Lateinamerika – Boliviens Putschregierung bittet Israel um Hilfe beim „Kampf gegen den Terrorismus“

 

Boliviens Putschregierung bittet Israel um Hilfe beim "Kampf gegen den Terrorismus"
„Erfahrung im Kampf gegen Terrorismus“ – Ein israelischer Soldat hält einen palästinensischen Jungen während eines Protestes in Hebron im von Israel besetzten Westjordanland fest, 17. Dezember 2019.

Boliviens Putschregierung hat die diplomatischen Beziehungen mit Israel wieder aufgenommen und um Unterstützung bei der Repression von Protesten gebeten. Gleichzeitig spricht die Interamerikanische Menschenrechtskommission von schweren Menschenrechtsverbrechen der Putschisten.

von Maria Müller

Der Innenminister der De-facto-Übergangsregierung Boliviens, Arturo Murillo, hat Israel um Hilfe beim Kampf gegen „terroristische Gruppen“ gebeten. Das erklärte er während der öffentlichen Vorstellung einer neuen Sondereinheit der Polizei.

Die Truppe werde die „Linken mit Verbindung zu Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro“ ausmachen, die Bolivien und die ganze Region destabilisieren wollten. Diese Spezialtruppen seien „hart und nicht zimperlich“. Mehrere Länder hätten beim Training mitgewirkt, wobei er diese nicht im Einzelnen benannte. Murillo erklärte, seine Regierung habe sich an Israel gewandt, weil es eine lange Erfahrung auf diesem Gebiet habe.

Wir haben sie eingeladen, uns zu helfen, denn sie sind daran gewöhnt, mit Terroristen umzugehen. Sie wissen, wie man mit ihnen umzugehen hat.

Schon einige Tage zuvor hatte die selbsternannte neue Präsidentin Jeanine Áñez die Schuld für die schweren Unruhen in Bolivien „ausländischen Gruppen“ zugewiesen. Es war abzusehen, dass damit Venezuela ins Spiel gebracht werden sollte. Sie nannte auch Kolumbianer, Peruaner und Kubaner als Anstifter der Massenproteste, bei denen laut dem Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAKMR) 36 Menschen getötet und über 800 verletzt wurden.

Der israelische Außenminister Israel Katz nahm die Einladung mit Wohlwollen entgegen. Er bekräftigte, dass „diese Hilfe die Außenbeziehungen Israels stärken und seinem internationalen Ansehen dienlich sind“.

Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission

Indessen veröffentlichte die Interamerikanische Menschenrechtskommission (IAKMR) vor einer Woche ihren Bericht über die Verletzungen der Menschenrechte in Bolivien im Zusammenhang mit dem Putsch gegen die Regierung von Präsident Evo Morales. In dem Text findet sich eine Situationsbeschreibung, die den Behauptungen und Schuldzuweisungen von Áñez allerdings widerspricht.

„Die Proteste und Mobilisierungen wurden von einer Vielzahl von politischen und ethnischen Gesellschaftsgruppen sowie von sozialen Bewegungen durchgeführt. Eine Reihe von Akteuren unterschiedlicher Zugehörigkeit haben die Gewalt im Zuge dieser Proteste und Mobilisierungen praktiziert. Die von der IAKMR beobachteten Verstöße gegen die Rechte von bolivianischen Bürgern wurden im Zuge der Unterdrückung von Protesten durch verschiedene staatliche Agenten begangen.“

Und weiter heißt es in dem vorläufigen Bericht:

Die Kommission stellt mit äußerster Besorgnis fest, dass es im Kontext der weit verbreiteten gesellschaftspolitischen Gewalt in den Zeiträumen vor und nach den allgemeinen Wahlen eine Reihe schwerwiegender Verstöße gegen die Menschenrechte weit über den Kontext des sozialen Protests hinaus gab.

Die Interamerikanische Menschenrechtskommission hatte zwischen dem 22. und 25. November die Städte La Paz, El Alto, Cochabamba und Sacaba besucht, um Daten zu sammeln, mit Zeugen und Opfern zu sprechen und staatliche Akteure zu befragen.

Die Kommission bestätigt Massaker in Bolivien

Der Bericht greift besonders zwei Ereignisse auf, die er als „Massaker“ bezeichnet.

Nach den Kriterien der Kommission können diese Ereignisse angesichts der Anzahl der Personen, die ihr Leben auf die gleiche Weise, zur gleichen Zeit und am gleichen Ort verloren, als Massaker bezeichnet werden. Außerdem richteten sich die Aggressionen gegen eine spezifische Personengruppe.

Mitglieder von sechs Verbänden von Coca-Bauern aus Cochabamba kamen am 15. November zu einer friedlichen Demonstration in die Gemeinde Sacaba. Beim Versuch, dort eine Brücke zu passieren, hätten Polizei und Militärs wenige Minuten nach einer verbalen Aufforderung, stehen zu bleiben, das Feuer auf die dort versammelte Zivilbevölkerung eröffnet. Außerdem hätten sie diese auch mit Tränengas, Schlägen und Tritten angegriffen, heißt es in dem Bericht. Er verzeichnet neun Todesfälle.

Der Bericht erwähnt auch die Version der Regierung, dass die Demonstranten sich gegenseitig erschossen hätten, und nennt Gründe wie das Kaliber der Kugeln, die in den Körpern der Toten und Verletzten gefunden wurden.

Der Bericht erwähnt nicht die Polizeiversion, dass unter den Demonstranten Schusswaffen gefunden wurden und dass ein Fahrzeug Einschüsse vorwies, benennt jedoch mehrere „übereinstimmende Zeugenaussagen“, dass die Demonstranten unbewaffnet waren.

Am 19. November belagerten Protestierende die Ölförderanlage in Senkata/El Alto. Auch dort eröffneten Polizei und Militär das Feuer auf die Demonstranten, darunter unbeteiligte Passanten. Mehrere leblose Körper seien laut Zeugen von Polizisten weggetragen worden, die bis heute nicht mehr auftauchten.

Der Bericht erwähnt auch die Version der Polizei, nach der die Kugeln nicht aus den Dienstwaffen der Ordnungskräfte stammten. Die Behauptung der staatlichen Seite, einige Demonstranten hätten eine Mauer der Förderanlage mit Dynamit attackiert, ist im Bericht hingegen nicht erwähnt, ebenso wenig die Festnahme von sieben Personen unter der Terrorismus-Anklage.

Die Menschenrechtskommission fordert die De-facto-Regierung Boliviens auf, eine unparteiische Untersuchung der Vorfälle durch eine Gruppe von unabhängigen internationalen Experten zuzulassen. Denn es sei nicht klar, ob die staatlichen Institutionen die Möglichkeit haben oder in der Lage seien, ihre Pflicht zu einer solchen Untersuchung zu erfüllen und die Verantwortlichen zu verurteilen und zu bestrafen.

Polizei aus Hochburg der Morales-Wähler vertrieben

Im Department Chapare, der Hochburg der Wähler von Evo Morales, hat die Bevölkerung am 8. und 10. Dezember die Polizei vertrieben. In fünf Kleinstädten der Zone stürmten sie die Polizeistationen und vertrieben die Beamten, die sich aus der Gegend zurückzogen. Seitdem fühle man sich weit sicherer, die Bewohner organisierten ihre eigenen Sicherheitskräfte.

Der neue Innenminister Arturo Murillo droht jedoch nun, dass in Chapare keine Wahlen stattfinden werden, solange die Staatsmacht dort keinen Zugang habe. In einem „Territorium ohne Gesetz“ gäbe es weder für die Wähler noch für das Personal der Wahllokale Sicherheitsgarantien. Die Vertreter von Gewerkschaften und Bauernorganisationen argumentieren mit der schweren Repression seitens der Polizei. Sie könne nur zurückkehren, wenn sie die Menschen auf Knien um Verzeihung bitte.

Evo Morales erhielt in Argentinien politisches Asyl

Am 12. Dezember reiste der abgesetzte Präsident Boliviens, Evo Morales, von Mexiko nach Argentinien. Er verlagerte sein Exil zwei Tage nach Amtsantritt des neuen Präsidenten Alberto Fernández nach Argentinien. Auch der frühere Vizepräsident Álvaro García Linera, die ehemalige Gesundheitsministerin Gabriela Montaño, Morales Außenminister Diego Pary und der bisherige Botschafter Boliviens vor der UNO, Sacha Llorenti, begleiten Evo Morales und baten um politisches Asyl in Argentinien.

Morales erklärte seine Dankbarkeit für die solidarische Aufnahme, die es ihm nun ermöglicht, sich in der Nähe seines Landes aufzuhalten. Die Kontakte zu seinen Anhängern in Bolivien würden dadurch erleichtert. Zwei Tage später empfing er bereits eine Delegation von Vertretern seiner Partei MAS (Bewegung zum Sozialismus) sowie von Gewerkschafts- und Bauernführern aus verschiedenen Teilen Boliviens. Im Rahmen der Gespräche erklärte man schließlich Evo Morales zum Leiter der Wahlkampagne der MAS-Partei in den kommenden Präsidentschaftswahlen. Ein Sprecher der Delegation, Leonardo Soza, erklärte:

Evo Morales wird bald zurückkehren, um den Prozess der Erneuerung weiter voranzubringen. Sicher wird er in fünf Jahren Präsidentschaftskandidat sein. Dafür müssen wir den Weg ebnen.

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Quelle: Russia Today (RT) vom 19.12.2019 


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