WIRTSCHAFT: OKTOBERFEST – Münchens Schickeria fürchtet den Terror auf der Wiesn

09:54

Weil sie Angst um ihre Gäste hat, sagt Regine Sixt ihre berühmte Frauenveranstaltung auf dem Münchner Oktoberfest ab. Sie könnte nicht die Letzte sein: Die Wirte befürchten eine Signalwirkung.

Von Philipp Vetter Wirtschaftskorrespondent
Philipp Vetter

Toni Roiderer ist auf Regine Sixt derzeit nicht gut zu sprechen. „Frau Sixt schürt die Terrorangst“, schimpft der Sprecher der Wirte auf dem Münchner Oktoberfest. Der Grund für seinen Ärger ist einfach: Die Ehefrau von Mietwagenkönig Erich Sixt und Marketingchefin des Unternehmens hat für dieses Jahr ihre traditionelle Damen-Wiesn abgesagt.

Das ist eine der größten Veranstaltungen der Münchner Gesellschaft auf demOktoberfest, rund 1400 ausschließlich weibliche Gäste kommen normalerweise in einem der Zelte zusammen und feiern für den guten Zweck. Doch dieses Jahr fällt die Sause zugunsten von Sixts Kinderhilfe-Stiftung „Tränchen Trocknen“ aus. Der Grund: die Sorge um die Sicherheit der Besucherinnen.

Regine Sixt ist nicht die einzige Organisatorin, die dieses Jahr ihre Veranstaltung auf dem Oktoberfest absagt, doch ihr Rückzug hat Symbolwirkung. Seit den Attacken von Ansbach und Würzburg hat die Angst vor Anschlägen auf das größte Volksfest der Welt noch einmal zugenommen.

Oktoberfest 2017 mit überarbeitetem Sicherheitskonzept

Die Stadt München hat zusammen mit der Polizei das Sicherheitskonzept überarbeitet. Erstmals soll in diesem Jahr die gesamte Münchner Theresienwiese eingezäunt werden, große Rucksäcke sind ganz verboten, kleine Taschen werden an den Eingängen durchsucht. Für Wiesn-Besucher ist das ein Novum.

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Ähnliche Maßnahmen hat auch der FC Bayern München gerade für die Besucher der Allianz Arena erlassen. Nun stellt sich die Frage, wie groß die wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Oktoberfest sein werden: Wie viele Gäste verzichten auf den Besuch im Festzelt? Kommen weniger Touristen? Sagen Unternehmen reihenweise ihre Kundenveranstaltungen ab?

Für München ist das Oktoberfest von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung. Etwa eine Milliarde Euro geben die Besucher jedes Jahr in der Stadt aus. Im vergangenen Jahr zahlten die Wiesn-Touristen allein für ihre Übernachtungen 451 Millionen Euro, auf dem Oktoberfest gaben sie 364 Millionen Euro für Bier, Brathendl und Achterbahnfahrten aus, und im Rest der Stadt bescherten sie Taxifahrern, Restaurants und Einzelhandel zusätzliche Umsätze in Höhe von weiteren 255 Millionen Euro.

„Die Wiesn nicht kaputtreden“

Kein Wunder, dass sich vor allem die Veranstalter und Gastronomen um Beruhigung bemühen. „Man muss jetzt aufpassen, dass man die Wiesn nicht kaputtredet“, warnt Wirte-Sprecher Roiderer im Gespräch mit der „Welt“. „Es kann überall etwas passieren, ein Leben ohne Risiko gibt es nicht.“

Die offizielle Sprachregelung der Gastronomen lautet: Es gibt vereinzelte Stornierungen, aber dann werden die Plätze mit Reservierungswünschen von der Warteliste aufgefüllt. Die Nachfrage nach Plätzen auf dem Oktoberfest sei immer noch größer als das Angebot.

Seit Wochen argumentieren die Wirte so, da kommt die öffentlichkeitswirksame Absage von Regine Sixt extrem ungelegen. Die 73-Jährige ist fester Bestandteil der Münchner Schickeria, ihre Damen-Wiesn gehört zum Oktoberfest-Kalender wie der Promi-Almauftrieb im Käfer-Zelt.

Lokale Prominente haben ihre Reservierungen storniert

Der findet statt – zumindest nach heutigem Stand, sagt eine Sprecherin. Doch auch weitere lokale Prominente haben ihre Reservierungen storniert. Der frühere Hugo-Boss-Chef Werner Baldessarini hat laut „Abendzeitung“ seine Feier gestrichen, bei der sonst von Ralf Moeller bis Uschi Glas viele Stars und Sternchen mitschunkelten.

Doch explizit auf die Terrorgefahr als Grund für die Stornierung hingewiesen hat bislang nur Sixt. In einer Stellungnahme schreibt sie, dass sie selbst zwar das Oktoberfest besuchen werde. „Jedoch trage ich als Gastgeberin der Damen-Wiesn auch die Verantwortung für mehr als 1000 Frauen, die für den guten Zweck zusammenkommen“, heißt es. „Lange Beratungen mit vielen meiner Freundinnen sowie deren Zurückhaltung haben mich letztlich zu meinem Entschluss kommen lassen.“

So wichtig die Promi-Events für die öffentliche Wahrnehmung des Oktoberfestes sind, das Geld wird vor allem mit den Firmenveranstaltungen verdient. Zahlreiche Unternehmen laden wichtige Kunden, aber auch Mitarbeiter und Geschäftspartner jedes Jahr auf die Wiesn ein und reservieren dafür gleich mehrere Tische. Wenn diese Veranstaltungen abgesagt würden, träfe das die Gastronomen ungleich heftiger.

Große Unternehmen reduzieren ihre Kontingente

Michael Schottenhamel vom gleichnamigen Festzelt berichtet nur von einer Firma, die die Zahl ihrer Plätze halbiert hat. Außerdem gebe es noch einige Stornierungen von Privatleuten.

Aus seiner Sicht ist die Terrorangst bislang kein großes wirtschaftliches Problem. „Es darf bis dahin nur nichts mehr passieren“, sagt Schottenhamel. Auch im Weinzelt habe es nur unmittelbar nach dem Amoklauf im Münchner Olympia-Einkaufszentrum eine Stornierung durch ein Unternehmen gegeben. Sonst halten alle an ihren Tischen fest.

Doch auch aus Wirtskreisen ist zu hören, dass einige große Unternehmen ihre Kontingente deutlich reduziert hätten. Die Deutsche Bank werde dieses Jahr beispielsweise erheblich weniger Tische belegen als in früheren Jahren. Das Institut wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern.

Tisch für Oktoberfest in München immer schwer zu bekommen

Dass die Reservierungen bislang nicht massenhaft abgesagt werden, dürfte auch daran liegen, dass es extrem schwer ist, sie überhaupt zu bekommen. Wer einmal einen Tisch auf dem Oktoberfest ergattert hat, gibt ihn nur ungern wieder her, denn im nächsten Jahr werden die Gäste aus dem Vorjahr bevorzugt mit Reservierungen versorgt. Doch dass die bestellten Plätze nicht storniert werden, heißt deshalb noch lange nicht, dass die Gäste auch tatsächlich kommen.

Friedrich Steinberg, Wirt des Hofbräu-Zeltes auf dem Oktoberfest, fürchtet einen Effekt wie nach den Terroranschlägen in New York im Jahr 2001. Damals war nur wenige Tage nach den Angriffen auf das World Trade Center die Wiesn eröffnet worden.

„Damals sind viele nicht gekommen, obwohl sie vorher nicht storniert hatten“, erinnert sich Steinberg. „Ich habe die Sorge, dass auch dieses Jahr nicht alle Gäste auch wirklich kommen werden.“ Bislang habe nur eine Firma ihre Kundenveranstaltung komplett storniert. Die hätte eigentlich an einem Freitagabend stattfinden sollen – einem der begehrtesten Termine für eine Reservierung. „Ich habe mich sehr gefreut, dass ich die Tische wieder vergeben konnte, die Plätze sind schon weg“, sagt Steinberg.

Zwei Maß Bier und ein halbes Hendl pro Reservierung

Ihm sind komplette Stornierungen lieber als Gäste, die dann nicht auftauchen oder ihre Tische nur zur Hälfte füllen. Zwar sind seine Reservierungen wie in allen Wiesn-Zelten über einen Mindestumsatz abgesichert. Schon Monate vor der Wiesn müssen pro reserviertem Platz in der Regel Gutscheine im Wert von zwei Maß Bier und einem halben Hendl abgenommen werden. Die Reservierung eines Zehn-Personen-Tisches kostet daher meist zwischen 300 und 400 Euro. Doch wenn die Gäste tatsächlich zum Feiern kommen, konsumieren sie in der Regel deutlich mehr.

Und es gibt ein weiteres Problem für den Wirt: Die Gutscheine, die man für den Mindestumsatz erhält, können auch nach dem Ende des Oktoberfestes noch in den Restaurants der Gastronomen eingelöst werden. „2001 haben das viele gemacht, die nicht gekommen sind“, sagt Steinberg.

Das drückt auf Umsatz und Gewinn der Wirte. „Ich rechne mit einer deutlich schlechteren Wiesn als im vergangenen Jahr – und damals lagen wir schon zehn Prozent unter dem Vorjahresumsatz“, sagt Steinberg. Entsprechend verärgert reagieren viele Gastronomen hinter vorgehaltener Hand auf den Rückzieher von Regine Sixt.

Einige der eingeladenen Damen seien sicher ganz froh, dass sie diesen Termin nicht wahrnehmen müssen, sagt einer. Es sei schließlich ohnehin eine ziemlich langweilige Veranstaltung. Nur einer nimmt kein Blatt vor den Mund: Wirtesprecher Roiderer. Auch er vermutet nicht die Terrorangst allein als Auslöser der Absage der Damen-Wiesn. „Das ist ein guter Werbegag, mit dem sie sich mal wieder in Szene setzen kann“, schimpft er. „Von Werbung verstehen sie ja etwas bei Sixt.“

Quelle: Welt-online vom 25.08.2016

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Aha geht also den Münchnern der Hintern auf Grundeis ? Nach den Anschlägen sind da auch einige aufgewacht. Bei den Horden die in München unterwegs sind würde ich auch nicht aufs Oktoberfest gehen. Aber man will ja weltoffen sein und nimmt immer noch mehr auf.

Birgit
7 Jahre zuvor

Tja, dies hätten sich die Herrschaften am Weißwurschtäquator nicht träumen lassen. Die bayerische Gemütlichkeit und Mentalität wird zerstört, genau wie in allen anderen Bundesstaaten. Schmeißt die Geschäftsführungen endlich raus, dann kehrt Ruhe ein und das Oktoberfest ist wieder das was es mal war.

Baufutzi
Baufutzi
7 Jahre zuvor

Die bekommen die Gutmenschen den Arsch versohlt. Ich fühle da etwas Schadenfreude in mir aufsteigen. Hoffentlich wird da von Seiten der „Neudeutschen“ordentlich zugelangt.

Schmid von Kochel
Schmid von Kochel
7 Jahre zuvor

Die Wiesn umzäunt wie ein Gefängnis,gehts noch ? Sollen jetzt alle Volksfeste umzäunt werden ? Als Deutscher eingezäunt und die Merkelschen Gäste strömen weiter illegal ins Land. Mein Gott, wo leben wir denn? Was soll ein Zaun denn an Sicherheit bringen ?
In Stuttgart hat man den Amis trotz Zaun und Bewachung Munition und Kriegswaffen gestohlen, die schlafen doch auch nicht. Irgendwas stinkt in München auf dem Oktoberfest, da bin ich mir fast sicher. Ich als Münchner gehe auf alle Fälle auch nicht dorthin. Im Moment ist alles möglich, glaubt es mir, denn bei dieser Gesetzlosen Politik wird gelogen dass sich die Balken biegen, Frauen und Kinder als Sexobjekte geschändet und auf Anweisung totgeschwiegen, d.h. im Klartext dass mittlerweile Anweisungen über dem Gesetz stehen. Vogelfreiheit an den Deutschen, so ist es.
Oder seht Ihr das anders ?

Birgit
7 Jahre zuvor

Ja, und die Bahnhofklatscher kriegen zu erst auf die Glocke !

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Wers glaubt dass den Amis die Waffen gestohlen wurden glaubt auch an den Osterhasen.
Wenn wirklich sind sie schön blöd. Aber die Waffen haben gewisse Leute bekommen. Wetten?

Tja das weltoffene München mit seiner schönen Vielfalt die man so gerne betont kriegts knüppeldick. Wenn jetzt schon die ersten Leute ihre reservierten Zelte/Tische absagen gibts für die Wirte nichts zu holen. Da wird dann der Hass auf die Politik ordentlich befeuert. Mia san mia…….