Rainer Wendt: „Unsere Instrumente reichen nicht für Menschen, die den Tod lieben“

Durchsuchung in Chemnitz nach einem geplanten Bombenanschlag

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, sieht die Schuld am Tod des Terroristen Al-Bakr nicht nur bei den Behörden. „Wir müssen uns auf eine völlig andere Bedrohungslage einstellen, mit Menschen die den Tod nicht fürchten“, sagt er im Interview mit Sputnik.

Was haben Sie gedacht, als Sie von dem Suizid Al-Bakrs erfahren haben?

„Das darf doch wohl nicht wahr sein“, habe ich gedacht. Ich bin davon ausgegangen, so wie jeder andere wahrscheinlich auch, dass eine ganz engmaschige und lückenlose Überwachung des Verdächtigen erfolgt sei, und dass so etwas eigentlich deshalb ausgeschlossen ist. Aber jetzt sind wir alle schlauer.

Haben denn die Behörden Ihrer Meinung nach etwas falsch gemacht und wenn ja, dann was?

Also formell kann man den Behörden keinen Vorwurf machen, sie haben sich an die Vorschriften gehalten. In solchen Fällen ist es eine ganz normale Vorgehensweise, dass man eine Fallkonferenz macht und dann die Psychologin befragt, welche Einschätzung sie hat. Der Fehler liegt meiner nach Auffassung darin, dass die Einschätzung der Psychologin allein ganz offensichtlich die Überwachungsintensität bestimmt hat. Hier hätte man wegen der besonderen Bedeutung dieses Falls und auch des Tatverdächtigen anders entscheiden müssen.

Aber was sagt es über die Psychologin aus, wenn sie jemanden, der ein Selbstmordattentat begehen wollte, als nicht Suizid-gefährdet einstuft? Jemand, der Essen und Trinken verweigert und sich schon an der Elektrik seiner Zelle zu schaffen gemacht hat? Ist man in den Gefängnissen nur auf die Meinung der Psychologin angewiesen oder gibt es dann nicht noch andere Verfahren, die man hätte einleiten müssen?

Nun, sie sind nicht allein darauf angewiesen, die letzte Entscheidung liegt beim Chef der Anstalt. Der hätte meiner Ansicht nach berücksichtigen müssen, dass es sich um einen besonderen Fall handelt. Denn es ist ja eigentlich nur dem Zufall geschuldet, dass ein Amtsrichter die Inhaftierung schon angeordnet hatte, sonst wäre er ja sowieso schon längst in Karlsruhe gelandet, in einer Justizvollzugsanstalt, die wesentlich mehr Erfahrung im Umgang mit solchen Tätern hat.

Ich würde es auch gar nicht alleine auf die Psychologin beziehen. Ich glaube, dass die Instrumente, die wir haben, für die normale Kriminalitätsbekämpfung geeignet sind. In der sich blitzschnell entwickelnden Terrorismusbekämpfung müssen diese Instrumente möglicherweise aber noch einmal überprüft werden. An der einen oder anderen Stelle taugen sie vielleicht auch ganz einfach nicht für Menschen, die den Tod lieben und eigentlich den Tod auch herausfordern.

Das bedeutet, die Gefängnisse sind eigentlich gar nicht in der Lage, solche Menschen aufzunehmen?

Nicht nur die Gefängnisse, auch die Gerichte, auch die Polizei selbst hat im Umgang mit solchen Attentätern noch Einiges nachzuholen, in taktischer sowie in strategischer Hinsicht. Wir müssen uns auf eine völlig andere Bedrohungslage einstellen mit Menschen, die den Tod nicht fürchten. Denn womit möchte man solche Menschen noch bedrohen? Die kann man auch nicht mit einem Schusswaffengebrauch oder mit einer Haftstrafe bedrohen — und genau auf diese Entwicklung müssen wir uns einstellen.

Auch was die Gesetze angeht: Es kann nicht sein, dass sie einen Unterschied machen, ob jemand in Strafhaft oder in Untersuchungshaft ist. Es muss obligatorisch sein, dass beispielsweise ein Terrorverdächtiger rund um die Uhr videoüberwacht wird, auch in seiner Zelle. Die vielen Vorgaben, die der Gesetzgeber gemacht hat, waren für andere Fälle vielleicht geeigneter, da kann man einen anderen Schwerpunkt setzen, aber das kann nicht für Terrorverdächtige gelten.

Jetzt ist es ja auch schon so, dass die Festnahme misslang, Al-Bakr von Chemnitz nach Leipzig gefahren ist und sich dort am Hauptbahnhof mit anderen Syrern getroffen hat. Wie kann das sein, dass er niemandem aufgefallen ist, obwohl die Polizei zu dieser Zeit bereits alles kontrolliert hat?

Wir haben in ganz Deutschland und darüber hinaus nach diesem Mann gefahndet und natürlich hätte ein engerer Fahndungsring vielleicht auch Erfolg gezeigt. Aber man darf sich auch keine Illusionen machen. Die Videoüberwachung an den Bahnhöfen ist nicht so, dass sie Gesichtserkennungssoftware beinhaltet, die dann Alarm schlägt, wenn ein Täter ins Visier gerät. Soweit sind wir technisch noch nicht aufgestellt und personell sind wir auch nicht in der Lage, sämtliche Nahverkehrszüge, Straßenbahnen und dann auch noch die Straßen zu kontrollieren.

Radiointerview mit Rainer Wendt

Quelle: Sputnik vom 13.10.2016

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Dr.med Wilhelm Neumayr
Dr.med Wilhelm Neumayr
7 Jahre zuvor

Unvorstellbar, was mit den Flichtlingen an Aufwand bei den Sicherheitskräften hinzugekommen ist. Die EU ist wirklich eine Missgeburt, es gelingt ihr so gut wie nichts mehr. Die Bürger kann sie nicht mitnehmen und die Außengrenzen kann sie auch nicht schützen, ja wozu brauchen wir sie dann überhaupt noch?

Alexander Berg
7 Jahre zuvor

Es geht darum, dass der „Komfortsofa“-Verwöhnte Europäer endlich seinen Hintern in Bewegung versetzt und mal über seine eigenen Denk- und Verhaltensmuster nachdenkt, die diese Situation herbeiführen. Dabei macht es Sinn das konditionierte Verdrängungsprinzip der Schuldzuweisung zu unterlassen. Es geht um die Infragestellung der Konventionen und daraus sich ergebende Werkzeug und Institutionen. Stattdessen erhofft man sich, das „Gestrige“ nochmals erleben zu wollen – kollektives Wunschdenken.

Schmid von Kochel
Schmid von Kochel
7 Jahre zuvor

Grund genug für den totalen Überwachungsstaat, leider nur um Jahre zu spät.
Als sich Rudolf Hess (aufgehängt !!!) hat, kümmerte sich kein Mensch darum, ob die Bewachung ihre Aufsichtspflicht verletzt hat.
Wenn weltweit jeden Tag tausende von unschuldigen Kindern und alten Menschen durch Kriegswaffen ermordet werden, interessiert sich auch keiner mehr dafür.
Soll sich doch jeder selbst umbringen,wenn er will. interessiert auch keinen.

Birgit
7 Jahre zuvor

Was wird hier für eine Theater gemacht , wegen diesem Abschaum ?
Der hatte nicht die Gelegenheit im Namen Allahs andere Menschen in den Tod zu reißen. Was soll dieses verblödetet Politgelaber um diesen Terroristen ?

Weg und Deckel drauf, basta !

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Hört auf den Justizbeamten die Schuld zu geben. Der Kerl kostet uns schon kein Geld mehr. Sollen wir denn neben jeden einen Aufpasser stellen? Wer sich umbringen will bitteschön soll er und basta.

Dr.med Wilhelm Neumayr
Dr.med Wilhelm Neumayr
7 Jahre zuvor

Hallo Alexander Berg,
unsere Komfortsofas haben wir nicht geschenkt bekommen! Unsere Konventionen haben sich aus der jeweils ansässigen Bevölkerung heraus entwickelt und sind mit ihr gewachsen, was ist falschdaran? Auch unsere Verhaltensmuster haben sich entwickelt und sind nicht im luftleeren Raum entstanden. Was ist falsch am Heutigen? Das Gestrige brauchen wir wirklich nicht mehr, aber mit dem Heutigen könnten wir uns bescheidener weise mal zufriedengeben, wir haben doch alles Notwendige. Diese ewige Unzufriedenheit treibt die Welt eher in den Abgrund als dass sie Frieden stiftet.
Für mich hörst Du Dich so an, als ob Du bei den Bahnhofsklatschern mitgemacht hast. Dazu passt Dein witziges Bonmot, dass wir über unsere Denkmuster nachdenken sollen. Du hast es anscheinend mit dem Denken, kleiner Schlaumeier, was? Dann denke doch mal darüber nach, worin der Unterschied zwischen Verhalten und Verhaltensmuster besteht! Über das Muster braucht man nicht nachzudenken, das existiert bereits, wenn schon, dann kann man über das Verhalten nachdenken, während man ein Muster einfach entlarven oder entdecken kann. Wenn Du den Zufriedenen sagen willst, worum es geht und was Sinn macht, musst Du schon früher aufstehen. Du gans file gude mensh sein, wie megel un die gauug.

Dr.med Wilhelm Neumayr
Dr.med Wilhelm Neumayr
7 Jahre zuvor

Infragestellung ist Nominalstil. Aber dennoch hat der Beitrag von Alexander Berg bei mir Schuldgefühle ausgelöst. Ich fühle mich daher direkt moralisch dazu verpflichtet, mein Komfortsofa gegen eine Holzbank, 6 Hohlblocksteine oder ein Nagelbrett auszutauschen. Ich habe mich noch nicht entschieden, wofür genau. Jedenfalls besteht dann wegen der geringeren Schmerzen beim Sitzen die Möglichkeit, im Fernsehen Anne Will, Maybritt Illner oder gar das ZDF und die ARD leichter zu ertragen.

Birgit
7 Jahre zuvor

Mach das bloß nicht ! Könntest gesundheitlichen Schaden nehmen , falls Dich der ganze Dünnschiss, welcher aus der Verblödungskiste flimmert umhaut. Polsterung auslegen, Sturzhelm aufsetzen !

Dr.med Wilhelm Neumayr
Dr.med Wilhelm Neumayr
7 Jahre zuvor

Danke Birgit!