Regierungskrise in Brasilien: Oberster Bundesrichter stoppt Lulas Berufung ins Kabinett

Demonstrantin vor einem Lula-Banner in São Paulo
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Demonstrantin vor einem Lula-Banner in São Paulo

Brasiliens Ex-Präsident Lula stand kurz davor, Kabinettschef unter Staatschefin Rousseff zu werden – das hat jetzt der oberste Bundesrichter vorerst verhindert. Dem umstrittenen Politiker droht sogar Haft.

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Der frühere brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva darf vorerst doch nicht Stabschefs seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff werden. Der geplante Wechsel Lulas in die Regierung droht wegen Korruptionsermittlungen zu scheitern. Der oberste Bundesrichter Gilmar Mendes lehnte am Freitagabend die Berufung Lulas zum Minister ab, die den 70-Jährigen besser vor drohender Untersuchungshaft schützen würde.

Am Freitag hatte das Büro des Generalstaatsanwalts noch mitgeteilt, Lula dürfte sein Amt antreten, nachdem ein Gericht in Rio de Janeiro eine zweite Unterlassungsverfügung abgewiesen hatte, die die Ernennung Lulas von Mittwoch blockierte. Da jedoch zwölf weitere Verfahren anhängig waren, hatten Roussef und Lula ihren Plan noch nicht endgültig durchgesetzt.

Wie die Zeitung „Folha S. Paulo“ berichtete, legte das oberste Bundesgericht mit dem jetzigen Urteil die Verantwortung wieder in die Hände des Richters Sérgio Moro, der die Ermittlungen im Skandal um den Ölkonzern Petrobras leitet. Bei Auftragsvergaben an Bauunternehmen sollen viele Politiker Schmiergelder kassiert haben.

„Es wird keinen Putsch geben!“

Die Regierung kann gegen das Urteil vorgehen und eine Entscheidung des Plenums des Obersten Bundesgerichtshofs einfordern, das aber erst wieder am 30. März tagt. In der Zwischenzeit könnte Lula damit vorläufig in U-Haft kommen. Richter Mendes sprach von einem drohenden „Betrug an der Verfassung“. Rousseff hat Lula ihren Angaben zufolge zum Kabinettschef gemacht, um ihre Regierung zu stärken. Lulas Wechsel in die Regierung sei keine Flucht vor dem Zugriff der Justiz.

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Lula hatte seine Amtsvollmachten am Donnerstag bei einer Zeremonie im Präsidentenpalast übernommen, der Politiker soll seiner Nachfolgerin politische Rückendeckung geben. Rousseff droht die Amtsenthebung. Die Opposition wirft ihr vor, Haushaltszahlen geschönt und ihren Wahlkampf illegal finanziert zu haben.

Zuletzt waren viele Regierungsgegner auf die Straße gegangen, am Freitag formierte sich nun die Gegenseite: Hunderttausende Menschen protestierten für Rousseff und Lula. „Es wird keinen Putsch geben“, rief Lula in São Paulo seinen Anhängern zu. Dort beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren bis zu 250.000 Menschen, andere Quellen sprachen von 95.000 Demonstranten. Zu den Kundgebungen aufgerufen hatten Gewerkschaften und Rousseffs linke Arbeiterpartei in 22 Bundesstaaten.

Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas erlebt eine schwere Zeit. Das Land steckt in der tiefsten Rezession seit mehr als hundert Jahren. Ein Teil der Probleme ist hausgemacht. Dazu gehören Korruptionsvorwürfe gegen hohe Würdenträger, Vetternwirtschaft und soziale Missstände.

Quelle: Spiegel-online vom 19.03.2016

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