Baden-Württemberg – Straftäter kommen mangels Therapieplätzen frei

27.12.2022 – 06:51 Uhr

Straftäter kommen mangels Therapieplätze frei (Symbolfoto). Foto: imago images/Lichtgut/Max Kovalenko via www.imago-images.de
Straftäter kommen mangels Therapieplätze frei (Symbolfoto). Foto: imago images/Lichtgut/Max Kovalenko via www.imago-images.de

Wegen des Platzmangel in den Therapieeinrichtungen für suchtkranke Straftäter kommen in Baden-Württemberg immer wieder Straftäter frei. Der Sozialminister steht unter Druck.

Weil Plätze in Entziehungsanstalten fehlen, kommen in Baden-Württemberg immer wieder Straftäter auf freien Fuß. Ihre Zahl bleibt auf hohem Niveau. Laut Justizministerium wurde in diesem Jahr bei 33 verurteilten Kriminellen, die eigentlich in den sogenannten Maßregelvollzug sollten, wegen zu langer Wartezeit die Freilassung angeordnet. Im Vorjahr gelang es bei 35 Straftätern nicht, ihnen rechtzeitig einen Platz in einer Therapieeinrichtung zuzuweisen.

„Die Hütte brennt“, sagte der Vizechef der FDP im Landtag, Jochen Haußmann, der Deutschen Presse-Agentur. Unter den Entlassenen seien auch Männer, die wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden seien. Laut Sozialministerium kommen Täter mit erheblichen Gewaltdelikten nicht vorzeitig frei. „Die Entwicklung steigert das Sicherheitsgefühl der Menschen nicht gerade“, sagte Haußmann.

Das Ressort von Sozialminister Manfred Lucha setzt nach eigenen Angaben aber alles daran, die Kapazitäten zu erhöhen. „Die laufenden Planungen haben selbstverständlich das Ziel, die aktuellen Engpässe zu beheben“, sagte ein Sprecher des Grünen-Politikers.

Klinik in Schwäbisch Hall soll Abhilfe schaffen

Mit der Fertigstellung einer Klinik in Schwäbisch Hall bis Ende 2024 oder Anfang 2025 sollen dann auch langfristig wieder so viele Therapieplätze zur Verfügung stehen, dass es nicht mehr zu Freilassungen wegen Platzmangels komme.

Auch die SPD-Landtagsfraktion geht mit Lucha hart ins Gericht: „Wenn Verurteilte einfach davon spazieren, weil es in Baden-Württemberg an den entsprechenden Plätzen fehlt, ist das ein Nackenschlag für den Rechtsstaat, dem der Sozialminister tatenlos zusieht“, sagte der Strafvollzugsexperte der SPD, Jonas Weber. Das Ministerium habe jahrelang vor diesem Problem die Augen verschlossen.

Im September 2022 waren etwa 1400 Menschen im Maßregelvollzug – ein Drittel mehr als 2017. Es gibt viele Gründe für die angespannte Situation in Baden-Württemberg. Die sieben Zentren für Psychiatrie, wo die Therapien stattfinden, sind randvoll. Neben der Verdichtung in den bestehenden Einrichtungen, die zu Aggressionen unter den Patienten führen, sind Neu- und Erweiterungsbauten geplant, die aber nicht kurzfristig Luft verschaffen. Durch Neubauten an den Standorten Calw und Wiesloch werden erst Ende 2023 oder Anfang 2024 rund 100 neue Therapieplätze geschaffen. In Schwäbisch Hall sollen 100 Plätze entstehen. Damit seien dann die Lücken geschlossen, hieß es aus dem Ministerium.

Heidelberg als Lösung?

Aber bis zum Abschluss dieser Projekte braucht Lucha noch eine Übergangslösung, die er mit der Umwandlung des Heidelberger Ex-Gefängnisses „Fauler Pelz“ gefunden zu haben glaubte. Doch dieser Plan trifft auf erbitterten Widerstand in der Stadt mit Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) an der Spitze, im Gemeinderat und der Universität, die den Komplex selbst nutzen will. Die Stadt geht auch in mehreren Verfahren gerichtlich gegen die Pläne für die Immobilie im Besitz des Landes vor.

Nach Ansicht des FDP-Politikers Haußmann hat allein Lucha die Schuld an der Misere. „Er hat versäumt, die Stadt einzubeziehen und einen Kompromiss zu finden.“ Eigentlich hätte der Minister schon früher auf die Entwicklung reagieren müssen. Den Vorschlag der FDP, eine Aufnahme in anderen Bundesländern ohne Platzprobleme zu arrangieren, habe er in den Wind geschlagen. Beide Oppositionspolitiker sehen trotz der verfahrenen Lage keinen anderen Weg für Lucha, als nochmals auf die Stadt zuzugehen, denn es gebe keine Alternative zum „Faulen Pelz“ in Heidelberg.

Zur Überfüllung der Einrichtungen haben vor allem die vagen gesetzlichen Anforderungen des Paragrafen 64 im Strafgesetzbuch für die Unterbringung im Maßregelvollzug und deren großzügige Auslegung durch die Gerichte geführt. In einem von Sozialministerium und Opposition begrüßten Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums sollen die Regeln enger gefasst werden.

Bereits 2019 kam es zu Freilassungen

2019 mussten im Südwesten erstmals Straftäter wegen Platzmangels freigelassen werden. Ein Jahr später waren es sechs Menschen, die die Justizvollzugsanstalt verlassen konnten, weil die sogenannte Organisationshaft zu lange dauerte – die „Organisationshaft“ ist die Dauer zwischen Urteil und Überführung in den Maßregelvollzug, eine konkrete Zeitspanne ist dafür nicht festgelegt. Sie ist verfassungsgemäß, wenn unmittelbar nach dem Urteil die Verlegung aus der Haftanstalt in den Maßregelvollzug organisiert wird. Andernfalls ordnen die Gerichte die Freilassung an.

Ende September dieses Jahres meldete das Sozialministerium 74 Menschen in Verbindung mit Paragraf 64 in Organisationshaft – die meisten mit Wartezeiten von mehr als drei Monaten. 154 weitere Straftäter warteten aufgrund anderer gesetzlicher Grundlagen auf einen Therapieplatz.

Quelle: Stuttgarter Zeitung vom 27.12.2022

Sie finden staseve auf Telegram unter https://t.me/fruehwaldinformiert

Sie finden staseve auf Gab unter https://gab.com/staseve

Sie finden uns auf Gettr https://gettr.com/user/peterfruehwald

Folgt unserem neuen Kanal Heimische Direktvermarktung: https://t.me/heimischeProdukte

Besuchen Sie den Shop durch klicken aufs Bild

 

Dieser Beitrag wurde unter Aktuell, Geschichte, Kultur, Nachrichten, Politik, Soziales, StaSeVe Aktuell, Völkerrecht, Wirtschaft, Wissenschaft abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
1 Kommentar
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Ulrike
Ulrike
1 Jahr zuvor

Eine Schande ist das dass man solche Kreaturen wieder auf die Leute loslässt. Welcher stinkfaule Minister ist dafür zuständig? Entlasst diese Niete.
Die Gefängnisse könnte man leeren indem man alle ausländischen Straftäter sofort abschiebt in deren Heimat. Sollen doch dort in den Knast und nicht hier. Wenn ich immer lese der Messerstecher/Mörder/Vergewaltiger kam in die Psychatrie – ab in die Heimat mit solchen Kerlen. Früher hätte man sie gleich aufgehängt.

1
0
Would love your thoughts, please comment.x