EU-Ratspräsident Schulz: türkischer EU-Beitritt ist „Geschichte der Heuchelei“ – Erdogan einer der begabtesten Politiker

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Hamburg, 8. Juli 2016 (ADN). Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist einer der begabtesten Politiker, den er je kennengelernt hat. Das stellte EU-Ratspräsident Martin Schulz am Freitag in Hamburg auf der Jahrestagung der Organisation investigativer Journalisten Netzwerk Recherche (nr) fest. Es sei deswegen dringend anzuraten, das türkische Staatsoberhaupt nicht zu unterschätzen. Im Übrigen sei Erdogan ein äußerst geschickter Verhandlungsführer. Mit ihm in Gespräche einzutreten und zu führen, bedeute eine Gratwanderung. Der Staatschef der Türkei pflege und nähre den Mythos seiner Person, bester Repäsentant des „einfachen Volkes“ zu sein und damit unumschränkt politisch zu operieren. Jeder, der diese Rolle in Frage stellt, komme in Teufels Küche.

Schulz gab zu, vor zwanzig Jahren ein leidenschaftlicher Befürworter einer EU-Mitgliedschaft der Türkei gewesen zu sein. „Ich war ein Erdowan-Fan wegen desser schnellen Reformen“, gestand er. Seine Auffassung habe sich jedoch grundlegend geändert, seit die Türkei auf dem Wege in eine illiberale Gesellschaft ist. Mit Abscheu blicke er dennoch auf die „Geschichte der Heuchelei“, mit der den Türken von den EU-Verantwortlichen im offiziellen immer wieder dieser Beitritt zugesagt worden ist und man sich hinter verschlossenenen Türen genauso oft wieder darüber einigte, eine EU-Mitgliedschaft der Türken nie vollziehen zu wollen. Im Übrigen würden – im Falle eines Falles – die Österreicher, Franzosen und die Niederländer letztlich ohnehin einen solchen Beitritt per Referendum zunichte machen.

Schulz hatte bei der Konferenz die Laudatio zur Verleihung des nr-Recherchepreises gehalten, der als „Leuchturm für besondere publizistische Leistungen 2016“ an den Chefredakteur der türkischen Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar,  überreicht wurde. Der regierungskritische Zeitungschef steht wegen des Vorwurfs der Spionage und der Terrorunterstützung in der Türkei vor Gericht. Er kündigte in einer anschließenden Diskussionsrunde nach Entgegennahme des Preises den Abdruck der Schulz’schen Laudatio gegen die medialen Repressionen und das Ende der Pressefreiheit in der Türkei in seiner Zeitung an. Das werde gewiss neuen Zündstoff für diese Auseinandersetzungen in seinem Lande führen – auch zwischen Erdogan und Schulz.  ++ (eu/mgn/08.07.16 – 183)

Quelle: Nachrichtenagentur ADN (SMAD-Lizenz-Nr.101 v. 10.10.46) vom 08.07.2016

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Was hat denn der geraucht wenn er Erdogan als begabten Politiker bezeichnet?