Polens Sieg gegen Nordirland: Von Lewandowski überfordert

Aus Nizza berichtet Lukas Rilke

EM 2016: Milik schießt Polen zum Sieg
DPA

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Nordirland ist der große Außenseiter in der Gruppe C, das merkte man dem Team gegen Polen deutlich an. Der Mut fehlte und oft auch das Können. Aber wer sieht schon gut aus gegen Robert Lewandowski?

Shane Ferguson debütierte schon als 17-Jähriger für die nordirische Nationalmannschaft. Er kann als Außenverteidiger und auf dem Mittelfeldflügel spielen, die Uefa nennt als ähnliche Spieler in ihrer Datenbank Patrick Herrmann und Polens Slawomir Peszko. Flügelspieler mit Tempo, mit Zug zum Tor.

 

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Ferguson, inzwischen 24 Jahre alt, hatte im Spiel gegen Polen aber keinen Zug zum Tor, er hatte eigentlich gar keinen Zug irgendwo hin, sondern schlurfte nur über den Platz, half in der Abwehr nicht mit und wurde im Angriff fast nie angespielt. Ferguson wirkte wie ein Drittligaspieler, der europäischen Top-Profis gegenüber steht. Und genau das war ja auch der Fall beim 0:1 der Nordiren im ersten Spiel der Gruppe C, in der Deutschland wenige Stunden später 2:0 gegen die Ukraine gewann. Ferguson kickt beim FC Millwall in Englands dritter Liga.

„Wir haben viele Spieler in unseren Reihen, die zuletzt unterklassig gespielt haben. Für die war das heute schon ein sehr großer Schritt, gegen Leute wie Robert Lewandowski oder Arkadiusz Milik anzutreten“, sagte Nordirlands Trainer Michael O’Neill nach der Partie. Dass Ferguson und noch einige andere mit den Stars des Gegners nicht mithalten konnten, war keine Überraschung. Wie Nordirland aber versuchte, über die Zeit zu kommen, war eine kleine Enttäuschung, über die auch der zuverlässig ohrenbetäubende Gesang der Fans nicht hinwegtäuschen konnte.

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„Vielleicht hätten wir mutiger sein müssen“

Von Anfang an waren die Nordiren nervös und wagten es nicht, überlegt aus der Abwehr das Spiel aufzubauen. Dabei ließen die Polen dem Gegner vor allem in der Anfangsphase immer wieder reichlich Platz. Doch die Nordiren schossen den Ball fast jedes Mal hoch nach vorne, in der Hoffnung dass Stürmer Kyle Lafferty eines seiner Kopfballduelle gewinnt und sich den Ball dann auch noch selbst vorlegt.

„Vielleicht hätten wir einfach ein bisschen mutiger am Ball sein müssen“, sagte Nordirlands Kapitän Steven Davis später: „Wir müssen mehr an uns glauben.“

Es wäre vielleicht ein erster Schritt. So warteten die Nordiren oft ab, was die Stars der Polen so machen. Dass das einzige Tor durch Milik erst in der zweiten Hälfte fiel, lag auch daran, dass Polen lange auf Flanken setzte – und dem Gegner damit sehr entgegen kam.

Nordirland verteidigte mit einer Fünferkette und drei Innenverteidigern, die ihre Sache gegen Lewandowski und Milik gut machten. Wenn Polen aber mal variierte, zum Beispiel flach hereinpasste oder durch die Mitte attackierte, gerieten die Nordiren in Not.

Mal Mittelstürmer, mal Zehner – Lewandowski war überall

Besonders Lewandowski bereitete O’Neills Abwehr große Probleme. Der Bundesliga-Torschützenkönig zeigte auch ohne eigenen Treffer, wie wichtig er für seine Mannschaft ist und welch Weltklassespieler aus ihm in den vergangenen Jahren geworden ist. Mal Mittelstürmer, mal Zehner, mal auf dem Flügel – der Münchner war immer da, wo das Spiel es verlangte und fand auch gegen mehrere Gegenspieler immer eine Lösung, meist die richtige.

O’Neill schwärmte später: „Die Polen haben mehrere großartige Spieler, aber Lewandowski hat bis zum Schluss bewiesen, was ihn so herausragend macht. Auch in der Schlussphase ist er noch weite Wege gegangen, um für sein Team Chancen zu kreieren. Er ist stark, er ist schnell und er ist schlau.“

Andererseits zeigte die Omnipräsenz Lewandowskis ein Problem der Polen: Der Stürmer ist auch bester Mittelfeldspieler, wenn er dort auftaucht. Grzegorz Krychowiak hat zwar spektakuläre Anlagen, taucht aber noch immer oft ab, auch Milik oder der ehemalige Dortmunder Jakub Blaszczykowski sind internationale, aber keine Weltklasse. Am kommenden Donnerstag wird die deutsche Nationalmannschaft gegen die Polen dennoch ihr schwerstes Vorrundenspiel bestreiten.

Polen – Nordirland 1:0 (0:0)
1:0 Milik (51.)
Polen: Szczesny – Piszczek, Glik, Pazdan, Jedrzejczyk – Blaszczykowski (80. Grosicki), Krychowiak, Maczynski (78. Jodlowiec), Kapustka (88. Peszko)- Milik – Lewandowski.
Nordirland: McGovern – McLaughlin, Cathcart, McAuley, Evans, Ferguson (66. Washington) – McNair (46. Dallas), Baird (76. Ward), Norwood – Davis – Lafferty.
Schiedsrichter: Ovidiu Hategan (Rumänien)
Zuschauer: 32.000
Gelbe Karten: Kapustka, Piszczek – Cathcart

Quelle: Spiegel-online vom 13.06.2016

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