Der WDR: Zensurbehörde, Auktionshaus oder bloß ein Gebührengrab?

13.09.2015
Markus Mähler

Ist das noch eine Fernsehanstalt oder schon ganz Parodie: Der WDR hat alles im Programm, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk falsch macht. Der zweitgrößte Sender Europas zahlt üppige Pensionen und kassiert mit Gemälden bei Sotheby’s. Im »Herzen der ARD« klafft zwar ein riesiges Finanzloch – aber die Chefredakteurin Sonia Mikich sendet in Gutsherrenmanier, was ihr »politisch und persönlich wichtig« ist. Ein Kanal zwischen Zensur und Zuschauerkritik.

»Sender, die solche Mätzchen machen, sind nicht mehr ernst zu nehmen! […] Diese Luder! Widerwärtig!« Nein, die Hasstirade gegen den WDR stammt ausnahmsweise nicht von aufgebrachten Zuschauern. Jetzt nimmt sogar der Philosoph und Künstler-Papst Bazon Brock den zweitgrößten Sender Europas unter Beschuss – als aufgeblähter und dekadenter Apparat mit 4000 Mitarbeitern bietet er eben Angriffsfläche für alle.

Brock spuckt Gift und Galle gegen die Pläne von WDR-Intendant Tom Buhrow. Der will im nächsten Frühjahr die sendereigene Kunstsammlung in London durch Sotheby’s versteigern lassen. Allerdings nicht den gesamten Bestand von 600 Gemälden, sondern bloß 50 Bilder. Was genau unter den Hammer kommt, verrät Buhrow nicht, doch einige Bilder werden im siebenstelligen Bereich taxiert.

Der Westdeutsche Rundfunk ist übrigens nicht ganz so elitär. Auch die anderen öffentlich-rechtlichen Sender horten eine eigene Kunstsammlung. Hatten die Intendanten Lust, wurde auch Sammlerkunst eingekauft. Am Ende zahlte ja der Zuschauer über die Gebühren.

563 Millionen: Gehälter und Pensionen fressen die Gebühren auf


Langjährige Redakteure bekamen neben der üppigen Pension sogar ein Gemälde aus der WDR-Sammlung als Abschiedsgeschenk. Diese Zeiten sind vorbei: Intendant Buhrow verwaltet ein 27,7 Millionen Euro großes Finanzloch. So hoch war der Verlust 2014, im Jahr davor verbrannte das »Herz der ARD« sogar unglaubliche 66,7 Millionen.

Buhrow hat also noch größere Baustellen als Bürogänge, die mit Emil-Nolde-Bildern zugepflastert sind. Werden die gebührenfinanzierten Gemälde jetzt in London versteigert, entgehen dem deutschen Staat Steuereinnahmen. Diese steuerfreien Nebeneinkünfte sind aber nur Peanuts im Vergleich zu den Personalkosten, die beim WDR immer mehr aus dem Ruder laufen.

Wer beim WDR mit einem Vertrag versorgt war, der ging auch mal mit mehr als 100 Prozent des letzten Gehalts in den Ruhestand. Inzwischen explodieren deshalb in der Jahresbilanz die Posten »Gehälter« und »Pensionen«: 2012 waren es noch 453,7 Millionen, 2013 bereits 535 Millionen und im letzten Jahr 562 Millionen.

Weshalb sich Deutschland den teuersten Staatsfunk der Welt leistet

Der gefräßige WDR ist mit diesem Problem aber nicht allein: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen für immer mehr Ex-Mitarbeiter den Ruhestand vergolden. Deutschland leistet sich den teuersten Staatsfunk der Welt, der zum Gebührengrab verkommt, und das wortwörtlich: Bei WDR, SWR, BR und Co. kassiert man 100 Prozent bis zum letzten Atemzug.

2008 mussten die Deutschen noch 7,3 Milliarden für den Rundfunkbeitrag zahlen, heute ist es schon eine Milliarde mehr und die ARD-Anstalten haben für 2017 bereits wieder mehr Gebühren gefordert. Der Medienexperte Hans-Peter Siebenhaar glaubt inzwischen nicht mehr daran, dass Anstalten wie der WDR »überhaupt wirtschaftlich geführt werden«: »Über ein halbes Jahrhundert wurden aufkommende Finanzlöcher schlicht und einfach über immer höhere Rundfunkgebühren gestopft.«

Der Zensurwitz: Hin und Her beim Geschlechterkampf

Wer beim WDR arbeitet, der verliert schneller als anderswo jeden Bezug zur Selbstkritik. 2014 versorgte Intendant Tom Buhrow die Journalistin Sonia Mikich mit dem Amt der Chefredakteurin. Beide arbeiteten übrigens anderthalb Jahre im ARD-Studio Paris zusammen, später war Mikich das Gesicht des Polit-Magazins Monitor.

Kurz nach ihrer Nominierung beim WDR twitterte sie aufgeregt: »Nein, kein Amt, sondern Superjob. Vorfreude und Respekt.« Auch im Antritts-Interview mit dem Berliner Tagesspiegel war Mikich noch unbequem und voller Tatendrang: »Ich mag Bullshit einfach nicht. Ich mag gerne klare Ansagen.« Was sie damals auch nicht mochte: Leute, »die von der eigenen heißen Luft nach oben getragen werden«.

Und heute, kein Jahr später? Eiert sich ein kritikresistenter WDR mit der Chefredakteurin Mikich durch das Programm und produziert dabei viel heiße Luft. Symptomatisch dafür ist der Zensurwitz um Plasbergs Talk zur Geschlechterdebatte: »Nieder mit dem Ampelmännchen – Deutschland im Gleichheitswahn?« Ende August verschwand die uralte Sendung vom 2. März plötzlich aus der Mediathek und landete im Giftschrank – weil sie »von Frauenverbänden und Gleichstellungsbeauftragten als unseriös empfunden« wurde. Nach sechs Monaten muss das auch zum Westdeutschen Rundfunk durchgedrungen sein.

»Persönlich wichtig«: Eine politisch überkorrekte Farce

Später hieß es dort aber wieder: Kommando zurück. Plasbergs Gender-Talk kam wieder in die Mediathek. Warum? Das begründete der WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn so: »Dass daraus der Vorwurf der Zensur und Selbstzensur abgeleitet würde oder der Eindruck, wir seien vor Lobbygruppen eingeknickt, hatte ich mir nicht vorstellen können.«


Der Witz ging aber noch weiter. Plasberg musste noch einmal ran und die Sendung in Originalbesetzung wiederholen. Jetzt wurde das Ganze aber gender-affiner, frauenbewegter und weniger chauvinistisch gedreht, damit endlich der passende Talk in der Mediathek steht.

Die politisch überkorrekte Farce kostete den Sender Gebührengelder satt – das war es Sonia Mikich aber offenbar wert. Eine WDR-Chefredakteurin, die noch vor einem Jahr »heiße Luft« und »Bullshit« hasste, sagte jetzt über das unsägliche Hin und Her: Das »Gender-Thema« sei ihr »politisch und persönlich wichtig«. Zeigte Mikich etwa »persönlich« klare Kante, nur weil frauenbewegte Lobbygruppen Druck machten?

Zuschauerkritik: »Das finde ich furchtbar«

Zuschauerkritik, die ihr »persönlich« nicht so wichtig ist, wird anders behandelt. Etwa, wenn der WDR russische Panzer einfach durch die Ukraine rollen lässt, das aber gar nicht stimmt. Sonia Mikich sorgte sich in solchen Fällen lieber um das Ego ihrer Journalisten, weniger um die grobe Manipulation der Berichterstattung: »Das hält uns von unserer journalistischen Arbeit ab. Es verunsichert meine Korrespondenten, und das finde ich furchtbar Die Chefredakteurin des WDR bekommt seit einiger Zeit stapelweise ähnliche Programmbeschwerden auf den Tisch – und das von einem Verein, der sich auf Zuschauerkritik spezialisiert hat.

Die »Ständige Publikumskonferenz« schlägt dabei die Öffentlich-Rechtlichen mit den eigenen Waffen. Weil dort alles bürokratisiert ist, gibt es auch formale Programmbeschwerden, mit denen sich der Rundfunkrat im Sender beschäftigen muss. Der Kritiker-Verein dokumentiert jeden noch so kleinen Fehler, verpackt ihn in eine ausgefeilte Programmbeschwerde und die Journalisten müssen dazu Stellung beziehen. Reagieren Sie nicht, hat das ein juristisches Nachspiel. »Sich damit zu beschäftigen, ist ein enormer Aufwand«, klagt Mikich.

»Warum Gebühren für ein Produkt, das kaum noch jemand sieht?«

Zensur, Zuschauerkritik, üppige Pensionen, das Finanzloch und eine riesige Kunstsammlung – der WDR ist wirklich eine Anstalt, die reich ist an Problemen. Gerade hat der Sender wieder einmal fünf Millionen Euro versenkt. Auf der Suche nach jungen Zuschauern gab es in der letzten Woche eine »Programmoffensive«. Die jungen Wilden haben von den zwei neuen Sendungen aber gar nichts mitbekommen. »Meuchelbeck« und »Das Lachen der anderen« fielen mit 0,8 Prozent Marktanteil durch.


In Nordrhein-Westfalen schalten immer weniger Menschen überhaupt den WDR ein. Intern rumort es bereits: Ein freier Mitarbeiter brachte gerade die Stimmung in einer geschlossenen Facebook-Gruppe auf den Punkt. Das alles sei »nicht mehr lustig, da […] garantiert irgendwann die KEF mit der Frage kommt: Warum Gebühren für ein Produkt, das kaum noch jemand sieht?« Vielleicht löst sich das Gebührenproblem irgendwann von selbst – nicht nur beim WDR. Der Sender wird in diesem Jahr 60, das Durchschnittsalter seiner Zuschauer liegt schon darüber. Das seiner Pensionäre sowieso.

Quelle: Kopp-online vom 13.09.2015

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