Anwohner in Angst – Kugelhagel in Finkenberg: „Diese Schießerei war erst der Anfang“

 

Von OLIVER MEYER, CARSTEN RUST
Die Polizei ließ in der Nacht den Tatort ausleuchten, damit die Beamten der Spurensicherung  jede Patrone und Geschosshülse finden konnten.
Die Polizei ließ in der Nacht den Tatort ausleuchten, damit die Beamten der Spurensicherung jede Patrone und Geschosshülse finden konnten.
Foto: Laubert

Köln –  Rund 40 Mann stehen sich nachts in Finkenberg gegenüber. Sie beleidigen sich, drohen und schreien – bis dann sogar Schüsse fallen. Die Projektile schlagen in Autos, eine Garage und Hauswand ein. Als die Polizei wenig später anrückt, ist kein einziger Beteiligter mehr da. Jetzt haben die Anwohner große Angst, dass die Gewalt dort explodiert.

Ali R. (20) steht Montagnachmittag am silbernen Opel-Omega seines Vaters und schaut auf das fingerdicke Loch, das im Kotflügel des Wagens zu sehen ist. „Diese Idioten, wie können die denn hier einfach rumballern?“, fragt er.

Bereits am Sonntagnachmittag hatte der 20-Jährige eine Schlägerei beobachtet. „Ich wollte mit meiner Familie zum Schwimmen. Da waren so acht Frauen und Männer aufeinander losgegangen.“ Ein weiterer Augenzeuge sagt uns: „Einer hatte eine Machete, ein anderer einen Feuerlöscher und ein dritter Mann einen Baseballschläger aus Alu.“ Die Auseinandersetzung sei nur kurz gewesen – und blieb der Polizei verborgen.

Stunden später hatten sich die Gegner Verstärkung geholt. Bei den beiden Gruppen handelt es sich nach unseren Informationen um Türken sowie Sinti und Roma. In Finkenberg, aber auch am Kölnberg in Meschenich geraten sie immer wieder aneinander. Es geht dem Vernehmen nach um Macht, Prostitution und Drogenhandel.

Auch das Auto von Ali R.s Vater ist von einem Querschläger getroffen worden. Das Projektil hat die Tür durchschlagen.
Auch das Auto von Ali R.s Vater ist von einem Querschläger getroffen worden. Das Projektil hat die Tür durchschlagen.
Foto: Carsten Rust

Nach Lage der Spurenbilder, die der Erkennungsdienst der Polizei später erstellte, schossen die Türken von der Brüsseler Straße auf das Haus Konrad-Adenauer-Straße 52. Doch es wurde auch zurückgeschossen, wie die Patronenhülsen beweisen. „Irre, dass die hier rumballern. Da waren noch Kinder auf den Straßen und Balkonen. So etwas darf nicht passieren, da muss die Polizei jetzt massiv eingreifen“, beklagt sich Anwohner Art U. (29), dessen Mercedes ebenfalls von einem großkalibrigen Projektil durchlöchert wurde.

Anwohner wollen erfahren haben, dass die Kölner Polizei in den kommenden Wochen im Wohn- und Einkaufszentrum eine Polizeiwache eröffnen wird. „Wir begrüßen das, denn wir wollen hier alle mehr Sicherheit. Unsere Kinder sollen auch mal vor der Tür spielen können,“ so Ali R. Die Polizei wollte sich dazu nicht offiziell äußern.

Bislang ist das Tatmotiv unklar. Die Kripo fragte in den Krankenhäusern nach, ob dort Personen mit Schussverletzungen behandelt wurden. Das war nicht der Fall. Ali R. und seine Nachbarn sind sich sicher: „Die Schießerei war erst der Anfang, wenn nicht schnell etwas passiert.“

Unser Redakteur Jan Wördenweber fordert eine eigene Polizeiwache fürs Veedel!

Jan Wördenweber: Eine eigene Polizeiwache fürs Veedel

Das Einschussloch in einem Garagentor hat einen Durchmesser von etwa drei Zentimetern. Ein Kleinkaliber war das nicht.
Das Einschussloch in einem Garagentor hat einen Durchmesser von etwa drei Zentimetern. Ein Kleinkaliber war das nicht.
Foto: Carsten Rust

Ein Kommentar von Jan Wördenweber:

Nirgendwo fühlen sich Kölner so unsicher wie in Porz-Finkenberg. Das Ergebnis unserer großen Veedels-Umfrage wird durch den erschreckenden Gewaltausbruch bestätigt. Verfeindete Familienclans liefern sich eine Schießerei wie in einem Gangster-Film. Und die Polizei? „Wir wollen Präsenz zeigen“, hatte der Behördenchef noch vor wenigen Tagen angekündigt. Herr Albers, nicht wollen – Sie müssen mehr Personal in soziale Brennpunkte schicken! Eine eigene Wache in der Hochhaussiedlung wäre da ein Anfang.

Auch die Kommunalpolitik muss sich hinterfragen: Wer immer nur reagiert, wenn mal wieder etwas passiert ist – etwa als am Kölnberg eine Leiche aus dem Fenster geworfen wurde – , handelt heuchlerisch. Finkenberg hatte vor wenigen Jahren dank guter Streetworker weniger Probleme – bis sie wieder abgezogen wurden. Eine freie Mitarbeiterin hält heute noch die Stellung. Wetten, dass jetzt wieder mehr Personal gefordert wird? Ist ja auch Wahlkampf…

Quelle: Kölner Express vom 03.09.2015

 

 

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