Lebensmittel: ÖVP und SPÖ für Wegschmeißverbot in Österreich

Lebensmittel im Mistkübel
ORF.at

ÖVP und SPÖ haben am Samstag die Forderung nach Maßnahmen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln erhoben. Beide Parteien sprachen sich für eine gesetzliche Regelung aus, die Supermärkten das Wegschmeißen genussfähiger Nahrungsmittel verbieten soll. Die Wirtschaftskammer sprach sich gegen die Pläne aus, der Handelsverband zeigte sich „offen für die Weiterentwicklung freiwilliger Maßnahmen“.

Die ÖVP will gesetzlich regeln, dass Supermärkte künftig genussfähige Lebensmittel nicht mehr wegschmeißen dürfen. Derzeit buche der Handel pro Jahr rund 80.000 Tonnen an Produkten aus, nur 12.000 Tonnen würden an Bedürftige weitergegeben. In der nächsten Legislaturperiode solle ein Verbot beschlossen werden, „das zumindest für große Supermärkte gilt“.

 

Frische Nahrungsmittel, die im Regal bleiben, sollen dann gemeinnützigen Vereinen und Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden. Bereits bestehende Initiativen in diesem Bereich sollen ausgebaut werden. „Wir werden, gemeinsam mit dem Handel, einen Plan erarbeiten, wie wir mit dieser Verschwendung von Lebensmitteln Schluss machen können“, sagte Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger in einer Aussendung. Parteichef Sebastian Kurz sprach sich darin „gegen die Wegwerfgesellschaft“ aus.

Elisabeth Kšstinger (ÖVP)
APA/Georg Hochmuth
Ex-Umweltministerin Köstinger will mit dem Handel einen Plan gegen die Lebensmittelverschwendung erarbeiten

Rendi-Wagner fordert Offenlegung der Abfalldaten

Auch die Sozialdemokraten wollen Supermärkte verpflichten, nicht mehr benötigte Lebensmittel an soziale Einrichtungen weiterzugeben. In ihrem Aktionsplan sind hier auch Investitionen in die dafür notwendige Infrastruktur, beispielsweise Lager und Kühlräume vorgesehen.

Nicht mehr verkaufbare Lebensmittel ungenießbar zu machen soll verboten werden. Geschlossen werden sollen Datenlücken. Handel und Produzenten müssten ihre Abfalldaten nach standardisierten Vorgaben künftig offenlegen, forderte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.

Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)
APA/Georg Hochmuth
SPÖ-Chefin Rendi-Wagner: Supermärkte sollen nicht mehr benötigte Lebensmittel an soziale Einrichtungen abgeben

Wirtschaftskammer warnt vor Bürokratie und Kosten

Die Wirtschaftskammer lehnt die Pläne von ÖVP und SPÖ ab. Die Folgen wären mehr Bürokratie und hohe Kosten. Österreich habe ein sehr gut funktionierendes Modell zur Reduktion der anfallenden Abfälle, wozu sich heimische Handelsunternehmen freiwillig verpflichtet hätten, so Handel-Spartenobmann Peter Buchmüller.

Dazu gehörten die Abgabe von Lebensmitteln an soziale Einrichtungen ebenso wie ein verbilligtes Angebot von Brot und Gebäck vom Vortag, die Verringerung des Frischwarenangebots zum Ladenschluss hin und ein vergünstigtes Angebot von Obst und Gemüse als Güteklasse II. Dazu kämen Produktinnovationen, mit denen Lebensmittel recycelt würden, indem etwa altes Brot und Gebäck bei der Bierherstellung zum Einsatz komme.

So hätten Lebensmittelhandelsunternehmen allein in einem Jahr rund 12.250 Tonnen noch genussfähige Lebensmittel an soziale Einrichtungen weitergeben, eine Verdoppelung des Volumens gegenüber dem Vorjahr. Darüber hinaus seien 10.000 Tonnen an nicht verkäuflichen Lebensmitteln als Tierfutter oder zur Futtermittelherstellung verwertet worden, zitiert man das Landwirtschaftsministerium.

Handelsverband für „zusätzliche Anreizmodelle“

Der Handelsverband zeigte sich in einer Aussendung „offen für Weiterentwicklung freiwilliger Maßnahmen“. Was die Weitergabe noch genussfähiger Lebensmittel an Sozialeinrichtungen angeht, sei Österreich „international ein absolutes Vorzeigeland“, hieß es. Der heimische Handel unterstütze „freiwillige Initiativen (…), um die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und die Weitergabe an Sozialorganisationen aktiv zu fördern“, betonte der Geschäftsführer des Handelsverbands, Rainer Will.

Screenshot (657)

„Maßnahmen, die in anderen europäischen Ländern gesetzlich vorgeschrieben werden mussten, sind in Österreich seit vielen Jahren gelebte Realität“, so Will. Gesetzliche Regelungen, wie es sie in Frankreich oder Tschechien gebe, sieht der Handelsverband skeptisch: Diese hätten sich als „weitgehend ineffizient und kontraproduktiv herausgestellt“. Will plädiert für „zusätzliche Anreizmodelle seitens der Politik“ sowie eine „Vereinfachung der Lebensmittelweitergabe und Logistik“. Neue Gesetze könnten hingegen wenig bewirken, zumal ein Großteil der Lebensmittelabfälle in Österreich in privaten Haushalten anfalle.

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Ulrike
Ulrike
4 Jahre zuvor

Endlich tut sich was. In keinem Land der Welt werden so viele Lebensmittel verschwendet wie in Deutschland auch. Das ist eine Schande. Nur damit die Preise gehalten werden können. Pfui Teufel.

Habs mal in der Gärtnerei erlebt: die ganzen abgeblühten Orchideen wirft man weg damit die Preise gehalten werden können. Dabei können die bald wieder blühen.
Mir hat man ein paar hinter der Hand geschenkt. Der Chef durfte es aber nicht merken. Auch so eine Wegwerfgesellschaft.