Logistikunternehmer – „Grenzschließungen in Europa wären beherrschbar“

27.03.16

Der Unternehmer Klaus-Michael Kühne

Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne

In der Flüchtlingskrise werden immer wieder Stimmen für eine Grenzschließung laut. Kritiker fürchten einen Kollaps des Warenverkehrs. Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne aber widerspricht.

Besatzungsrecht-Amazon

Der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne hält Grenzschließungen für die Wirtschaft für verkraftbar. „Grenzschließungen wären beherrschbar. Die Logistik ist erfinderisch genug, sie könnte mit Grenzkontrollen umgehen“, sagte Kühne der „Welt am Sonntag“.

Die Unternehmen könnten sich auf die Erschwernisse einstellen, der Warenverkehr würde weitergehen. „Vielleicht käme es gar zu einer Renaissance des Bahngüterverkehrs“, sagte der 78-jährige Milliardär. Er stimme jedenfalls denjenigen nicht zu, die behaupteten, dass der Warenaustausch dann zusammenbrechen würde. Kühne ist Mehrheitsaktionär des Logistikunternehmens Kühne + Nagel.

Zur Situation in Deutschland sagte Kühne, das Land müsse versuchen, den Zuzug von Flüchtlingen einzugrenzen. „Im Augenblick sind die Zahlen gerade noch verkraftbar . Aber wenn aus einer Million Flüchtlingen zwei Millionen werden, kann sich das ändern“, sagte der Unternehmer. Er sei im Prinzip für eine Eindämmung der Zuwanderung. „Die Zuwanderer überschätzen die Chancen, die Europa ihnen bieten kann“, sagte Kühne.

In der Politik sorgt den Milliardär die zunehmend fremdenfeindliche Stimmung. Zu der jüngsten Volksabstimmung in der Schweiz, dem Sitz seiner Firma Kühne + Nagel, sagte er: „Es ist nicht gut für die Schweiz, dass radikale Tendenzen immer stärker werden.“

Große Blöcke in der Schifffahrt

Trotz seiner 78 Jahre ist der Unternehmer immer noch voller Tatendrang. So will Kühne beispielsweise die Reederei Hapag-Lloyd umbauen. „Wir müssen Hapag-Lloyd durch eine Übernahme oder einen Zusammenschluss derart absichern, dass die Reederei zu den Gewinnern gehören wird“, sagte Kühne. Aus eigenem Wachstum heraus sei das nicht zu schaffen. Es gebe einige Übernahmekandidaten, die oftmals aber notleidend seien. Kühne ist Großaktionär bei Hapag-Lloyd.

In der Schifffahrt stünden sich große Blöcke gegenüber, der eine werde von CMA und der andere von Maersk angeführt. „Es ist eine gewaltige Konzentration im Gang“, sagte Kühne. Dagegen zerbreche gerade die Allianz rund um Hapag-Lloyd, weil einige der Partner durch Fusionen das Bündnis verlassen. Der Zusammenschluss von Hapag-Lloyd mit CSAV aus Chile könne nicht das Ende sein. „Hapag-Lloyd muss größer werden. Die Reederei ist immer noch zu klein, um mit den Großen mithalten zu können“, sagte der Unternehmer.

Einen potenziellen Partner könne man vor allem in Asien suchen. Zwischen der Reederei NOL aus Singapur, die gerade nach Frankreich an CMA verkauft wurde, und Hapag-Lloyd habe es aber nie „ernsthafte Verhandlungen“ gegeben. „Ich wäre bereit gewesen zu investieren“, sagte Kühne. Hapag-Lloyd hätte bei einem Kauf von NOL jedoch „vor allem hohe Schulden geerbt“.

Verdrängungswettbewerb in der Branche

Auf die Frage, ob die Reederei große Schiffe mit Platz für 18.000 Container anschaffen solle, antwortete Kühne: „Das ist eines der ungelösten Probleme von Hapag-Lloyd. Die Reederei muss sehr ernsthaft darüber nachdenken.“ Um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren, brauche man diese Schiffe.

Wegen hoher Überkapazitäten wird die weltweite Schifffahrt derzeit von einem Verdrängungswettbewerb geprägt. „Rational ist das alles nicht, es herrscht viel Unvernunft“, sagte Kühne. Große Pleiten habe es bislang auch deshalb nicht gegeben, weil etliche Reedereien von ihrem Staat gestützt würden. „Das gilt für Schifffahrtsunternehmen aus Fernost ebenso wie für CMA aus Frankreich“, sagte Kühne. Irgendwann müsse aber Vernunft einkehren. „Allerdings habe ich den Glauben daran verloren, dass das rasch geschehen wird“, sagte Kühne.

Neben seinen Beteiligungen an Kühne + Nagel und Hapag-Lloyd will sich Kühne noch in einem dritten Bereich finanziell engagieren. „Ich suche nach einer weiteren unternehmerischen Aktivität, vorzugsweise im Dienstleistungsbereich“, sagte er. Es gebe aber noch keine konkreten Verhandlungen.

Quelle: Welt-online vom 27.03.2016

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell, Geschichte, Kultur, Nachrichten, Politik, Soziales, StaSeVe Aktuell, Völkerrecht, Wirtschaft, Wissenschaft abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments