„Lieber zurück nach Syrien“: Migranten weigern sich, Chemnitzer Turnhalle zu beziehen

Protest in Chemnitz gegen den geplanten Einzug von Flüchtlingen in eine Turnhalle, 9.10.2015

Von Bernd Rippert

Chemnitz – Verrückte Situation in Markersdorf: Die Stadt wollte am Nachmittag 60 Asylbewerber in die Turnhalle an der Dittersdorfer Straße bringen. 100 Demonstranten wollten das verhindern – doch sie kamen umsonst. Die Flüchtlinge weigerten sich, in die Halle einzuziehen.

Polizei, Demonstranten und Mitarbeiter standen ratlos auf der Straße. Die Flüchtlinge hatten Angst, in Markersdorf zu bleiben, Angst vor Übergriffen. Nicht nur das. Die Syrerin Mai (20) sagte es klar: „Das ist nicht komfortabel genug, das ist nur eine Turnhalle!“

Die Asylbewerber, vor allem Familien mit Kindern, kamen aus der Erstaufnahme im Adalbert-Stifter-Weg, sollten jetzt in städtische Unterkünfte weiterverteilt werden. Doch die Wohnungen sind alle belegt, deshalb das Provisorium Markersdorf.

Für die Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan nicht gut genug. Dolmetscher Atta Nassar (48): „Die Leute sind stur, sie wollen unbedingt in Wohnungen oder ein Heim.“

Aus Protest fotografieren einige der Flüchtlinge Pressevertreter, weil sie nicht selbst fotografiert werden wollen.

Die Stimmung unter den Flüchtlingen wurde immer aggressiver. Einige sagten laut, sie wollten Deutschland sofort verlassen, forderten einen Bus nach Österreich. „Lieber zurück nach Syrien als hierbleiben“, hieß es.

Den Bus gibt es zurzeit nicht. Polizeioberkommissar Rico Lenk (36) war fassungslos: „Eine verfahrene Situation. Die müssen doch kompromissbereit sein.“

Sind die Asylbewerber zurzeit aber nicht. Sie spielen auf Zeit, erwarten ein Einknicken der Stadt. Die Polizei wartet ebenfalls. Noch. Ein Beamter: „Heute Nacht lassen wir sie nicht auf dem Parkplatz. Dann müssen wir was tun.“

Gegen 18 Uhr ist in der Bonhoeffer-Kirche gegenüber des Parkplatzes eine Bürgerversammlung zur Unterbringung in Markersdorf angesetzt. Zudem bereitet die Stadt im Ortsteil eine weitere Flüchtlingsunterkunft vor – in der Turnhalle des Abendgymnasiums in der Arno-Schreiter-Straße.

Update, 20:25 Uhr: Bürgermeister Miko Runkel sichert den 50 Flüchtlingen, die immer noch im Freien protestieren, zu, dass sie nach spätestens vier Wochen die Turnhalle wieder verlassen und in Wohnungen umziehen können. Die Flüchtlinge beraten nun untereinander, ob sie in die Halle einziehen. Inzwischen ist die Feuerwehr eingetroffen, um den Platz vor der Turnhalle auszuleuchten. Die Wutbürger, die gegen den Einzug der Flüchtlinge demonstrieren, sind ebenfalls noch vor Ort.

Update, 19:54 Uhr: Die Situation bleibt verfahren. Bis jetzt sind nur wenige Flüchtlinge in die Turnhalle gegangen, vor allem Kinder. Etwa 50 Menschen weigern sich, zu folgen. Eine Syrerin: „Wir fürchten uns hier!“

Update, 18:52 Uhr: Einige der Flüchtlinge sind nun doch bereit, in die Turnhalle, wo die Feldbetten dicht aneinander gereiht sind, einzuziehen. Die Menschen werden von Polizisten begleitet. Die Stimmung unter den Demonstranten vor der Halle ist aggressiv. Ein Mann, der einen Flüchtling beleidigte, bekam einen Platzverweis.

Update, 18:21 Uhr: Etwa 200 Bürger sind zu einer Veranstaltung in die Bonhoeffer-Kirche gekommen, um sich über die Unterbringung der Flüchtlinge in Markersdorf zu informieren.  Neben Vertretern des Sozialamtes und der Polizei stehen auch Pfarrer Stefan Brenner und Bürgermeister Miko Runkel Rede und Antwort,

Update, 17:40 Uhr: Bürgermeister Miko Runkel schaltete sich um 17.30 Uhr in den Konflikt ein. Mit Engelszungen beschwor er die Flüchtlinge, doch in die Turnhalle zu ziehen. „Wir haben keine Wohnungen, dies ist Ihre einzige Chance!“

Doch die Sprecherin der Flüchtlingsgruppe, Mai, ließ sich nicht erweichen: „Wir wollen da nicht rein. Wir sind hier nicht sicher.“

Miko Runkel machte weiter Druck, sagte, dass die Flüchtlinge nicht auf dem Parkplatz bleiben könnten – „viel zu gefährlich“. Außerdem appellierte er an das Mitgefühl für die vielen kleinen Kinder. Bislang ohne Erfolg.
Derweil näherten sich die Demonstranten, skandierten: „Haut ab!“

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Quelle: Dresdner Morgenpost und Epoch Times vom 09.10.2015

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