Deutschland: Fachkräfte gehen, Flüchtlinge kommen

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Die deutsche Wirtschaft jammert über den Fachkräftemangel, den sie mit ihrer massiven Lohnzurückhaltung selbst heraufbeschworen hat. Im Ausland warten für Fachkräfte oftmals bessere Konditionen. Flüchtlinge können dieses Problem nicht lösen, da deren Ausbildungsgrad im Schnitt oftmals deutlich niedriger ist.

Von Marco Maier

Deutschland ist nicht nur ein Einwanderungsland, sondern auch ein Auswanderungsland. Das zeigen die Statistiken. Für die OECD selbst gibt es dazu aufschlussreiche Daten die zeigen, dass vor allem gut ausgebildete Deutsche ihrer Heimat den Rücken kehren – weil sie in den Zielländern oftmals deutlich bessere Bedingungen vorfinden, als in der Niedriglohnland deklassierten Bundesrepublik.

Alleine in den OECD-Ländern lebten im Jahr 2011, dem Erhebungszeitraum, ganze 3,4 Millionen Menschen aus Deutschland. Das ist die fünftgrößte Auswanderergruppe in der OECD nach Mexiko, Großbritannien, China und Indien. Die meisten der „Expats“ leben demnach in den USA, in Großbritannien und in der Schweiz. Vor allem Karrieregründe und bessere Verdienstmöglichkeiten führen zu diesem Schritt, den jährlich 140.000 Deutsche (in die anderen OECD-Länder) wagen.

Besonders auffällig ist das hohe Bildungsniveau der Auswanderer, welches in der Tendenz weiter ansteigt. 1,4 der 3,4 Millionen Auslandsdeutschen in den OECD-Ländern haben Abitur und/oder eine Berufsausbildung, weitere 1,2 Millionen haben ein Studium abgeschlossen. Einen Doktortitel konnten immerhin noch 46.000 der Auswanderer vorweisen.

Fast zwei Millionen Deutsche arbeiten im Ausland – häufig in höherqualifizierten Jobs als Deutsche im Inland. Ein Drittel der Auswanderer in nicht-europäischen OECD-Ländern ist als hochqualifizierte Fachkraft beschäftigt, weitere 13 Prozent üben Führungsfunktionen aus. Deutsche, die das Land verlassen, haben häufiger eine Hochschulausbildung als Deutsche, die wieder zurückkehren. Auch waren sie vor ihrer Emigration eher in Beschäftigung als jene, die nach Deutschland zurückkehren, wie die OECD berichtet.

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Indessen sucht die deutsche Wirtschaft „händeringend nach Fachkräften“. So Unternehmerverbände, Politik und Medien. Gesucht werden diese inzwischen unter den hunderttausenden Flüchtlingen. Hoch qualifiziert seien diese oftmals, heißt es. Doch eine Erhebung in Österreich zeigt ein anderes Bild:

Von 5007 Syrern haben 3705 (74,0 Prozent) gerade einmal eine Pflichtschulausbildung. Eine mittlere, höhere oder Lehrausbildung können gerade einmal 727 Personen (14,5 Prozent) vorweisen. Eine akademische Ausbildung noch 356 Personen (7,1 Prozent). Bei den 4221 Afghanen sieht es noch düsterer aus. 3898 von ihnen (92,3 Prozent) haben gerade einmal ein Pflichtschulausbildung. Eine bessere Ausbildung können 201 Personen (4,8 Prozent) vorweisen. Bedenkt man noch das fehlende Sprachwissen, wird es dann eng.

Dieses Verhältnis dürfte auch in Deutschland nicht signifikant anders sein. Dementsprechend sollte man sich in Sachen Fachkräfte keine allzugroßen Hoffnungen machen, da das Wunschdenken mancher Kreise einfach nicht mit der Realität konform geht.

Allerdings zeigt sich damit auch eine bedenkliche Entwicklung, die längerfristig keine besonders guten Perspektiven für Deutschland aufzeigt. Der „brain drain“, den man sich eigentlich zur Entwicklung des eigenen Landes wünscht, indem hoch qualifizierte Kräfte einwandern, erhalten so eher andere Länder – die den Fachkräften eben bessere Konditionen anbieten als eine deutsche Wirtschaft, die mittels Dumpinglöhnen zu konkurrieren versucht. Gute und qualifizierte Mitarbeiter muss sich ein Unternehmen erst verdienen. Auch in Deutschland.

Quelle: Contra-Magazin vom 04.09.2015

 

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