Ein Plädoyer für den Krieg: US-Strategen machen mobil

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Ein Plädoyer für den Krieg: US-Strategen machen mobil

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Prominente Stimmen der Außenpolitik liefern gegenwärtig in den USA die Begründung für einen neuen Krieg. Mit dem Ende der Amtszeit von Barack Obama verschärft sich der Ton. Die Diskussionen der außenpolitischen Strategen passen dazu, dass die NATO an der russischen Grenze mobil macht. Professor Stephen Walt, außenpolitische Berater-Ikone, formuliert deutlich eine neue Sehnsucht nach Krieg, um so den Zusammenhalt der US-Nation zu sichern.

von Malte Daniljuk

Die letzte Amtszeit von Barack Obama neigt sich dem Ende entgegen. Wie so häufig vor einer neuen Legislatur laufen die außenpolitischen Debatten heiß. Bei den einschlägigen Think-Tanks werden Bilanzen und Konzepte publiziert, mit denen sich die Großköpfe aus den Hinterzimmern bei der neuen Regierung bewerben. Dadurch lassen sich bereits heute zukünftige strategische Orientierungen erahnen.

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Dass die amerikanische Außenpolitik in den kommenden Jahren nicht freundlicher wird, muss bereits als sicher gelten. Insbesondere die militärische Zurückhaltung unter Barack Obama dürfte sich angesichts zweier Kandidaten erledigt haben, die in unterschiedlicher Weise dem Gedanken des American Exceptionalism anhängen.

Während die ehemalige Außenministerin die besondere Rolle der Vereinigten Staaten vor allem in ihren liberalen Werten begründet sieht, tendiert Donald Trump eher zu einem Hyperrealismus unter dem Motto: „America First“. Dass er den Menschenrechtsimperialismus seiner Gegnerin vollmundig kritisiert, bedeutet keineswegs mehr Respekt für die Anliegen anderer Länder.

Im Gegenteil hat Donald Trump bereits ein außenpolitisches Programm vorgestellt, in dem Unilateralismus und Willkür deutlich durchscheinen. „Ich bin sehr skeptisch gegenüber internationalen Organisationen, die uns fesseln und Amerika nach unten ziehen“, so seine Einstellung zu multilateralen Vereinbarungen.

Große Teile des außenpolitischen Establishments warten ohnehin nur darauf, dass Obama das Weiße Haus verlässt, um zu der Politik vor dem Jahr 2009 zurückkehren zu können. Ähnliches gilt für einige Verbündete wie die Golfstaaten und Israel. Ein großes offenes Feld stellt dabei Syrien dar. Gemeinsam mit Saudi-Arabien und den Golfstaaten hatte die CIA im Jahr 2013 eine „Rote Linie“ für die Regierung von Bashar Al-Assad vorbereitet. Kaum hatte Präsident Obama sie verkündet, explodierten in Ghuta die Giftgasgranaten.

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Dass die USA im Sommer 2013 nicht begannen, Damaskus zu bombardieren, ist der russischen Regierung zu verdanken. Präsident Wladimir Putin bezeichnete John Kerry damals öffentlich als einen Lügner. Dieser hatte behauptete, er verfüge über „Beweise“, dass die syrische Regierung das Giftgas eingesetzt habe. Wie Seymor Hersh später herausfand, waren es mit dem Westen verbündete islamistische Söldner, die das Giftgas eingesetzt hatten.

Seitdem fährt die US-Regierung einen Schlingerkurs: Offiziell bekämpfen ihre Truppen den „Islamischen Staat“ in Syrien und dem Irak. Bis zum Eingreifen der russischen Luftwaffe hatten die amerikanischen Truppen damit bemerkenswert wenig Erfolg. In der vergangenen Woche forderten nun 51 teils prominente Mitarbeiter des Außenministeriums, umgehend die Regierungstruppen von Baschar al-Assad anzugreifen.

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„Ein Plädoyer gegen den Frieden“

Wie die aggressive Stimmung im außenpolitischen Establishment mittlerweile wieder ist, zeigt ein aktueller Beitrag von Stephen Walt. Er hat seine Professur für Internationale Politik an der Harvard-Universität seit 18 Jahren inne. Insofern kann dem Erfinder des Konzeptes der „Balance der Bedrohung“ durchaus zugestanden werden, dass er die Stimmung in Washington gut einschätzen kann. Vor allem dürfte er ein gewisses Gespür dafür besitzen, was explizit aussprechbar ist und was nicht.

In seinem aktuellen Beitrag für Foreign Policy rechnet Professor Walt mit dem Frieden ab. Zum Ausgangspunkt für seine Generalabrechnung wählt er das Blutbad im Mittleren Osten und die Krise der EU. Ganz so, als ob dies ohne Zutun der amerikanischen Außenpolitik geschehen sei, will Walt darin eine naturwüchsige Krise von Staaten sehen. Unter Verweis auf ältere Autoren kommt Walt zu dem Schluss, dass nur Kriege und Konflikte die Nation zusammenschweißen.

„Leider bedeutet dies Argument auch“, bedauert Professor Walt, „dass die Ankunft des Friedens einen negativen Einfluss auf die nationale Einheit haben kann.“ Wer bis zu diesem Punkt der Argumentation noch auf eine überraschende Pointe gewartet hat, wird enttäuscht. Unter Verweis auf Michael Desch findet der Großkopf der US-Außenpolitik viele historische Beispiele, in denen angeblich starke und geeinte Nationen aus dem Stahlgewitter des Krieges hervorgingen.

Wie zu erwarten, schließt Stephen Walt mit der allgemeinen Klage aller „Kalten Krieger“ an: Dieser Quell der nationalen Einheit sei mit dem Ende des Kalten Krieges versiegt. Demnach entstehen „interne Uneinigkeit und eine Schwächung der staatlichen Effizienz“ nicht etwa aus der Kürzung öffentlicher Mittel und sozialer Verelendung. Nein: Schuld hat der Frieden.

„Für mich klingt das plausibel“, so der Professor für Internationale Beziehungen, um doch gleich einen vorhersehbaren Einwand gegen sich zuzulassen: Was ist eigentlich mit Al-Kaida, dem Krieg gegen den Terror und der neuen russischen Bedrohung? Diese Bedrohungen seien „einfach nicht ernst genug, um die nationale Einheit herzustellen, die eine echte internationale Konkurrenz produziert“.

„Kurz gesagt, wenn der Kalte Krieg die ‚perfekte‘ Bedrohung war, um die nationale Einheit zu erzeugen, dann ist der Terrorismus vielleicht die ‚schlimmste‘ Art der Gefahr für den Zusammenhalt der Vereinigten Staaten. Er wird einfach nicht genug gefürchtet, um eine neue ‚Große Generation‘ nach vorne zu bringen.“

Kein Zweifel: Es gibt in der amerikanischen Außenpolitik wieder prominente Stimmen, die ein starkes Bedürfnis nach Krieg formulieren. Wie immer kommt die Begründung für den Waffengang mit nationalistischer Stimmungsmache daher. Wie immer ignoriert die faschistoide Mobilmachung die eigene, jüngere Geschichte. Oder um es gleich mit den Worten von Stephen Walt zu belegen:

„Je weniger wir von der Außenwelt bedroht werden, desto anfälliger sind wir für hässlichen Streit zu Hause. Noch schlimmer: Der Frieden kann sogar die Samen seiner eigenen Zerstörung beinhalten. Wie wir heute im Nahen Osten sehen, kann der Zusammenbruch der Einheit und der staatlichen Autorität leicht heftige interne Konflikte auslösen, die schließlich auswärtige Mächte anziehen.“

Nicht jeder Professor muss Ursachen und Folgen sauber auseinanderhalten können. In den USA heißt es aktuell: War is Peace, Freedom is Slavery, Ignorance is Strength.

Quelle: Russia Today (RT) vom 23.06.2016

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