Kalter Krieg – Manöver: Nato und Russland üben den Krieg gegeneinander

 

Die Nato und Russland proben in umfangreichen Manövern den Krieg gegeneinander. Eine Studie warnt vor zu exzessiven Kriegsspielen. Übungen mit scharfer Munition hätten bereits zu zahlreichen gefährlichen Fast-Zusammenstößen geführt haben.

Russlands Präsident Wladimir Putin inspiziert in einem Hubschrauber die Transport-Anlagen im Schwarzmeer-Hafen Novorossiysk. (Foto: EPA/MIKHAIL KLIMENTYEV / RIA NOVOSTI / KREMLIN POOL)

Wer Krieg übt, will auch Krieg führen, warnt die ELN in ihrem Bericht. Hier deutsche Schützenpanzer im Juni bei der Nato-Übung Noble Jump in der Nähe des polnischen Ortes Sagan. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Russlands und die NATO bereiten sich derzeit auf einen Krieg gegeneinander vor. Dies zeige die aktuelle massive Ausweitung ihrer Militärübungen. Auch die Art der Übungen zeige deutliche Merkmale für die Vorbereitung einer direkten Konfrontation. In dem politischen Klima liege darin ein Risiko für einen unbeabsichtigten Krieg, warnt jetzt der britischer Think Tank ELN -European Leadership Network. Die Organisation gibt regelmäßige Berichte und Analysen sowie Kartenmaterial zur aktuellen Konfliktlage heraus.

Der Fakt, dass Russland und die Nato beide mit scharfer Munition schießen und versuchen zu kontrollieren was die jeweils andere Seite tut, führe demnach zu „gefährlich engen militärische Begegnungen“ etwa zwischen russischen Jets und Nato-Marineschiffen.  ELN warnt in einem aktuellen Bericht, derlei riskante Aktivitäten machen „einen Krieg in Europa wahrscheinlicher“.

In den letzten 18 Monaten haben sich vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen erheblich verschlechtert. Ein Aspekt der Konfrontation wurde ELN zufolge ein gefährliches Spiel einer Politik des äußersten Risikos, das zu mehreren ernsthaften militärischen Fast-Zusammenstößen zwischen den Kräften Russlands und der NATO geführt hat.

Ein weiterer Aspekt sei der Analyse zufolge das stark gestiegene Ausmaß und die schiere Größe der militärischen Übungen, die seit Beginn der Ukraine-Krise sowohl von Russland als auch von der NATO und ihren Partnern in der euro-atlantischen Raum durchgeführt werden. Zusammenstöße werden damit immer wahrscheinlicher.

Um der Öffentlichkeit und Politik diese neue und gefährliche Sicherheitslage in Europa vor Augen zu führen, hat die ELN eine kurzen Policy Brief vorbereitet und zudem in zwei interaktiven Karten detailliert die Anatomie der beiden letzten, groß angelegten militärischen Übungen analysiert.

Die erste untersuchte Aktion war die russische Snap Übung im März 2015 mit 80.000 teilnehmenden Militärs, die zweite die NATO Allied Schild Übung im Juni 2015, die vier verschiedene Übungen entlang der östlichen Flanke der Allianz mit insgesamt 15.000 Militärs aus 19 Mitgliedstaaten und drei Partnerstaaten vereinte.

Beide Übungen zeigen demnach, dass jede Seite mit den spezifischen Fähigkeiten der Gegenseite im Sinn trainiert – und wahrscheinlich mit Kriegsplänen im Kopf, so die Analyse. Während offizielle Sprecher beider Seiten weiter behaupten, diese Operationen seien gegen rein hypothetische Gegner gerichtet, ergeben Art und der Umfang der Aktionen etwas eindeutig anderes: „Russland bereitet sich auf einen Konflikt mit der NATO und NATO bereitet sich auf eine mögliche Konfrontation mit Russland vor“, so der ELA-Bericht. Die Bewertung der Übungen wörtlich:

„Operativ Allied Schild konzentrierte sich auf Territorialverteidigung, sowohl konventionell durch den Einsatz von Panzermanöver und Luftunterstützung, als auch durch die Verwendung von Spezialeinheiten, um feindlichen Subversions-Aktivitäten entgegenzuwirken Die Natur dieser Aktivitäten ließ Russland als einzig möglichen Gegner zu.

„Das Thema der russischen Übung war „die Territorialverteidigung (basierend auf schneller Verstärkung) der russischen Randregionen, unterstützt durch groß angelegte kombinierte Waffenübungen in Zentralrussland. Das Ausmaß dieser Bewegung bedeutet, dass es nur ein einziges Szenario simulieren konnte: Einen Krieg mit den Vereinigten Staaten und / oder der NATO.“

„Wir sagen nicht, dass die Führung auf beiden Seiten eine Entscheidung für den Krieg getroffen hätte … aber das veränderte Profil dieser Übungen ist eine Tatsache und spielt eine Rolle bei der Aufrechterhaltung des aktuellen Klimas der Angst und Anspannung in Europa“, so der NRO-Chef Ian Kearns.

Russland hat den ELN Bericht nicht kommentiert, aber seine bisherige Linie ist die, dass Russland lediglich auf die NATO-Erweiterung reagiere.

Nato-Sprecherin Carmen Romero sagte das Gegenteil: Die russischen Übungen simulierten demnach offensive Operationen und beinhalten auch Nukleare Ausrüstung, wohingegen die Nato-Übungen rein defensiver und konventioneller Natur seien. Romero und kritisierte daher, dass die ELN-Studie „irreführenderweise die Nato-Übungen auf eine Stufe mit den Russischen Übungen setze“.

Der ELN-Bericht schließt entsprechend mit Empfehlungen an beide Seiten,  die Kommunikation zu erhöhen, die OSZE stärker einzubinden und die Übungen zurückzufahren. Denn je mehr Kriegsübungen durchgeführt würden, desto größer das Risiko, dass aus Versehen Ernst wird, etwa bei unbeabsichtigten Begegnungen mit der Gegenseite.

Über eben solche gefährlichen Fast-Vorfälle und Begegnungen der Streitkräfte veröffentlichte die ELN bereits Ende 2014 einen Bericht. Seit der ersten Veröffentlichung des Berichts bis Anfang März 2015 wurden demnach 27 neue Zwischenfälle identifiziert: Zwei davon wurden als „schwer“ eingestuft, wobei der eine aggressiverer oder ungewöhnlich provozierender Natur war und ein höheres Risiko der Eskalation barg.

Der erste war eine weitere Beinahe-Kollision zwischen einem SAS Flugzeug und einem russischen Flugzeug in der Nähe von Kopenhagen im Dezember 2014. Die zweite war der gemeldete Einsatz von NATO-Kriegsschiffe im Schwarzen Meer als Ziele für russischen Jagdbomber bei Kampf-Übungen im März 2015.

Die Gesamtzahl der Vorfälle steht nun bei 3 „Hochrisiko-“ Zwischenfällen, 13 „schweren“ Zwischenfälle, und 50 „beinahe Routine“ Zwischenfällen. Das ergibt eine Gesamtsumme von 66 Vorfällen, die aus öffentlichen Quellen identifizierbar sind. Die vollständige Liste der Ereignisse finden Sie hier.

Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 20.08.2015

 

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