Kolonialmacht angeklagt – Gbagbo-Prozess: Schwere Vorwürfe gegen Frankreich

 

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Von Gerd Schumann
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Den Haag, 28. Januar: Laurent Gbagbo und Verteidiger Emmanuel Altit (r.) im Internationalen Strafgerichtshof

Waffen für Putschisten, Präsident gewaltsam gestürzt

Frankreich habe die Rekolonisierung der westafrikanischen Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) »mit Gewalt« betrieben. Die ehemalige Kolonialmacht und ihr Statthalter, der jetzige Präsident Alassane Ouattara, seien die Urheber des Krieges, der zwischen Dezember 2010 und April 2011 etwa 3.000 Opfer forderte. Ouattara habe mit Hilfe der französischen Fremdenlegionäre der »Opération Licorne« (Operation Einhorn) den früheren Präsidenten Laurent Gbagbo gestürzt. Die Millionenmetropole Abidjan sei dabei in eine »Kriegszone« verwandelt worden. Das erklärte am Montag vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag im Prozess gegen Gbagbo dessen Verteidiger Emmanuel Altit.

Im ersten Prozess überhaupt, den der ICC gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt führt, werden Gbagbo und sein Jugendminister Charles Blé Goudé von der Chefanklägerin Fatou Bensouda beschuldigt, nach den Stichwahlen zur Präsidentschaft am 28. November 2010 Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Gbagbo, der im April 2011 gemeinsam mit seiner Ehefrau Simone von Ouattaras Rebellentruppe NF (Nouvelles Forces) gefangengenommen worden war, hatte sich am Freitag für »nicht schuldig« erklärt. Nun legte seine Verteidigung nach.

Ihre Vorwürfe an Frankreich lauten: Paris habe zu keiner Zeit gewollt, dass »über Frieden verhandelt wird« – ein gewichtiger Anwurf, weil es mehrfach Vorschläge verschiedener Seiten für eine politische Lösung des Konflikts gegeben hatte. Statt dessen habe Frankreichs damaliger Präsident Nicolas Sarkozy »unerschütterliche Unterstützung für seinen Freund Ouattara« demonstriert.

Tatsächlich sind Sarkozy und der ehemalige Manager des Internationalen Währungsfonds (IWF) seit Beginn der 1990er Jahre eng befreundet. Ouattara, zeitweise ivorischer Premierminister (1990–1993), hat Frankreichs postkoloniale Deals mit den Schätzen des Landes am Golf von Guinea stets unterstützt: Kakao, Kaffee, Kautschuk. Zudem wurden wichtige Infrastrukturprojekte – Bau, Telekommunikation, Wasser, Strom – durch französische Großkonzerne abgewickelt.

Frankreichs seit 1990 betriebene Versuche, den sozialistisch und vor allem antikolonialistisch orientierten Gbagbo abzusetzen – unter anderem durch einen Militärputsch 1992 –, waren regelmäßig gescheitert. Auch das Ergebnis der Stichwahl vom November 2010 fiel nicht eindeutig aus und wird bis heute in Zweifel gezogen. Insbesondere aus dem von Ouattara kontrollierten Norden wurden massive Manipulationen gemeldet. Trotz anhaltender Streitigkeiten – beide Bewerber erhoben sich zu Präsidenten – erklärten die UN-Blauhelmtruppe UNOCI, Sarkozy, die EU und die USA Ouattara Anfang Dezember 2010 zum Sieger. Die Kontroverse zwischen neoliberalen und kolonialkritischen Kräften mündete in offene Gewalt.

Gbagbo-Verteidiger Altit erinnerte nun laut der Agentur AFP daran, dass »im Februar und März 2011 französische Flugzeuge schwere Waffen an Kämpfer des Ouattara-Lagers im Norden der Elfenbeinküste geliefert« hätten. Einmal mehr sei damit das von der UNO verhängte Waffenembargo gebrochen worden. Es habe zudem eine »bewusste Kampagne« gegeben, um Gbagbo als »eine Art Dämon« und Ouattara als »den Guten« darzustellen. »Seitens der Anstifter und Ränkeschmiede hat es während der gesamten Krise Pläne für eine Militäraktion gegeben – in Zusammenarbeit mit führenden französischen Militärs.«

Quelle: Junge Welt vom 02.02.2016

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