AfD-Spitze fordert Höcke zum Rücktritt auf

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19.12.2015
Torben Grombery

Der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland (AfD) scheint in Bezug auf die Äußerungen seines thüringischen Landes- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke am Ende seiner Geduld angelangt zu sein. Höcke, der zum wiederholten Mal Teile seiner Aussagen revidieren, erneut erklären oder sich schlicht dafür entschuldigen musste, hat jetzt einen deutlichen und wohl letzten Warnschuss erhalten (mit Video).




Es wird eng um den thüringischen Landes- und Fraktionsvorsitzenden der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Björn Höcke (42). Der vierfache Familienvater aus dem thüringischen Eichsfeld hatte in letzter Zeit wiederholt mit seinen öffentlichen Auftritten und Äußerungen viel Aufsehen erregt. Zuletzt am 21. November im Rahmen eines Kongresses beim Institut für Staatspolitik (IfS) auf dem Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt.

Dort hatte Höcke in seinem Vortrag (Video ab Minute 28:10) auch über die unterschiedlichen »Reproduktionsstrategien« von Europäern und Afrikanern sowie den Folgen für Deutschland und Europa referiert.

Dazu hat der Bundesvorstand der Partei am Freitag nach mehrstündiger Sitzung im Rahmen eines Pressestatements mitgeteilt:

»Der Bundesvorstand der AfD stellt fest, dass die Äußerungen des thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke bezüglich eines biologisch-demographischen Verhaltens von Menschen ausschließlich seine persönliche Meinung darstellen. Gleiches gilt für seine Einlassungen zur französischen Innenpolitik. Diese Sichtweisen von Björn Höcke werden vom Bundesvorstand einhellig abgelehnt.

Der Bundesvorstand der AfD fordert Björn Höcke nachdrücklich auf, auch selbst zu prüfen, inwieweit seine Positionen sich noch in Übereinstimmung mit denen der AfD befinden.«

Noch am gleichen Tag ist die AfD-Vorsitzende Frauke Petry in einem Interview, das für die Tagesschau der ARD aufgezeichnet wurde, deutlich auf Distanz zu ihrem Parteifreund aus Thüringen gegangen und hat diesem den Rücktritt von sämtlichen Parteiämtern angeraten.

Höcke, der bis zu seiner Wahl zum thüringischen Landtagsabgeordneten als Oberstudienrat an einer kooperativen Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe im hessischen Bad Sooden-Allendorf tätig war, hatte schon nahezu eine Woche zuvor seine Wortwahl diesbezüglich auf seiner Seite beim sozialen Netzwerk Facebook bedauert:

»Ich bedaure, wenn meine Aussagen am 21. November zu Fehldeutungen geführt haben. Ich vertrete das christliche Menschenbild und die Würde jedes Menschen ist für mich unantastbar. Es ging mir darum, deutlich zu machen, dass sich Europa meiner Meinung nach vor einer Einwanderung, die es selbst überfordern würde, durch geschlossene Grenzen schützen muss.


Laut Stiftung Weltbevölkerung wird sich die Zahl der Menschen in Afrika von heute 1,2 Milliarden auf 4,4 Milliarden im Jahr 2100 vervierfachen. Das hat vielfache Ursachen: kulturelle, ökonomische, medizinische und soziologische, die man auch nicht aus dem Blick verlieren darf. Gerade als Politiker muss man auch die großen Entwicklungen im Blick behalten und darf sie nicht aus Sorge vor Missverständnissen oder Fehlinterpretationen verschweigen. Die Überforderung durch die Zuwanderung ist bereits jetzt in deutschen Kommunen sichtbar.

Ich habe Achtung vor jedem Menschen und seiner unveräußerlichen Würde. Unabhängig davon muss es einen offenen politischen Diskurs um die richtige Asylpolitik geben können. Ich habe niemals meine Meinung absolut gesetzt, nehme mir aber das Recht, Diskussionen anzustoßen und fordere eine offene Debatte über alle relevanten Politikfelder.«

Zum aufgeführten Pressestatement seiner Bundesleitung zu seinen Äußerungen beim IfS-Kongress hatte der prominente AfD-Politiker Höcke ebenfalls auf seiner Seite beim sozialen Netzwerk Facebook jetzt mitteilen lassen:

»Es gab viele Nachfragen zur Reaktion von Björn Höcke auf die Pressemitteilung des Bundesvorstands heute. Björn Höcke hat es bisher immer so gehandhabt, dass er parteiinterne Angelegenheiten auch intern geklärt hat – und nicht über die Medien. Das möchte er auch weiterhin so handhaben. Er hat bereits ausdrücklich Fehler eingeräumt. Alles weitere möchte er persönlich mit seinen Parteifreunden besprechen. An dieser Stelle würden wir aber gerne ausdrücklich darauf hinweisen, dass die mediale Berichterstattung über die heutige Bundesvorstandssitzung, die nahelegt, dass Herr Höcke die Partei verlassen soll, nicht richtig ist: Es gab keinerlei Parteiordnungsverfahren gegen Björn Höcke und auch keine Mehrheit dafür.«

Und mit Letzterem liegt der mittlerweile auch in eigenen Reihen heftig umstrittene AfD-Mann aus Thüringen wohl richtig. Dem Vernehmen nach konnten sich die Landesvorsitzenden der Partei in einer einberufenen Telefonkonferenz am Freitagmorgen in Mehrheit lediglich auf einen mahnenden Appell verständigen: der Bundesvorstand soll dem thüringischen Landes- und Fraktionsvorsitzenden in dieser Angelegenheit einen Verzicht jeglicher Parteiämter nahe legen.

Die meisten Landesvorsitzenden stützen die Haltung Petrys dazu. Im Bundesvorstand war die Lage dann schon schwieriger. In diesem Gremium hat Björn Höcke durchaus noch starke Fürsprecher, besonders in den ostdeutschen Landesverbänden, die ihn unbedingt in der AfD halten wollen – auch wenn selbst diese nicht immer mit seinen Äußerungen glücklich sind.

Zu weitergehenden Maßnahmen wie ein Ordnungsverfahren bis hin zu einer Absetzung oder einem Parteiausschluss sah man sich im Bundesvorstand also (noch) nicht bereit. Damit hat der in seinem Landesverband Thüringen derzeit noch mit viel Rückhalt getragene Höcke einen äußerst deutlichen und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch letzten Warnschuss zur Kenntnis nehmen müssen.

Das IfS hat anstelle seiner vor dem Kongresspublikum gehaltenen Rede mittlerweile nur noch ein kurzes Statement von Björn Höcke auf seinem Youtube-Kanal online, dem wir uns abschließend widmen wollen:

 

Quelle: Kopp-online vom 19.12.2015

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