INDUSTRIE UND ROHSTOFFE – Zusätzliche Preissteigerung um 30 Prozent bis Jahresende: Wie Holz und andere Rohstoffe noch teurer werden

Leere Lager, aber anhaltend hohe Nachfrage: Die Preise bei Holz, Stahl und Polycarbonat steigen weiter. Eine exklusive Umfrage zeigt: Es wird nicht besser.

Bert-F. Fröndhoff

Bert Fröndhoff

Kevin Knitterscheidt

20.07.2021 – 10:29 Uhr
Gerodetes Holz beim Verladen auf Güterwaggons im Schienengüterverkehr. Die globale Nachfrage nach Holz steigt enorm an. Quelle: action press
Holztransport

Gerodetes Holz beim Verladen auf Güterwaggons im Schienengüterverkehr. Die globale Nachfrage nach Holz steigt enorm an.

(Foto: action press)

 

Düsseldorf Der deutschen Wirtschaft drohen weitere massive Einschränkungen durch Materialknappheit sowie Belastungen durch steigende Preise für Rohstoffe und Vorprodukte. Noch vor wenigen Wochen hatten die produzierenden Firmen mit einer Entspannung auf den Beschaffungsmärkten im zweiten Halbjahr 2021 gerechnet. Doch die zeichnet sich bei vielen wichtigen Produkten noch nicht ab.

Europaweit rechnen Industriebetriebe mittelfristig nicht mit einem Ende der Preisspirale. Ob Holz, Stahl oder Kunststoff, Gas oder Methanol – bei nahezu allen Rohstoffgruppen gehen die Unternehmen von weiteren Preissteigerungen im zweistelligen Bereich aus. Das zeigt eine Umfrage unter 1000 europäischen Unternehmen, die von der Stuttgarter Beratungsgesellschaft Horvath Anfang Juli erstellt wurde und die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt.

Leere Lager, ein eingeschränktes Angebot und eine anhaltend hohe Nachfrage führten zur langfristigen Überstrapazierung der Rohstoffmärkte – so lautet das Fazit der Studie. Dies wird durch die Lage in mehreren wichtigen Grundstoffindustrien bestätigt. So sind die Preise für Chemikalien und Kunststoffe weiterhin auf höchstem Niveau.

Die Situation ist noch immer eine Folge der Corona-Pandemie, als die internationalen Lieferketten gestört und erst nach und nach wieder aufgebaut wurden. Dazu kamen Winterstürme in den USA, die ganze Produktionsketten etwa in der Chemie lahmlegten. Dann kamen auch noch logistische Probleme wie der Stau im Suezkanal dazu.

 

Die Folge: Die Rohstoffpreise sind nahezu explodiert. Im Durchschnitt gab es Preissteigerungen um 30 Prozent seit Herbst 2020 – mit Spitzen von 65 Prozent beispielsweise bei metallischen Sekundärrohstoffen, heißt es in der Horvath-Studie.

Holz: So teuer wie nie

Den stärksten Anstieg bei Rohstoffen verzeichnet Holz, das im Vergleich zum September 2020 heute doppelt so teuer ist. Und ein Ende ist nicht absehbar: „Alle zwei bis drei Tage werden die Rohstoffpreise nach oben angepasst. Den Trend geben Nordamerika und China vor, wo die Preise bereits um ein Drittel höher sind als in Europa“, sagt der Horvath-Pricing-Experte Danilo Zatta.

Für Holz erwarten die befragten Hersteller einen Anstieg von bis zu 33 Prozent bis Jahresende. Getrieben wird dies durch ein anhaltend hohes Niveau beim Bauen und Renovieren sowie durch die weiter steigende Nachfrage nach Möbeln.

 

Die Holzlieferanten kommen kaum mit und fürchten weitere Lieferkettenprobleme, wenn die Länder auf exponentiell steigende Delta-Virusvarianten mit Einschränkungen reagieren. Die in Deutschland sehr gefragte sibirische Lärche ist infolge früherer Lockdowns noch immer Mangelware.

Stahl: Lagerbestände sind aufgebraucht

Beim wichtigen Rohstoff Warmstahl sind die Preise pro Tonne bereits seit Jahresbeginn um 60 Prozent gestiegen. Die Branche rechnet mit einem weiteren Anstieg um 18 Prozent bis Jahresende. Dem weiterhin eingeschränkten Angebot stehen Kunden gegenüber, die ihre Lagerbestände nahezu aufgebraucht haben, aber wegen der sprunghaft anziehenden Weltwirtschaft nun plötzlich einen hohen Bedarf an Stahl haben.

Für Stahlhändler wie Klöckner & Co. wirkt das Auffüllen der Läger bei den Kunden wie ein Konjunkturprogramm: Erst vor wenigen Wochen verdoppelte der Duisburger SDax-Konzern seine Prognose für das laufende Jahr – und dürfte damit rund ein Drittel seines gesamten Börsenwerts als Betriebsgewinn (Ebitda) einspielen. Ähnlich sieht es bei Herstellern wie Salzgitter aus: Auch der Stahlkocher aus Niedersachsen hat seine Prognose für 2021 kürzlich nahezu verdoppelt.

Die Lieferanten können die aktuelle Nachfrage kaum bedienen. Quelle: AP
Begehrtes Holz

Die Lieferanten können die aktuelle Nachfrage kaum bedienen.

(Foto: AP)

Was für die lange gebeutelte Branche eine kräftige Erholung nach vielen Jahren der Krise bedeutet, sorgt bei den Abnehmern für große Probleme. Erst kürzlich beklagte der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung, dass trotz der angespannten Versorgungslage in der EU immer noch strenge Importbeschränkungen gelten – und das, obwohl bereits im Mai rund 87 Prozent der vom Verband befragten Unternehmen angaben, nicht lieferfähig zu sein, weil Stahl fehlte.

Doch ob eine Lockerung der Einfuhrregeln überhaupt helfen würde, ist fraglich. Denn auch außerhalb der EU ist die Lage kaum besser. So exportiert beispielsweise China deutlich weniger Stahl, nachdem die Nachfrage im Binnenmarkt derzeit außergewöhnlich hoch ist. Die Volksrepublik, die rund die Hälfte der globalen Stahlproduktion auf sich vereint, ist damit vom Netto-Exporteur zum -Importeur geworden.

 

Halbleiter: Autobranche leidet weiter

Vor einigen Monaten noch hatte die deutsche Autoindustrie die Erwartungen, dass der Mangel an Halbleitern sich im zweiten Halbjahr 2020 legen und die Autoproduktion nicht mehr so stark bremsen würde. Doch die Hoffnungen lösen sich auf, wie die jüngsten Einschätzungen aus Deutschlands wichtigstem Industriezweig zeigen.

Beim Pkw-Absatz in Deutschland sei mittlerweile von nur noch drei Prozent Wachstum auf drei Millionen Fahrzeuge auszugehen, prognostizierte der VDA vor wenigen Tagen. Zuvor war die Branche von einem Plus von acht Prozent ausgegangen.

Der Autohersteller hat die Produktion in Sindelfingen wegen des Mangels an Halbleitern gerade erst wieder gestoppt. Quelle: dpa
Daimler-Werk Sindelfingen

Der Autohersteller hat die Produktion in Sindelfingen wegen des Mangels an Halbleitern gerade erst wieder gestoppt.

(Foto: dpa)

Derzeit blickt die Autobranche besorgt auf die Lage in Malaysia, wo Corona-Ausbrüche die Halbleiterproduktion unterbrechen. In dem asiatischen Land sind wichtige Standorte für die Endproduktion der Chips konzentriert.

Volkswagen rechnet damit, dass sich die Halbleiterkrise auch im zweiten Halbjahr in den Geschäftszahlen bemerkbar machen wird. BMW geht davon aus, dass die Versorgung mit Halbleiterkomponenten weiterhin angespannt bleibt. Und auch bei Daimler trübt der Chipmangel den Ausblick aufs zweite Halbjahr.

Chemie: Hersteller mit Rekordgewinnen

In der Chemieindustrie schrauben seit einigen Tagen die Hersteller reihenweise ihre Prognosen für 2021 nach oben. Die Nachfrage ist anhaltend gut, doch vor allem die Preise für wichtige Chemikalien und Kunststoff verharren auf hohem Niveau oder steigen noch weiter.

So wird die Covestro AG in diesem Jahr möglicherweise wieder nahe an die Rekordhöhen beim Gewinn aus dem Jahr 2017/18 herankommen. Der Konzern stellt Schäume für Polster und Dämmung her sowie den transparenten Kunststoff Polycarbonat für die Autoindustrie und die Medizintechnik. Seit Monaten profitiert Covestro davon, dass die ganze Branche nicht so viel produzieren kann wie nachgefragt wird. Die Preise sind seit Jahresbeginn durch die Decke gegangen.

Ähnlich sieht es bei BASF aus, wo die starke Industriekonjunktur für eine regelrechte Gewinnexplosion sorgt. Im zweiten Quartal sind die Produkte des weltgrößten Chemiekonzerns im Schnitt noch einmal um 35 Prozent gestiegen. Weil der Trend weiter anhält, hat BASF die Prognose für 2021 abermals erhöht.

Was die Aktionäre der Firmen freut, setzt die verarbeitende Industrie schwer unter Druck. Denn sie muss deutlich mehr für die dringend benötigten Chemikalien auf den Tisch legen. Die Kunststoff-Grundprodukte Polyethylen oder Polypropylen sind jetzt schon so teuer wie seit 2015 nicht mehr.

Die Chemieexperten der Baader Bank gehen davon aus, dass der Angebotsengpass in der Branche verbunden mit logistischen Problemen im dritten Quartal 2021 ungebrochen sein wird. Ein Ende sei frühestens im vierten Quartal absehbar, heißt es in einer aktuellen Studie der Analysten.

Quelle: Handelsblatt vom 20.07.2021

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Ulrike
Ulrike
2 Jahre zuvor

Viele faule Ausreden für hausgemachtes.
Solange wir Deppen unser gutes Holz nach USA und China verkaufen weil die mehr bezahlen muss man nur noch den Kopf schütteln wegen so viel Geldgier.

Kleiner Grauer
Kleiner Grauer
2 Jahre zuvor

Halte das für einen Schuss in den Ofen! Alles was aus Holz benutzt wird, wie Zeitung, Toilettenpapier müsste um fast hundert Prozent teurer werden.
Dann bestellt alles diese Wurstblätter ab, das wollen die nicht!