Stadt München verteidigt Schutzwand – Wirbel um Mauer vor Flüchtlingsheim

Die vier Meter hohe Lärmschutz-Mauer vor einem Flüchtlingsheim in München sorgt inzwischen auch international für Schlagzeilen. Englische, französische und italienische Medien berichten über das Bauwerk, das höher ist als die Berliner Mauer.

Von: Till Erdtracht und Christoph Dicke

Stand: 07.11.2016

Die Stadt München hat den Bau einer Lärmschutzwand vor einem Heim für bis zu 160 jugendliche Flüchtlinge verteidigt. Die Fronten seien verhärtet gewesen, sagte die für Soziales zuständige Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD): „Es lief eine Klage von Anwohnern.“ Deshalb habe es im Juni ein Gespräch im Rathaus mit Anwohnern, Bezirksausschuss und Verwaltung gegeben. Dabei sei ein Lärmschutz als Kompromiss ausgehandelt worden, damit die Unterkunft endlich gebaut werden konnte. Es habe bereits ein Gutachten gegeben, das einen Lärmschutz für die Anwohner als notwendig erachtete.

„Wir haben bei Flüchtlingsunterkünften immer mal wieder Probleme. Das ist einfach so. Manchmal geht es auch vor Gericht, aber bisher konnten strittige Fragen immer gütlich gelöst werden.“

Christine Strobl (SPD), Dritte Bürgermeisterin München

 

Strobl widerspricht Rinderspacher: keine Einmauerung

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher hat die Schallschutzmauer im Münchner Stadteil Neuperlach als Symbol der Abgrenzung und Abschottung bezeichnet. Integration könne nicht funktionieren, wenn man Flüchtlinge hinter hohen Mauern absperre und das gute Miteinander mit der Bevölkerung von vornherein verhindere, sagte Rinderspacher.

Von Absperrung wollte seine Parteigenossin Christine Strobl nichts wissen: Die neue Flüchtlingsunterkunft werde nicht eingemauert: „Die Mauer steht nur an einer Seite, zu den Einfamilienhäusern hin.“ Die Flüchtlinge könnten sich frei bewegen, sagte sie der Deutschen Presseagentur. Der Bau einer Flüchtlingsunterkunft in dem Neuperlacher Gewerbegebiet war 2014 vom Stadtrat beschlossen worden.

Europaweites Echo

Straßenschild Nailastraße; Im Hintergrund ist die neu errichtete Mauer und die Flüchtlingsunterkunft zu sehen. | Bild: BR/Anton Rauch

Die Mauer zwischen Wohngebiet und Flüchtlingsunterkunft

Guido Bucholtz (Parteilos) vom zuständigen Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach hatte mit einer Drohne ein Video der Mauer gedreht und ins Internet gestellt. Damit hatte er eine bundesweite Diskussion über die „Mauer von München“ ausgelöst. Auch in der internationalen Presse wurde das Thema aufgegriffen, etwa in der britischen „Daily Mail“, ebenso in französischen und italienischen Medien.

„Wie kann es bei uns sein, dass man zwischen Flüchtlingen und Anwohnern eine Mauer bauen muss mit dem fadenscheinigen Argument Schallschutz?“

Guido Bucholtz, Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach

Das sei ein Signal, sagt Bucholtz: „Man schottet die Flüchtlinge ab, weil man sie eh nicht haben will.“ Dem widerspricht der im zugehörigen Stimmkreis gewählte Landtagsabgeordnete von der CSU:

„Es ist kein Symbol, sondern Ergebnis eines rechtsstaatlichen Verfahrens, um die Verfahrensfehler der Stadt zu heilen.“

Markus Blume (CSU), Landtagsabgeordneter Stimmkreis München-Ramersdorf

Kontroverse Diskussion im Netz

Ob auf Facebook, Twitter oder BR24.de: Im Netz debattieren sehr viele User(innen) über die Mauer. Die Gemüter sind erhitzt.

Zahlreiche Kommentatoren unterstützen die Anwohner im Stadtteil Neuperlach: „Für viele ist ein eigenes Haus mit kleinem Garten die Erfüllung eines Lebenstraums. (…) Es ist absolut nachvollziehbar, wenn man sein kleines Paradies schützt. Dieses Beispiel zeigt die erreichten Grenzen der Integrationsmöglichkeiten auf. Man kann noch so viele Mittel zu Verfügung stellen, am Ende müssen die Menschen vor Ort die Integrationslasten tragen“, sagt ein Herr Drexler auf BR24.de.

„(…) Man sucht sich die Lage seines Hauses aus, um seine Ruhe zu haben. Ich habe Verständnis für die Anwohner.“

 Karolus Trach auf Facebook

 

Integration durch Abschottung?

Andere fragen sich, ob Integration auf diese Weise funktionieren kann:

„Warum schottet man sich von vorneherein ab? Hätte man nicht erst einmal abwarten können, bis die Unterkünfte bezogen sind? Da zeigt sich, wie vorurteilsbehaftet die Anwohner sind. (…) Da kommen doch keine Monster, sondern von Krieg geplagte Menschen, die sich vielleicht auch einfach nur nach Ruhe und Frieden sehnen.“

 Thilo Exner auf BR24.de

 

Screenshot (657)

Aber auch um die Kosten und die Dimension des Bauwerks geht es:

„Wurde die von den Anwohnern selber bezahlt? Ansonsten sollte der Bürgermeister des Ortes diese Mauer aus eigener Tasche bezahlen.“

 Max Hausmann auf Facebook

„Ist diese #Mauer, in dieser Höhe, an dieser Stelle wirklich nötig?“

 @kinra auf Twitter

„Diese Mauerbauer sind nicht München“

Hinter dem Grünstreifen neben der Wohnsiedlung ist die vier Meter hohe Mauer, die die Flüchtlingsunterkunft umgibt, zu sehen. | Bild: BR/Anton Rauch

Auch viele Münchner sehen sich veranlasst, sich vom Stadtteil Neuperlach zu distanzieren, wo die Mauer gebaut wird. Diese „Mauerbauer“ hätten mit der Stadt nichts zu tun.

„Nicht München, sondern Neuperlach. Trotzdem, mir fehlen die Worte.“

 @buchstabencouch auf Twitter

Quelle: Bayerischer Rundfunk (BR) vom 07.11.2016

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Schmid von Kochel
Schmid von Kochel
7 Jahre zuvor

Um Tausende von toten Kindern und Erwachsenen in den Kriegsgebieten regt sich keiner auf, auch nicht über die von den Amis geworfenen Uran-strahlenden Bomben, die in Syrien abgeworfen worden sind, auch nicht über korrupte Politiker u.s.w., nur wenn man eine Mauer zum Schutz der Bevölkerung baut, dann regen sich die Münder der Brut.

Geronimo
Geronimo
7 Jahre zuvor

Wenn man nicht aufpasst, geht man den Bahnhofsklatschern und Gutmenschen direkt auf den Leim. Sie suggerieren nämlich, dass die Mauer der Abschottung dient. Ihre Worte sind sehr geschickt gewählt und sie vermeiden es absichtlich, den wahren Sachverhalt zu benennen. Der Guido Bucholtz! Typisches Beispiel. Es geht nicht darum, die fichlinge zu vermeiden, sondern den Lärm, der mit Sicherheit von ihnen zu erwarten ist. Da sollte er mal die Bürgermeister mit entsprechenden Unterkünften in ihren Gemeinden fragen. Dass man die fichlinge nicht haben will, ist doch auch legal, das interessiert ja ohnehin niemanden.