TÜRSTEHER SEINES EIGENEN LANDES WERDEN – Wirklichkeit, Realitätsillusion und Verhaltenstherapie

Es ist Zeit, von der Tiefenanalyse auf die Verhaltenstherapie umzustellen, meint PI-NEWS-Autor Peter M. Messer.

Von PETER M. MESSER | Man steht gebannt vor der Wucht der weltweiten Antirassismusproteste, gegen die kein Kraut gewachsen scheint. Dabei ist der Grund einfach: die Wirklichkeit setzt sich eben durch.

Denn die Wirklichkeit, die wirklich wirksame Wirklichkeit des Politischen, ist die, dass Politik von Menschen gemacht wird, die etwas wollen, die einen bestimmten gesellschaftlichen Zustand herstellen wollen, weil sie ihn gut finden – und zwar selbst, als Ich, höchstpersönlich. Menschen, die über die Unterscheidung zwischen Freund und Feind nach Carl Schmitt keine Artikel schreiben, sondern sie praktizieren, und zwar nicht gegen ferne und ungreifbare Eliten, sondern gegen den politischen Feind vor Ort, von Angesicht zu Angesicht.

Realitätsillusion

Diese Menschen können ihren Willen verwirklichen, weil die Gegenseite (also wir) meint, dass sich am Ende immer die Realität durchsetze, die angeblich genau ihren Vorstellungen entspricht. Hilfsweise vertraut sie auf die Rechtsordnung oder den lieben Gott. Aber niemals, weder vor sich selbst noch vor anderen, gesteht sie sich ein, dass es in der Politik immer vor allem um Interessen geht und nicht eine angeblich objektive Wahrheit.

Dieses Verstecken der eigenen Interessen hinter einer angeblichen „Realität“ bedeutet, für die eigene Position keine Verantwortung übernehmen zu wollen, sie eigentlich überhaupt nicht wirklich selbst zu wollen, dem Sein kein Sollen zuzubilligen. Und so wie ein Hund Angst riechen kann, so riecht nicht nur der Feind unsere Willenslosigkeit, sondern auch wir untereinander. Wir erwarten geradezu, uns im Gefahrenfall gegenseitig im Stich zu lassen, und das oft genug zu recht.

Wenn man den Fluss der Sprache der Gegenöffentlichkeit einmal anhält und gängige Formeln genau darauf befragt, was sie wirklich aussagen, dann springt einen diese Willens- und Beziehungslosigkeit geradezu an. Oft genug wird der Gegenseite eigentlich schon zugestimmt. Wer auf die „Refugees Welcome“-Politik nur mit der Forderung reagiert, dass man auch die Belastungsfähigkeit der Aufnahmegesellschaft beachten müsse, hat in die Forderung unserer Abschaffer eigentlich schon eingewilligt, er vertritt eben keine Gegenposition. Die Gegenposition zu Refugees Welcome ist nämlich ReFUCKgees OFF. Aber das wäre mit dem Selbstbild als anständiger, mitfühlender und christlicher Bürger schwer vereinbar.

Darum erfreut sich die Illegalität als zentraler Vorwurf unter Bürgerlichen solcher Beliebtheit, etwa bei der Eurorettung oder der Massenmigration. Denn damit kann man alle Verantwortlichkeit auf die überindividuelle Institution des Rechts abgeben, von der man sich dann aber auch vollständig abhängig macht. Wenn ich aber etwas als schädlich bezeichne, gibt es auf einmal Schäden und Schädiger, und ich stehe sofort im politischen Feld der Interessenkonflikte zwischen Menschen. Den Bewertungen als illegal oder schädlich liegen fundamental unterschiedliche Beziehungen zu Ich und Welt zugrunde. Wer vorrangig auf die Illegalität von etwas abstellt, der hat die mangelnde Legitimität der eigenen Position schon eingestanden. Unsere Sprache ist voll von solchen Konfliktvermeidungen. Wenn man sie untersucht, erweisen sie sich schnell als das Negativ, zu dem die urbane Linke, die Globalisten und die Regierungs-SA Antifa das Positiv sind.

Es ist darum mittlerweile notwendig, eine paradoxe Wirkung von Tatsachen und metapolitischen Theorien anzunehmen: Je mehr die Fakten unsere Positionen bestätigen, je besser die Theorien zu sein scheinen, desto mehr scheint man auf eine Betätigung des eigenen Willens verzichten zu können – die Realität setzt sich ja angeblich am Ende immer durch. In Wirklichkeit löst sich diese Realität immer mehr auf. Für die Gegenseite eigentlich schädliche Fakten wie die Krawalle bei den BLM-Protesten haben für diese tatsächlich keine Nachteile, sondern stärken sie sogar, weil sie entsprechend umgedeutet werden und keine negativen Willensbetätigungen anderer nach sich ziehen. Die Folgenlosigkeit der Rechtsbrüche steigert letztlich die Legitimität der eigenen Sache.

Verhaltenstherapie

Was tun? Götz Kubitschek hat hier drei Verhaltensweisen zur Auswahl gestellt. Die erste ist, weiter dem Mainstream entgegenzutreten und die Realität darzustellen, wie sie ist. Die beiden anderen sind Formen des Rückzugs, um das eigene Denken zu klären und irgendwann wieder in die Öffentlichkeit zu treten. Ein Verzicht auf die erste Option wäre ein herber Verlust, weil sonst die Propaganda des Mainstreams unwidersprochen bliebe und etwa die Artikel von Martin Lichtmesz zu George Floyd (Teil 1 – Teil 2 – Teil 3 – Teil 4) so ziemlich das Beste waren, was im Netz dazu zu finden war. Und die Rückzugsoptionen müssen eigentlich gar nicht erst gewählt werden, weil man sie schon praktiziert, eben in der Vermeidung einer klaren eigenen Parteilichkeit.

Statt eines Rückzugs, der die eigenen Verdrängungen nur konservieren würde, wäre es höchste Zeit, das bisher Geleistete dadurch zu ehren, dass man sich neuen Fragestellungen zuwendet. Dabei wäre gewissermaßen der Therapieansatz zu wechseln, weg von der Tiefenanalyse, hin zur Verhaltenstherapie: Man kann eine Angststörung etwa gegenüber Schlangen als Verschiebung der Libido von ihrer ursprünglichen Quelle durch unbewusste Abwehrmechanismen mit jahrelanger Psychoanalyse behandeln – oder verhaltenstherapeutisch durch die stufenweise gesteigerte Konfrontation mit dem angstauslösenden Objekt (wirkt meist besser und schneller).

Dazu müssen wir natürlich erkennen und, was noch schwerer ist, akzeptieren, wovor wir Angst haben, wovor wir ausweichen. Nicht nur die Linke, sondern auch wir selbst suchen ständig die „Gewissensberuhigung“, von der Selberdenker in seinem PI-NEWS-Artikel über Dostojewski gesprochen hat. Sie äußert sich bei uns nur anders: in der ohnmächtigen Beschwörung der Realität, die sich angeblich von selbst durchsetzt, oder der durch keine Erfahrung zu lösenden Bindung an Institutionen des Rechts, die Kirchen, die bürgerlichen Parteien und das Selbstbild vom „anständigen Bürger“. Die Fixierung auf Angela Merkel als Quelle allen Übels dient gerade dazu, diese Illusionen aufrechtzuerhalten. Wir wollen Gewissensberuhigung durch diese Institutionen erhalten, die unsere Interessensphäre durch die dazu notwendigen Ausgrenzungen und die damit verbundene strukturelle und aktuelle Gewalt schützen sollen, ohne dass wir uns zu unseren Egoismen bekennen müssen. Die eigentliche Kraftquelle der heutigen Linken, wenn nicht sogar ihr Ursprung, ist unsere eigene Heuchelei.

Verhaltenstherapie als Konfrontationstherapie hieße konkret: Die Ablehnung des fordernden und eindringenden Anderen als solchem (ReFUCKgees OFF), die harte und egoistische Behauptung des eigenen Raumes und der eigenen materiellen Güter und die fundamentale Ablehnung der Infragestellung durch den Anderen, weil dieser überhaupt kein Recht dazu hat, von mir irgendeine Rechtfertigung zu fordern. Angebliche „weiße Privilegien“ sind gut, weil es meine Privilegien sind – das muss reichen. Statt wie bisher ohne Erfolg Gralsritter vorgeblich ewiger Werte zu sein, muss man Türsteher seines eigenen Lebens und seines eigenen Landes werden. Es gilt, sich von seinem eigenen Narzissmus zu befreien.

Dieser Befreiung stehen weniger Theorien und Fakten als verfehlte Selbstbilder im Wege. Darum ist es wesentlich, das verlogene Bild vom interessen- und gewaltlosen „anständigen Bürger“ in das des ichlosen Kriechbürgers umzuwerten, der den Flitterglanz seines Selbstbildes mit der Unterwerfung unter Staat, Justiz, Kirche und jeden dahergelaufenen Fremden bezahlt. Diesen Kriechbürger muss man aktiv verachten. Identifikationen des Kriechbürgers mit konkreten Personen müssen erstmal nicht sein. Es reicht zunächst, auf ihn als Pappkameraden einzuschlagen, damit wir aus dem „man“ ins „ich“, aus der Realitätsillusion in die Wirklichkeit eintreten können.

Quelle: pi-news.net vom 08.07.2020 


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Alexander Berg
3 Jahre zuvor

Projektionen des eigenen „Ichs“.