Russland-Türkei: Die Zeichen stehen auf Spaltung

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Kopp Verlag


Türkische Flagge © Flickr/ KLMircea

Moskau weitet seine Sanktionen gegen die Türkei aus, doch Ankara hofft weiterhin auf eine Aussöhnung, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Dienstag.

Präsident Wladimir Putin hat gestern einen Erlass über neue wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen die Türkei unterzeichnet, die für türkische Organisationen bzw. Staatsbürger unter anderem ein Verbot bzw. Beschränkungen für einige Arten von Tätigkeiten auf dem Territorium der Russischen Föderation vorsehen. Für die Erstellung einer entsprechenden Liste von Firmen bzw. Organisationen ist die Regierung zuständig.


Vizepremier Arkadi Dworkowitsch hatte bereits zuvor deutlich gemacht, wie ernst Moskau es mit der Verschärfung der Sanktionen meint. Man habe zwar nicht die Absicht, die Kooperation mit Ankara vollständig einzustellen, aber es sei „eine angebrachte Antwort auf das unfreundliche Vorgehen“ der türkischen Seite erforderlich, betonte er.

Laut Quellen sind von den neuen Sanktionen türkische Unternehmen betroffen, die in Branchen wie Bauwesen, Hotelgewerbe, Tourismus und Holzindustrie tätig sind.

Inzwischen erklärte der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu, Ankara bemühe sich um den Wiederaufbau der Beziehungen mit Moskau. Bei seinem gestrigen Besuch im Russischen Kultur- und Kunstzentrum in Antalya räumte er ein, dass von den jüngsten Spannungen vor allem die Landwirtschaft und der Tourismus betroffen seien. „Russland ist wichtig für uns. Es ist ein sehr wichtiger Partner für uns, und deshalb warten wir geduldig und ergreifen keine Gegenmaßnahmen“, unterstrich Cavusoglu.

Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte seinerseits in einem Fernsehinterview, dass er auf ein neues Treffen der Außenminister der Türkei und Russlands, Cavusoglu und Lawrow, hoffe: „In den zwischenstaatlichen Beziehungen sollte man nie auf die Diplomatie verzichten. Man muss vernünftig vorgehen.“

Experten zweifeln allerdings daran, dass Ankara tatsächlich an einer Normalisierung der Beziehungen mit Russland interessiert ist. „Meines Erachtens wird sich die Krise zwischen den beiden Ländern noch verschärfen“, sagte die Vizeleiterin des Russischen Instituts für strategische Forschungen, Anna Glasowa.

Dafür gebe es mehrere Gründe: Die Türkei unterstütze nach wie vor die radikalen Islamisten in Syrien und kaufe bei ihnen Öl. Zudem bestehe die türkische Führung auf dem Sturz der legitimen Machthaber in Syrien. „Jetzt gibt es aber noch einen weiteren Aspekt, der sehr beunruhigend ist: Ankara unterstützt verschiedene Diversionsgruppen auf der Krim“, so die Expertin.

In der vorigen Woche hatte einer der Drahtzieher der Energieblockade der Krim, Lenur Isljamow, erklärt, die Türkei würde die Krim-Tataren unterstützen sowie die Bildung eines neuen Freiwilligenbataillons in der Ukraine fördern.

„Die jüngsten unfreundlichen Schritte führen zu einer Vertiefung der Konfrontation“, betonte Glasowa. „Man könnte Russland zu symmetrischen Antworten auf die Gefahren zwingen. Und wenn man die Situation im Südosten der Türkei bedenkt, wo die Kurden rebellieren, könnte die türkische Führung in eine sehr schwierige Situation geraten.“

In der Türkei dauern bereits seit mehr als einem Monat Massenunruhen unter Beteiligung von Kurden an, bei denen bereits mehr als 140 Aktivisten der kurdischen Arbeiterpartei PKK getötet wurden. Die Behörden richteten nicht nur die Infanterie, sondern auch Panzer gegen die Protestierenden.

Inzwischen hat der Ko-Vorsitzende der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker, Selahattin Demirtas, trotz der Proteste Ankaras Moskau besucht, wo er sich mit Außenminister Lawrow traf.

„Noch vor wenigen Monaten war es einfach unvorstellbar, dass Russland einen Führer nicht nur einer oppositionellen, sondern auch einer prokurdischen türkischen Partei auf hoher Ebene empfangen würde“, so Expertin Glasowa weiter. „Mit diesem Schritt gab Moskau Ankara ein klares Zeichen, dass es Möglichkeiten für eine symmetrische Antwort hat. Falls aber Russland die Kurden unterstützen würde, wäre das die schlimmste Variante sowohl für Russland als auch für die Türkei“, warnte sie.


Zudem zeigte sich Glasowa überzeugt, dass Ankaras antirussisches Vorgehen der Türkei selbst schade. Erdogans Regime handle „unvernünftig“, denn Spannungen mit den Nachbarländern samt der Vertiefung der internen Probleme könnten „zu einem Zerfall des türkischen Staates führen“.

Kreml-Chef Wladimir Putin hatte während seiner jüngsten Jahrespressekonferenz erklärt, er sehe keine Perspektiven für den Wiederaufbau der Beziehungen mit Ankara, weil man mit der aktuellen türkischen Führung „praktisch nicht verhandeln kann“.

Quelle: Sputnik vom 29.12.2015

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