Nachruf auf Barbara Bush – Amerikas eiserne Oma

Erst First Lady, dann First Mom: #Barbara Bush war beliebter als ihr Mann und ihr Sohn, die es beide ins Weiße Haus schafften. Sie galt als zäh, resolut und einfach – eine seit ihrer Jugend perfektionierte Rolle.

Von Marc Pitzke

Barbara Bush: First Lady und First MomFotos
AP

Der Auszug aus dem Weißen Haus fiel ihr schwer. „Ein harter Tag für uns“, schrieb Barbara Bush in ihren Memoiren über den 20. Januar 1993, als ihr Mann George Bush nach der verlorenen US-Präsidentschaftswahl das Oval Office räumen musste. Trotzdem akzeptierte sie es: „Wir müssen hier raus.“

Lakonisch, praktisch, hart im Nehmen: Barbara Bush, die am Dienstag im Alter von 92 Jahren starb, war zwar nie die einflussreichste First Lady, aber zweifellos die zäheste. Was ihr am Ende mehr Wohlwollen verschaffte als den meisten, die sich in dieser exponierten Rolle wiederfanden – zumal sie ja später dann auch noch von der Ex-Präsidentengattin zur Präsidenten-Mutter wurde.

Bush bewältigte all diese Rollen, ob First Lady, First Mom oder Großmutter der Nation, gestählt von Schicksalsschlägen, die sie, wie viele Frauen ihrer Generation, schon immer mit stiller Würde erduldet hatte. Und wie viele dieser Frauen beherrschte sie es perfekt, zwei Masken zu tragen, die gegensätzlicher kaum hätten sein können – eine private und eine öffentliche.

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Das ist schon eine Leistung in diesem Glashaus mit der Adresse 1600 Pennsylvania Avenue, Washington, DC 20500. Doch damals waren es eben noch andere Zeiten. Damals gab es noch so etwas wie eine Privatsphäre im öffentlichen Leben: Man konnte sich ein „Image“ zulegen und, mehr noch, es auch wahren – selbst wenn es zur Falle wurde, der man nicht mehr entkam.

 

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Barbara Bushs Image war das der netten, schlichten, resoluten Matriarchin, die sich um Bildungsprogramme und Blumengestecke kümmerte, Rezepte hütete und hinter dem Weißen Haus mit den Dienstboten Hufeisenwerfen spielte. Auf dieses konservative, antifeministische Retro-Klischee war sie sogar stolz: „Ich bin fair, und ich liebe Kinder, und ich bete meinen Mann an“, sagte sie einmal.

Dabei war sie viel beliebter als er, der das Etikett „wimp“ (Schwächling) erst mit dem Golfkrieg überwand. Sie dagegen galt schon als „Nationalheiligtum“, als sie 1989 zum Antrittsball ihres Mannes in falschen Perlen erschien und Schuhen, die 29 Dollar gekostet hatten – ein bewusster Kontrast zu ihrer ach so Fashion-bewussten Vorgängerin, dem vormaligen Starlet Nancy Reagan.

Sie konnte „richtig gemein und sarkastisch“ sein

Doch letztlich war das alles nur Fassade. Barbara Bush, geborene Pierce, kam aus vornehmen Verhältnissen, ihr Vater war Verleger und ein entfernter Nachkomme des längst vergessenen US-Präsidenten Franklin Pierce. Sie wuchs in einem feinen Vorort von New York auf, ging auf ein Mädcheninternat und konnte, so Freunde später, „richtig gemein und sarkastisch“ sein – ganz wie die strenge Mutter.

Pierce lernte George Herbert Walker Bush auf einem Schulfest kennen. Sie verlobten sich, er zog als Kampfpilot in den Zweiten Weltkrieg, wurde über dem Pazifik abgeschossen und kehrte 1945 heim. Noch im selben Jahr heirateten sie. Barbara Bush brach das College ab, wurde Hausfrau und schnell Mutter.

George Bush ging ins Ölgeschäft. Sie zogen nach Texas, nach Kalifornien, zurück nach Texas. Er war dauernd unterwegs, sie versorgte die Kinder, immer still, immer stark. Als ihre dreijährige Tochter Robin an Leukämie starb, fraß sie den Kummer in sich hinein. Ihre Haare wurden schlohweiß. „Silberfüchsin“, sagte George. Sie war erst 28 – und machte den Makel zum Markenzeichen.

Wie in so vielen Ehen schulterte sie die größere Last, um die häusliche Idylle aufrecht zu erhalten, während der Mann „das Geld verdient“. „Mom verbrachte viele einsame Stunden mit uns“, berichtete ihre Tochter Doro. „Sie hat uns allein großgezogen.“ Barbara Bushs Leben, so Weggefährten, habe sich einzig darum gedreht, „George das Leben leichter zu machen“.

Das hatte sie längst perfektioniert, als er 1966 ins US-Repräsentantenhaus gewählt wurde. So duldsam, wie sie seine Ölkarriere begleitet und ermöglicht hatte, begleitete und ermöglichte sie nun seine Politkarriere, stets lächelnd an seiner Seite, von Washington nach New York nach Peking und zurück nach Washington.

Dort versank sie in tiefe Depressionen. Amerikas Frauen emanzipierten sich, sie selbst steckte weiter in den Fünfzigerjahren. „Mein Leben schien mir eine Verschwendung“, sagte sie später in einem Interview. „Ich weinte viel.“

Die Abwahl war ein Schock

Der Einzug ins Weiße Haus löste das Dilemma, zumindest oberflächlich. Der Präsident führte Krieg, die First Lady backte Kekse. Hinter den Kulissen blieb sie so kontrollierend und kühl wie immer, wenn nicht noch kühler. Als sei es schwerer geworden, die zwei Gesichter zu vereinen. „Sie schaffte es, fast alle meine Freunde zu beleidigen“, klagte Schwiegertochter Laura Bush, später selbst First Lady. „Alle hatten Angst vor ihr“, erzählte ein Ex-Mitarbeiter. „Sie verzieh nichts.“

Die Abwahl ihres Mannes war ein Schock – und eine Erleichterung. Doch acht Jahre später saß sie erneut beim Amtseid eines Bushs auf der Ehrentribüne des Kapitols, diesmal war es ihr ältester Sohn George W. „Es gibt einen Mythos in den Vereinigten Staaten, wonach alle amerikanischen Mütter hoffen, ihr Kind werde eines Tages mal Präsident“, schrieb sie später, als sie, befreit von amtlichen Zwängen, so etwas offen sagen konnte. „Ich habe das nie geträumt.“

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Aus dem öffentlichen Leben und der Politik hielt sie sich seitdem immer mehr heraus. Und wenn sie etwas sagte, dann ließ sie mehr denn je ihre wahre Natur durchblicken. Etwa 2005 mit einer unsensiblen Bemerkung über die Überlebenden des Hurrikans „Katrina“, die ihr überkommenes Weltbild offenbarte: Die seien ja „sowieso unterprivilegiert“ gewesen.

Als ihr zweitältester Sohn Jeb später mit dem Gedanken spielte, sich ums Weiße Haus zu bewerben, riet sie ihm – zu Recht – dringend ab: Bloß nicht, sagte sie in einem TV-Interview, es gebe doch auch noch andere Familien: „Wir hatten genug Bushs.“

Quelle: Spiegel-online vom 18.04.2018

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Ulrike
Ulrike
5 Jahre zuvor

Vor allem hat sie auch die Eskapaden ihres ach so tollen Ehemanns mit gedeckt und ertragen. Und die wird jetzt hochgejubelt. Zum Kotzen.

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
5 Jahre zuvor

Ihr sieht man die lebenslange Schufterei im drei Schicht System in einer Brauerei an. Sonnabend, sonntags Sonderschichten in der Bierverkostung von Büchsenbier damit die Familie über die Runden kommt und den Kindern eine Ausbildung in der Straßen Gang erspart bleibt. Sie sollten es besser haben und von einer Schnapsbrennerei übernommen werden. Wie die Kennedys, die Ihre Millionen mit Schmuggel von Alkohol verdient hatten!
Ich verliere keine Träne!