Abstimmung über Amtsenthebung: Brasilien vor dem Ende der Ära Rousseff

Dilma Rousseff
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Es dürften ihre vorerst letzten Stunden als Staatschefin sein: Brasiliens Senat entscheidet, ob gegen Dilma Rousseff ein Amtsenthebungsverfahren beginnt. Ein erneuter Rettungsversuch der Präsidentin vor Gericht scheiterte.

Am Mittwoch unterzeichnete Dilma Rousseff noch ein wichtiges Dekret: Die brasilianische Luftwaffe darf während der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro „feindliche“ Flugzeuge abschießen. Doch es könnte eine ihrer letzten Unterschriften als Staatschefin gewesen sein.

Denn die Entmachtung der Präsidentin steht unmittelbar bevor: Seit mehreren Stunden schon debattiert der Senat über eine vorläufige Amtsenthebung Rousseffs, die dafür notwendige einfache Mehrheit galt als sicher. Die Abstimmung wurde erst für Donnerstag 3 Uhr MESZ erwartet.

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Der 68-jährigen Staatschefin wird zur Last gelegt, Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern. Sie bezeichnet den Vorwurf als einen Vorwand ihrer Gegner, um sie aus dem Amt zu jagen; all ihre Vorgänger hätten mit ähnlichen Haushaltstricks gearbeitet, ohne je dafür belangt zu werden.

Hinzu kommt der gigantische Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras, in den ein großer Teil der politischen und wirtschaftlichen Elite des Landes verwickelt sein soll – darunter Politiker von Rousseffs Arbeiterpartei und ihres ehemaligen Bündnispartners PMDB. Der Präsidentin wurde bislang keine persönliche Verwicklung in die Affäre nachgewiesen, doch saß sie lange im Aufsichtsrat von Petrobras.

Rousseffs Anwälte versuchten noch, das gesamte Amtenthebungsverfahren durch das Oberste Gericht Brasiliens stoppen zu lassen. Sie argumentierten, das Verfahren sei in erster Linie von dem im Mai abgesetzten Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha als politische Waffe gegen seine Gegner angestrengt worden. Laut dem Gerichtssprecher hielt Richter Teori Zavascki die Argumentation jedoch für „wenig überzeugend„. Immerhin hätten fast 370 Parlamentarier im Abgeordnetenhaus dem Amtsenthebungsverfahren zugestimmt.

Wenn der Senat für eine bis zu 180-tägige Suspendierung Rousseffs als Staatschefin stimmt, übernimmt ihr Stellvertreter Michel Temer die Amtsgeschäfte, er dürfte dann auch die Olympischen Spiele Anfang August eröffnen. Der 75-jährige Vorsitzende der rechtsliberalen Partei (PMDB) und seine Partei hatten im März die Koalition mit Rousseffs Arbeiterpartei verlassen.

Seine Antrittsrede als Rousseffs Nachfolger hat Temer schon längst vorbereitet, auch soll er bereits über die Zusammensetzung seiner Übergangsregierung entschieden haben. Den Brasilianern ist er jedoch wenig bekannt. Wollte Temer direkt ins Präsidentenamt gewählt werden, wäre er chancenlos: In Umfragen kommt er auf ein bis zwei Prozent der Wählerstimmen.

Quelle: Spiegel-online vom 12.05.2016

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