigungskraft ein. Bei Dienstantritt legte er den Ausweis eines anderen Mannes vor. Das Ausweisbild zeigte einen Mann mit dickem, vollem Haar. Suleiman trägt jedoch eine Glatze und ähnelt auch sonst seinem Freund Tamir nicht besonders, dessen ID-Karte er verwendete.
Anschließend filmte sich Suleiman selbst dabei, als er sich im Inneren der Flugzeuge, die er zu reinigen hatte, absichtlich verdächtig verhielt und an Bord Getränkedosen platzierte. Er verwendete dabei ähnliche Dosen wie jene, die der Bekennernachricht der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zufolge als Sprengsatz bei dem Anschlag im Oktober 2015 zum Einsatz kamen, der zum Absturz des russischen Metrojets Airbus A321 führte.
Der Journalist sagte, er wollte austesten, ob ein Anschlag wie jener, für den der IS die Verantwortung übernahm, wieder geschehen könnte.
„Es war mir wichtig, reale Vorfälle zu überprüfen und zu testen, ob es möglich wäre, so etwas wieder zu tun. Deshalb habe ich eine Dose verwendet – natürlich waren diese Dosen leer“, so Suleiman im Interview mit RT.
„In zwei Tagen habe ich neun ‚Bomben‘ versteckt: Zigarettenpackungen und Dosen.“
Suleiman sagt, es sei überhaupt nicht schwer gewesen, die verdächtigen Materialien an Bord zu schmuggeln: „In dem Moment, als ich anfing, zu arbeiten, erkannte ich, dass ich nichts Besonderes brauchte, um die Dosen zu schmuggeln. Ich kam mit einer Plastiktüte, in der sich die Dosen befanden, zur Arbeit, zog mir die Cargo-Hosen an und betrat das Flugzeug.“
Im Rahmen seines zweitägigen Experiments kam der Journalist nach eigenen Angaben sogar mit einer Pistole in Kontakt:
„Sie ließen mich bereits an meinem ersten Tag eine Waffe [ver]laden. Es war die Waffe eines Passagiers und ich sollte sie dem Flugbegleiter geben. Mir wurde an meinem ersten Tag als Reinigungsmitarbeiter auf einem Flughafen eine Waffe gegeben, mitten auf der Start- und Landebahn.“
Obwohl er lediglich als Reinigungskraft arbeitete, bekam der Mann auch Zugriff auf das Flugzeug-Cockpit, die Start- und Landebahn sowie andere Teile des Flughafens, in denen er international etablierten Sicherheitsstandards zufolge nicht hätte sein dürfen.
„Es war beispielsweise verboten, mich frei auf dem Flughafenglände zu bewegen, weil ich lediglich eine Genehmigung dazu hatte, Flugzeuge zu reinigen. Aber ich hatte das erforderliche Selbstbewusstsein und wollte prüfen, wie ernst diese Bestimmungen tatsächlich genommen würden. Also wanderte ich auf dem gesamten Flughafen herum und machte auch vor den Bereichen der Flughafenbehörde in deren Betriebsräumen nicht Halt.“
Suleiman erzählte, dass niemand wirklich prüfte, ob seine Genehmigung ausgereicht hätte, um alle Bereiche zu betreten.
„Ich durfte mit dieser Genehmigung nur in Flugzeugen sein und nicht herumlaufen, wie ich es tat, aber niemand hat darauf geachtet, also wanderte ich umher. Sie haben meine Genehmigung nicht geprüft.“
Im Interview mit RT legte Suleiman auch Sachverhalte offen, die weitgehend unter dem Medien-Radar durchgingen. So soll es ihm gelungen sein, eine falsche Bombe innerhalb der Räumlichkeiten des Büros der wichtigsten Fluggesellschaft Israels zu verstecken.
„Ich habe es geschafft, eine ‚Bombe‘ in El-Al-Betriebsräumen innerhalb des Flughafens zu verstecken. Sie haben es nicht in den Nachrichten gebracht. Ich versteckte eine Dose in einem Eiskrem-Kühlschrank, der in den Betriebsräumen stand.“
Wie die Times of Israel berichtete, beklagte Pini Shiff, der ehemalige Sicherheitschef auf dem Ben-Gurion-Flughafen, dass Suleimans Identität „sofort hätte bemerkt werden müssen“. Die Enthüllungen des Journalisten seien „sehr besorgniserregend“.
Shiff erhob schwere Vorwürfe gegen den Reinigungs-Dienstleister, bezichtigt diesen grober Fahrlässigkeit und erklärt, dass die Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen mittlerweile geändert worden wären.
Sicherheit an Flughäfen ist heute mehr denn je ein zentrales Thema, nicht erst seit den jüngsten Terroranschlägen auf großen Flughäfen und an Bord von Flugzeugen. Während Israel bereits seit den 1970er Jahren regelmäßig zum Ziel blutiger terroristischer Anschläge geworden ist, sind auch die Türkei und die Russische Föderation in den letzten Jahrzehnten verstärkt ins Visier terroristischer Milizen aus dem In- und Ausland geraten. Der letzte folgenschwere Anschlag ereignete sich vor weniger als drei Wochen, als ein dreifacher Selbstmordanschlag am Flughafen Atatürk in Istanbul 41 Tote und fast 239 Verletzte hinterließ. Nach Angaben der türkischen Regierung deuten alle bisherigen Ermittlungsergebnisse auf den IS als Urheber des Anschlages hin.
Quelle: Russia Today (RT) vom 14.07.2016