Urteil: Antisemitisches Schmährelief an der Stadtkirche der Lutherstadt Wittenberg darf hängen bleiben

Die antisemitische Skulptur an der Sankt Marien Kirche in Wittenberg (dpa/picture alliance)
Die antisemitische Skulptur der „Judensau“ aus dem Mittelalter. (dpa/picture alliance)

Das antisemitische Schmährelief an der Stadtkirche der Lutherstadt Wittenberg darf hängen bleiben.

Das Oberlandesgericht Naumburg wies die Berufungsklage gegen ein Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau ab. Geklagt hatte ein jüdisches Gemeindemitglied. Weil der Mann sich selbst und das Judentum insgesamt durch die Darstellung aus dem Mittelalter diffamiert sieht, hatte er die Entfernung von der Außenfassade der Kirche verlangt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht ließ eine Revision zu. (AZ: OLG Naumburg 9 U 54/19)

Das antisemitische Relief aus dem 13. Jahrhundert ist unter dem Begriff „Judensau“ bekannt. Es zeigt ein weibliches Hausschwein, an deren Zitzen sich Menschen laben, die Juden darstellen sollen. Ein Rabbiner blickt dem Tier unter den Schwanz und in den After. 1570 kam die Inschrift „Rabini-Schem HaMphoras“ hinzu. Sie ist vermutlich inspiriert von Luthers antijüdischer Schrift „Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi“ aus dem Jahr 1543. „Schem Ha Mphoras“ steht für den Namen Gottes im Judentum, den gläubige Menschen nicht aussprechen. 1988 wurde zusätzlich eine Informationstafel zu dem Relief angebracht.

„In ein Gedenkensemble mit anderem Sinn eingebettet“

Der Vorsitzende Richter Volker Buchloh erläuterte, der Straftatbestand der Beleidigung sei damit nicht erfüllt. Die Zurschaustellung der Reliefs verletzt nicht die Ehre der Juden, da es inzwischen in ein Gedenkensemble mit anderem Sinn eingebettet sei. Der Informationstext bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich die Kirchengemeinde vom verhöhnenden und beleidigenden Charakter des Reliefs und der Missachtung von Juden distanziere.

Die beklagte Kirchengemeinde ist Eigentümerin der unter Denkmalschutz stehenden und zum Unesco-Welterbe gehörenden Stadtkirche. In der Vorinstanz hatte auch das Landgericht Dessau-Roßlau die Klage abgewiesen, weil es den Tatbestand der Beleidigung nicht als erfüllt ansah.

Quelle: Deutschlandfunk vom 04.02.2020


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ulrike
ulrike
4 Jahre zuvor

Wir sollten nicht alles aus unserer Vergangenheit löschen. Das war so und sollte deshalb auch bleiben. Genauso blöd wie man jetzt Strassennamen ändert. Wir spinnen doch so langsam.