Sitzstreik am Lübecker Bahnhof – Flüchtlinge erzwingen Weiterreise nach Schweden

 

08.09.2015 21:20 Uhr – Von Dieter Hanisch

Nach einem elfstündigen Streik am Lübecker Bahnhof durften 200 Flüchtlinge weiter gen Norden reisen. Möglicherweise schicken die Dänen sie aber zurück

Fast mehr Polizisten als Flüchtlinge. Der Streik blieb aber friedlich.
Fast mehr Polizisten als Flüchtlinge. Der Streik blieb aber friedlich. – Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Rund 200 Flüchtlinge haben nach mehrstündigen Protesten am Dienstagabend ihre Weiterreise von Schleswig-Holstein nach Kopenhagen durchgesetzt. Zuvor waren sie von der Bundespolizei im Lübecker Bahnhof gestoppt worden, weil sie keine Aufenthaltspapiere oder Visa bei sich hatten. Sie waren lediglich im Besitz gekaufter Fahrkarten für den ICE nach Kopenhagen, von wo aus es weiter nach Schweden gehen sollte.
Die meisten Flüchtlinge wollten dort zu Verwandten und Freunden. Die Reisegruppe, größtenteils bestehend aus Syrern, Afghanen und Irakern, die nach eigenen Angaben bereits drei Monate und mehr unterwegs war, wollte auf jeden Fall vermeiden, in Deutschland registriert zu werden, weil den Flüchtlingen dann womöglich das Recht auf einen Asylantrag in Schweden abgesprochen wird.
Zwischenzeitlich drohte die sich über elf Stunden hinziehende Situation im Lübecker Bahnhof zu eskalieren. Viele der auf der Durchreise Aufgegriffenen weigerten sich, in eine schleswig-holsteinische Erstaufnahmeeinrichtung gebracht zu werden und besetzten mit einem friedlichen Sitzstreik den Bahnsteig. Auch Sprechchöre „Merkel help us“ waren zu hören. Aus Sicherheitsgründen wurden die nebenliegenden Gleise abgesperrt. Angebotene Getränke und Essen wurden von den Flüchtlingen abgewiesen.


Schließlich teilte die Polizei mit, dass es eine Weiterreise nach Kopenhagen geben werde. Die zugesicherte Reisemöglichkeit rollte dann mit fast zweistündiger Verspätung unter dem Jubel der Flüchtlinge in den Lübecker Bahnhof. Ob man sie dann in Kopenhagen alle weiterreisen lässt oder dort festhält beziehungsweise wieder nach Deutschland zurückschickt, stand am Abend noch nicht fest. Im Tagesverlauf hatte Dänemark bereits eine erste Gruppe von Flüchtlingen zurückgeschickt.

Quelle: Der Tagesspiegel vom 08.09.2015

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