Wenn das Auto die Polizei ruft: Totale Kontrolle als Sicherheitsgarantie

11.12.2015
Andreas von Rétyi

Der Fall hat sich erst kürzlich in den USA ereignet. Eine Autofahrerin rammt einen anderen Wagen und begeht Fahrerflucht. Doch hat sie die Rechnung ohne ihr Auto gemacht – denn in ihrem Ford ist ein spezielles Notfallsystem installiert. Und das ruft die Polizei.

Uns allen ist die totale Kontrolle sicher. Meist mit dem Argument, die allgegenwärtige Überwachung garantiere ihrerseits maximale Sicherheit für den Bürger. Denn fast nichts bleibt unregistriert. Angeblich schlechte Zeiten für Verbrechen und Terror. Doch der legendäre »gläserne Mensch«, das ist heute vor allem der unbescholtene Normalbürger.

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Letztendlich stellt jedes Individuum eine potenzielle Gefahr dar, wobei interessanterweise ernste Bedrohungen immer noch überraschend oft unentdeckt bleiben, sogar wenn sie leicht zu identifizieren sind, wie ganz offenkundig im Vorfeld von Paris.

Dennoch werden Fortschritt und Sicherheit sehr bewusst überall großgeschrieben, um neue Überwachungstechniken ins Spiel zu bringen. Gerade die interaktive Technologie und die Einbindung ins »Internet der Dinge« gilt als großer Schritt nach vorne, wenn es darum geht, hilfreiche, vielleicht sogar lebensrettende Maßnahmen ergreifen zu können. Ob das nun der »intelligente« Herzschrittmacher ist oder aber das »intelligente« Auto.



Eine Neuerung ist ein automatisches Notrufsystem, das nach einem Autounfall in Sekundenschnelle aktiviert wird. Das System funktioniert auf leicht nachvollziehbare Weise: Öffnet sich bei einem Aufprall der Airbag bzw. schaltet sich die Treibstoffpumpe infolge eines entsprechenden Sensorsignals aus, löst dies per Bluetooth-Verbindung gleichzeitig auch ein Signal an das Mobiltelefon des Fahrers und eine Meldung bei einer Notrufannahmestelle aus. So geschehen unlängst bei einem Unfall in Florida, USA.

Aktuellen Berichten zufolge kollidierte der schwarze Ford Focus der 57-jährigen Cathy Bernstein mit dem Heck eines Dodge Caravan. Ersthelfer versorgten die Dodge-Fahrerin, die mit Verdacht auf eine Rückenverletzung ins nahegelegene Krankenhaus gebracht wurde. Die Verursacherin hatte jedoch Unfallflucht begangen und konnte zunächst nicht befragt werden.

Cathy Bernsteins Ford war allerdings mit jenem speziellen SYNC-System ausgestattet, das vom Hersteller auch als »911 assist« bezeichnet wird, in Anlehnung an die nationale US-Notrufnummer. Das System überträgt verschiedene Informationen an die Polizei, natürlich einschließlich des exakten augenblicklichen Standorts, sofern der Fahrer das System nach einem potenziellen Unfall nicht binnen knapper zehn Sekunden deaktiviert.

Das jedoch war verständlicherweise nicht der Fall. So erhielt Mrs. Bernstein umgehend einen Rückruf der zuständigen Zentrale. Wie die aufgezeichneten Gespräche belegen, bestritt die Frau, in einen Autounfall verwickelt zu sein. »Nun, Ihr Auto hätte uns nicht angerufen … wenn es da nichteinen Unfall gegeben hätte«, erwiderte der zuständige Beamte und fügte hinzu: »Ihr Fahrzeug rief an und teilte uns mit, dass Sie in einen Unfall verwickelt seien. Es hat dies nicht ohne Grund gemacht. Haben Sie einen Unfallort verlassen?«
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Die Frau beharrte darauf, sie wisse nicht, warum das Fahrzeug eine solche Meldung abgegeben habe. Sie sei auch nicht alkoholisiert und habe lediglich ein Ausweichmanöver absolvieren müssen. Schließlich suchten die Beamten das Haus von Cathy Bernstein auf und fanden dort auch den schwarzen Ford Focus vor – die Front war sichtlich demoliert, außerdem war der Airbag ausgelöst worden. Immer noch stritt Bernstein die Unfallbeteiligung ab und erklärte stattdessen, mit einem Baum kollidiert zu sein.

Doch war da noch die silberne Farbe an der Front des Focus. Sie stammte vom gegnerischen Wagen. Schließlich gestand Bernstein ein, den Dodge gerammt zu haben. Wie sich herausstellte, hatte die Frau zuvor bereits einen anderen Unfall verursacht, war dann geflohen und auf den zweiten Wagen aufgefahren. Die Beamten nahmen Cathy Bernstein fest und brachten sie ins Gefängnis von St.-Lucie-County.

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Die auch heute noch leicht futuristisch anmutende Geschichte scheint klar für das Sicherheitssystem zu sprechen. Zwar gereichte die Fahrzeugtechnik in diesem Fall nicht gerade zum Wohle des Kunden, andererseits führte sie doch zur Klärung der Situation.

So heben viele Berichte den Vorfall als Beispiel für die Nützlichkeit dieser Technologie hervor; gerade Hersteller sehen sich bestätigt, ob nun GM mit seinem OnStar oder eben Ford mit SYNC, das auch in Deutschland angeboten wird – es gehört seit Oktober 2012 bei fast allen Focus-Modellen zur Standardausstattung und soll künftig bei allen Fahrzeugen des Herstellers erhältlich sein.

Der Notrufassistent funktioniert nach Verbindung mit einem geeigneten Mobiltelefon gegenwärtig in über 30 europäischen Ländern und wird aktiviert, sobald ein Airbag (außer Knie-Airbag) oder ein entsprechender Sensor eine Notabschaltung der Treibstoffpumpe auslöst.Kritiker sehen in solchen Systemen allerdings einen weiteren Schritt gegen die Privatsphäre. Sie weisen darauf hin, dass mehr und mehr Fahrzeuge im Namen der Sicherheit mit Überwachungstechnik ausgestattet werden. Bei einigen Systemen, darunter auch OnStar von GM, sei außerdem festgestellt worden, dass sie die Fahrer weiter verfolgen, selbst nachdem sie dieFunktion deaktiviert hätten. Zudem werde es immer schwieriger, sie auszuschalten, da viele Fahrzeughersteller in allen neuen Modellen »Black Boxes« einbauten.

Somit wäre hier also eine undurchsichtige Technologie integriert, auf die man selbst keinerlei Einfluss hat und von der auch nicht bekannt ist, wann sie welche Daten überträgt. Sie deaktivieren zu können, sei letztlich nur eine Scheinoption.

Und diese Form der Überwachung könnte wiederum, wie in zahlreichen anderen Fällen auch, zu vielen Zwecken des Informationsgewinns genutzt werden. Skeptiker sehen darin eine nicht zu unterschätzende Schattenseite dieses relativ neuen Automobilzubehörs.

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Quelle: Kopp-online vom 11.12.2015

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