Friedensverhandlungen im Jemen: Saudis spielen auf Zeit, USA verkünden neue Truppenstationierung

Demonstration gegen die Luftangriffe Saudi-Arabiens in Sanaa, Jemen am 18. Juli 2016.

Demonstration gegen die Luftangriffe Saudi-Arabiens in Sanaa, Jemen am 18. Juli 2016.

Im saudischen Königreich gibt es Stimmen, die einen vorzeitigen Friedensvertrag für „gefährlich“ halten. Inzwischen scheinen sich die Vereinigten Arabischen Emirate aus dem Südjemen zurückzuziehen. Im Gegenzug kündigen die USA an, mehr Truppen dort zu stationieren.

Nach 16 Monaten Krieg stehen die Bürgerkriegsparteien im Jemen und Saudi-Arabien kurz vor einem Friedensvertrag. Obwohl der Einmarsch eines Bündnisses der Golfstaaten international breit kritisiert wurde, bestimmen in Riad optimistische Perspektiven: Ein Großteil der Beamten geht davon aus, dass der Krieg sich für das Königreich „gelohnt“ habe, und dass der Faktor Zeit aufseiten der Saudis steht.

Vertreter beider Seiten verhandeln seit nunmehr drei Monaten in Kuwait. Letzte Woche teilte der kuwaitische Unterhändler, Khaled al-Jarallah, mit, dass sie vor der ersten Augustwoche ein Abkommen erreichen müssen, oder aus dem Land verwiesen werden. Der UN-Sondergesandte im Jemen, Ismail Ould Cheikh Ahmed, erklärte, dass die nächsten zwei Wochen die „letzte Chance für den Frieden“ sein könnten.

Aber bisher ist ein Friedensabkommen nicht in Sicht. Das Bündnis um den ehemaligen jemenitischen Präsidenten Ali Saleh fordert direkte Gespräche mit Saudi-Arabien. Sie betrachten die Streitmacht des gegnerischen Präsidenten Mansour Hadi als saudische Söldner. Die benachbarte Ölmonarchie hatte eine Koalition gegründet, um im Jemen Luftangriffe zu starten.

Zwar finanziert Saudi-Arabien den Aufenthalt seines Vertreters Mansour Hadi in Kuweit, bei den Gesprächen in Kuwait zeigt die saudische Regierung jedoch wenig Präsenz. Trotzdem geht das Bündnis um den jemenitischen Präsidenten Ali Saleh davon aus, dass die Saudis die eigentliche Entscheidungsbefugnis haben.

Das Saleh-Bündnis, zu dem auch die Huthi-Milizen gehören, stellte am 19. Juli ebenfalls ein Ultimatum: Man werde die militärischen Angriffe auf die Grenze zu Saudi-Arabien so lange fortsetzen, wie die saudische Luftwaffe Angriffe auf jemenitisches Staatsgebiet fliegt. In den letzten Wochen beschossen die jemenitischen Streitkräfte unter Präsident Ali Saleh regelmäßig die südlichen Bezirke von Saudi-Arabien, einschließlich der Millionen-Stadt Jizan.

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Es handelt sich um den bisher größten Krieg, den das moderne Saudi-Arabien führt. Zum ersten Mal führen die Saudis eine internationale Koalition an, die durch ihre gemeinsame Feindschaft gegenüber dem schiitischen Iran zusammengefunden hat. Saudi-Arabien behauptet, dass die Saleh-Regierung und ihre Truppen, insbesondere die Huthi-Milizen, „pro-iranisch“ seien.

Der ölreiche Nachbar hat sich zum Ziel gesetzt, seinen Kandidaten Mansour Hadi wieder einzusetzen, der im Januar 2015 als Präsident zurückgetreten war. Im Zuge der saudischen Angriffe erstarkte „al-Qaida auf der jemenitischen Halbinsel“ (AQAP) erneut. Saudi-Arabien setzt außerdem eine Seeblockade durch, die den Norden des Jemen von Versorgungsgütern abschneidet. Unterdessen beliefern vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) den Süden des Landes mit Hilfsgütern. Dort ist AQAP besonders stark.

Dies nutzen die USA und die Emirate, um „Anti-Terror-Operationen“ im Süden durchzuführen. US-General Joseph Votel kündigte am 15. Juli nicht näher beschriebene Pläne an, mehr US-Truppen im Jemen zu stationieren. Am nächsten Tag verkündete der Kommandant der VAE-Streitkräfte über Twitter, dass der Krieg für Bodentruppen seines Landes „praktisch vorbei“ ist.

Tatsächlich haben die Operationen der VAE bereits in den letzten Wochen stark abgenommen. Unterdessen gehen die Angriffe von AQAP und des lokalen „Islamischen Staates“ weiterhin gegen jemenitische Städte im Süden. Am 15. Mai starben in Mukalla 47 Menschen bei einem AQAP-Anschlag. In Aden töteten AQAP-Kämpfer eine Woche später Dutzende jemenitische Rekruten.

BRD-DR

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Trotz der anhaltenden Gewalt erzielten die Friedensgespräche langsame Fortschritte. Die saudische Koalition mit ihrem Vertreter Hadi besteht weiter darauf, dass die Resolution 2216 des Sicherheitsrates umgesetzt wird. Darin werden die Saleh-Truppen aufgefordert, ihre Waffen zu übergeben und von allen Territorialansprüchen zurückzutreten.

Anfang Juni zeigten sich Saleh und die Huthi zu weitgehenden Kompromissen bereit. Man könne sogar Mansour Hadi in einer Übergangsregierung akzeptieren. Als Saudi-Arabien daraufhin jedoch die Gespräche in Kuwait weiter bremste, erklärte das Saleh-Bündnis, dass man eine eigene Regierung bilden werde.

 

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Die saudische Blockade könnte darin begründet liegen, dass man in Riad einen vollständigen Ausschluss von Präsident Saleh und der Huthi erreichen will. So zitierte das Wall Street Journal gestern einen hochrangigen saudischen Offizier, der argumentiert, dass ein „vorzeitiger oder ungünstiger Deal gefährlich für Saudi-Arabien“ sei. Ein halber Sieg im Jemen könnte die Stellung des Prinzen Mohammed gefährden, der als wichtigster Antreiber der Intervention gilt:

„Ja, der Krieg ist teuer, aber er sollte richtig beendet werden. Wenn wir am Ende nicht auch Sanaá bekommen und die Huthi entwaffnen, wäre das eine historische und militärische Katastrophe“, glaubt der pensionierte Oberst Ibrahim al Marie. „Das wäre ein Problem für das Vertrauen des Volkes in die Regierung, das wissen die Entscheidungsträger im Reich sehr gut.“

Die saudischen Bombenangriffe haben zahlreiche zivile Opfer im Jemen gefordert und lebenswichtige Infrastrukturen zerstört. Zudem setzten die Truppen von Präsident Ali Abdullah Saleh und die Huthi dem folgenden Einmarsch massiven Widerstand entgegen, der zahlreiche Verluste unter saudischen Truppen forderte. Zudem schießen sie inzwischen Raketen bis tief ins Staatsgebiet Saudi-Arabiens.

Quelle: Russia Today (RT) vom 26.07.2016

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