Griechenland: Nach der Parlamentswahl droht ein Politchaos

Tsipras im EU-Parlament. Bild: Youtube
Tsipras im EU-Parlament. Bild: Youtube

Aus einer Festigung der Macht für Tsipras und dessen Rumpf-Syriza wird wohl nichts. Umfragen zufolge könnte Griechenland nach den Wahlen vor einer Patt-Situation stehen. Wird Brüssel dann eingreifen und eine Technokraten-Regierung installieren, um die EU-Gelder zu retten?

Von Marco Maier

Drei Umfragen zu den Parlamentswahlen in Griechenland am 20. September wurden am Wochenende veröffentlicht. Sie alle zeigen ein Bild, welches zeigt, dass sich Tsipras wohl verkalkuliert hat. Denn anstatt sich die absolute Parlamentsmehrheit zu sichern, kämpft die Syriza nun mit der oppositionellen konservativen „Nea Dimokratia“ um Platz 1 in der Wählergunst. Anstatt eines Vorsprungs von über 15 Prozent wie noch im Frühjahr, sind es derzeit zwischen 1,5 und 3 Prozent.

Ganze zwei Drittel der Griechen sind mit Tsipras‘ Rücktritt und den Neuwahlen nicht zufrieden. Hinzu kommt die Enttäuschung über die Zugeständnisse an die Gläubiger, die das Land noch tiefer ins Elend reißen werden. Dementsprechend dürfte auch die Syriza-Abspaltung „Volkseinheit“ genügend Stimmen erhalten, um so eine zukünftige Regierung – ob nun von der Syriza oder von der Nea Dimokratia und der PASOK – zu verhindern. Denn auch die rechtsextreme „Goldene Morgenröte“ dürfte wieder stark vertreten sein.

Egal wer nun das Rennen um Platz 1 und somit um den Abgeordneten-Bonus macht – beide Seiten (Syriza & ND/PASOK) werden es schwer haben, überhaupt eine Mehrheit zu erhalten. Und Koalitionspartner? Die rechtspopulistische ANEL, die bisher mit der Syriza koalierte, dürfte den Einzug nicht wieder schaffen, die To Potami wird zu schwach sein.

Die Rechnung von Alexis Tsipras dürfte somit nicht aufgehen. Sein Sinneswandel vom „Nein“ zum „Ja, aber“ kostete ihm die Gefolgschaft vieler Abgeordneten und Parteimitglieder und somit die Regierungsmehrheit. Dieser Vertrauensverlust wird sich auch bei den kommenden Wahlen niederschlagen. Doch wenn er es am 20. September nicht schafft, sich eine Mehrheit zu sichern, werden die Griechen die Auswirkungen der Sparmaßnahmen und der Steuererhöhungen schon massiv zu spüren bekommen. Dies würde der Syriza noch mehr Stimmen kosten als jetzt. Aber auch die oppositionellen Parteien ND und PASOK wären so für viele Griechen unwählbar, da diese den aktuellen Kurs unterstützen.

Das heißt: Sollte die Wahl am 20. September keine klaren Mehrheiten bringen, droht Griechenland ein Politchaos, in dem vor allem die extremen Parteien an den Rändern rechts und links erstarken könnten. Gleichzeitig wäre die Umsetzung des sogenannten „Reformplans“ damit in Gefahr. Griechenland stehen also noch sehr turbulente Zeiten ins Haus.

Allerdings stellt sich hierbei die Frage, ob die EU in solch einem Fall nicht dazu über geht, eine EU-Technokratenregierung zur Verwaltung des Landes zu installieren. Angesichts des Allamchtsanspruchs Brüssels, dürfte ein solcher Schritt lediglich eine logische Konsequenz sein. Immerhin geht es zum größten Teil auch um Gelder der EU-Staaten, die zur Umschuldung Griechenlands und zur Rettung des Finanzsektors verwendet wurden. Und bei Geld hört bekanntlich selbst die beste Freundschaft auf, oder?

Quelle: contra-magazin.com vom 30.08.2015

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