America First: Wie das Team von Donald Trump die US-Außenpolitik verändern wird

America First: Wie das Team von Donald Trump die US-Außenpolitik verändern wird

Der künftige US-Präsident Donald Trump muss mehrere außenpolitische Denkschulen innerhalb seines Teams ausbalancieren. Gleichzeitig halten diese einander gegenseitig in Schach. Die Zeiten der USA als liberaler Hegemon neigen sich dem Ende entgegen.

Der künftige Präsident der USA, Donald Trump, stellt Analysten immer noch vor Rätsel. Gestartet als Newcomer brach er gezielt jedes Tabu, auch innerhalb der eigenen Reihen. Auf diese Weise konnte er jedoch während der republikanischen Vorwahlen problemlos mehr als ein Dutzend gestandener Politprofis in den Schatten stellen.

Bei den allgemeinen Wahlen gelang es ihm, nicht nur eine hoch favorisierte Gegenkandidatin, sondern praktisch das gesamte Establishment vorzuführen. Am 20. Januar 2017 wird der möglicherweise ungewöhnlichste US-Präsident aller Zeiten seinen Amtseid leisten.

Ungewöhnlich ist auch sein außenpolitischer Ansatz. Für das Fachmagazin „Foreign Policy“ ein Grund mehr, sich ausführlich um eine mögliche Einordnung und Einschätzung für die Zukunft zu bemühen. Vor allem die Nominierung teilweise höchst unterschiedlicher Akteure und Charaktere als Minister und Sicherheitsberater gibt Beobachtern Anlass zu Spekulationen.

Insgesamt kristallisiert sich jedoch heraus, dass sich die unter dem Motto „America First“ stehende Außenpolitik der USA unter einem Präsidenten Trump vor allem auf drei Denkschulen stützen wird, die einander zum Teil auch beargwöhnen. Neben den genuinen Vertretern eines „America First“-Ansatzes werden vor allem auch die – wie FP sie nennt – „Religionskrieger“ und die eher an der Aufrechterhaltung des außenpolitischen Konsenses der Nachkriegszeit orientierten „Traditionalisten“ eine tragende Rolle spielen.

In einem Weißen Haus, das wie ein Unternehmen geführt werden soll, sollen diese Gruppen dem Chef Entscheidungsgrundlagen liefern, einander einen Produktivitätswettbewerb liefern und einander kontrollieren – und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Wählerschaft zufriedengestellt wird.

Was die America First-Fraktion im engeren Sinne anbelangt, ist deren klassisch paläokonservative Sichtweise diejenige, die auch am ehesten mit den inneren Überzeugungen des Milliardärs aus Queens selbst konform geht.

Sie geht davon aus, dass die USA sich im politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Niedergang befinden, weil sie zu viel Energie in auswärtige Belange investieren, von fremden Mächten und Trittbrettfahrern ausgenutzt werden und ihnen aus der Öffnung der Grenzen für Einwanderer oder den freien Welthandel mehr Nachteile als Vorteile erwachsen.

Außenpolitische Bündnissysteme und die „Verbreitung von Demokratie“ in der Welt sind den America-Firstern keine Herzensanliegen. Die USA sollen zwar die stärkste und modernste Armee der Welt haben, so Trump, aber man will sie nur dann einsetzen, wenn tatsächlich jemand auf die wahnwitzige Idee kommen sollte, die größte Militärmacht der Welt anzugreifen. Gegen eine Zusammenarbeit mit vermeintlichen oder tatsächlichen „Autokraten“ hat man nichts einzuwenden, wenn dies eigenen Interessen und der Stabilität dient.

Die Lehre aus dem Desaster, das diverse US-amerikanische „Regime Change“-Abenteuer der letzten Jahre hinterlassen hatten, lautet demnach, dass eine schlechte, möglicherweise diktatorische, aber stabile Regierung in jedem Fall dem Chaos eines Bürgerkrieges vorzuziehen sei.

Trump glaubt entsprechend auch nicht an vermeintliche „Wertegemeinschaften“, und auch wenn er keinen unilateralen Rückzug der USA aus Bündnissen wie der NATO erklären wird, wird er auch nicht annähernd jene Energie in deren Vertiefung investieren, die man von seinen Vorgängern gewöhnt war. Stattdessen sieht er Schutz- und Sicherheitsinteressen auch als potenzielle Handelsgüter an, über deren Reichweite mit Freund und Feind gleichermaßen verhandelt werden könne.
Sinnbildlich dafür stehen die jüngsten Äußerungen Trumps mit Blick auf die Taiwan-Krise mit China. Die Volksrepublik hatte es beanstandet, dass Trump einen Anruf der Präsidentin Taiwans entgegennahm. Der designierte Präsident erklärte daraufhin:

Ich weiß nicht, warum wir an die Ein-China-Politik gebunden sein sollen, wenn wir uns nicht in anderen Fragen, unter anderem dem Handel, mit China auf einen Deal einigen können.

Für Trump steht im Vordergrund jeder außenpolitischen Vereinbarung mit anderen Ländern die Überlegung: „Was ist für Amerika wirtschaftlich drin?“ Dabei werden auch Rücksichtnahmen auf traditionelle Partner nebensächlich, wenn der Deal für Washington selbst stimmt.

Die America-First-Fraktion hat, wie die Wahl gezeigt hat, einen erheblichen Rückhalt in der „schweigenden Mehrheit“ zumindest der eher ländlich strukturierten Bundesstaaten, aber auch in früheren Demokraten-Hochburgen, die Hillary Clinton weggebrochen sind. Innerhalb der politischen Klasse und auch in beiden Parteien hat sie jedoch wenig an Rückendeckung.

Zu den genuinen America-Firstern gehört unter anderem sein Chefberater Steve Bannon. Allerdings braucht Trump im Kabinett und im Kongress Verbündete aus anderen Kreisen, die ihm ermöglichen, Ziele umzusetzen, die kennzeichnend für diesen außenpolitischen Ansatz sind.
Die Vertreter der religiösen Rechten gehören zu den republikanischen Stammwählern und melden entsprechend ebenso einen Anspruch an, eine tragende Rolle zu spielen – auch wenn Trump seine entscheidenden Stimmen bei den weniger aktiven „Kulturchristen“ geholt hat.

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Für die religiöse Rechte steht der Kampf gegen den radikalen Islam im Vordergrund, der seit dem 11. September auch eine tragende Rolle in der republikanischen Außenpolitik insgesamt gespielt hat. Daneben hatte – und hier war der Konnex zwischen den „Theocons“ und den Neocons – auch die Beibehaltung der globalen Hegemonialstellung der USA und damit auch jene in Europa und Ostasien für die Republikaner eine entscheidende Bedeutung.

Der Krieg gegen den Terror war der religiösen Rechten auch – und hier treffen sie sich mit den America-Firstern – wichtiger als die Eindämmung der alten und neuen geopolitischen Rivalen wie Russland und China.

Für viele hat der Kampf gegen den radikalen Islam – einige sprechen sogar vom Islam an sich – einen ähnlichen weltpolitischen Stellenwert wie einst die ideologische Auseinandersetzung mit dem Kommunismus. Zwar bildeten die schrillsten Vertreter dieser Richtung bislang eher einen marginalisierten Rand in der Partei, die Tea Party, der Vormarsch des IS im Nahen Osten und nun die Wahlbewegung für Donald Trump haben ihnen jedoch einen deutlichen Schub verliehen.

Der Nationale Sicherheitsberater Trumps, Michael Flynn, gehört zu jenen Personen im Umfeld Trumps, die den Kampf gegen den radikalen Islam für das drängendste außenpolitische Problem halten, ebenso der frühere Angehörige einer christlichen Miliz im Libanon und außenpolitische Berater Walid Phares. War eine prorussische Haltung in den USA politisch lange Zeit unpopulär, hat sie vor allem unter jenen Wählern, die im radikalen Islam eine besonders große Gefahr erblicken, an Akzeptanz gewonnen. Die von Trump kultivierte Vorstellung von einer NATO, die obsolet geworden sei, und einer „überflüssigen“ Präsenz der USA in Asien kommt ebenfalls dort am besten an, wo man davon ausgeht, dass die Muslimbruderschaft und andere extremistische Gruppen die globale Machtfrage stellen.

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Allerdings würde die religiöse Rechte einen vollständigen Kollaps des US-Einflusses in Europa und Asien, der Russland und China zu deren neuen Hegemonialmächten machen würde, ebenfalls nicht billigen und unterscheidet sich darin von den America-Firstern, die selbst eine solche Entwicklung für akzeptabel erachten, solange dadurch der US-amerikanische Haushalt geschont würde und sich Möglichkeiten für bilaterale Vereinbarungen auf einer Win-Win-Basis ergeben. Außerdem sehen einige aus diesem Umfeld eine Allianz mit Russland mit Skepsis – zum einen auf Grund der Tatsache, dass evangelikale Gruppen in der Russischen Föderation als „nicht traditionelle Religion“ keinen einfachen Stand haben, zum anderen, weil mit einer Allianz zwischen Washington und Moskau eine Stärkung des Iran verbunden sein könnte.

Die Traditionalisten als dritte große Gruppe, die sich stark an die Ideen der Reagan-Administration anlehnt und ein mögliches Einfallstor für neokonservative Ideen darstellt, sind bei Trump selbst und innerhalb seiner Wählerschaft weniger populär als America-Firster und religiöse Rechte. Der künftige Präsident braucht sie jedoch, um auf den breiten Erfahrungsschatz ihrer Protagonisten zurückgreifen und im Kongress Allianzen schmieden zu können. Immerhin gilt dort noch weitgehend der alte überparteiliche Konsens, der in Richtung Global Leadership der USA geht und der vielerlei Facetten hat. America-Firster und religiöse Rechte sind zudem alleine nicht mächtig genug, um effektiv regieren zu können.

Die Traditionalisten, zu denen beispielsweise der künftige Verteidigungsminister General James Mattis zu zählen ist, werden die Funktion haben, ein Auseinanderbrechen bestehender Bündnissysteme und Allianzen zu verhindern und zu abrupten außenpolitischen Schwenks entgegenzuwirken. Das ist auch in Trumps ureigenem Interesse, da er seinerseits die religiöse Rechte braucht, um einem möglichen Übergewicht des Mainstreams entgegenzuwirken – andererseits aber auch nicht riskieren will, von den Religiösen eine Konfrontationspolitik gegen den Iran aufgezwungen zu bekommen, die am Ende noch in eine militärische Auseinandersetzung münden könnte.

Es war daher nur folgerichtig von Trump, Flynn ein Gegengewicht in Form von Mattis entgegenzustellen, der trotz seines Rufs als militärischer Haudegen und einiger deftiger Aussprüche, die allerdings bereitwillig aus dem Zusammenhang gerissen wurden, beispielsweise ein Festhalten am Atomdeal mit dem Iran bevorzugt. Andererseits hat er ein Übergewicht der Traditionalisten vermieden, indem er Mitt Romney überging und stattdessen mit Rex Tillerson einen Hardcore-Pragmatiker mit klarer America-First-Orientierung und ausgeprägter Russophilie als Außenminister vorsah.

Als erfolgreicher Geschäftsmann, der mit den Traditionalisten zu arbeiten versteht, gleichzeitig in der Lage ist, mit ausländischen „starken Männern“ Vereinbarungen auf Win-Win-Basis zu treffen und der auch die nationale Sicherheit durch die ökonomische Linse betrachtet, ist Tillerson der eigentliche Motor von Veränderungen in Trumps außenpolitischem Team.
Trump selbst sagt über Tillerson:

Rex hat ein freundschaftliches Verhältnis zu vielen der Führer in der Welt, mit denen wir nicht klarkommen, und manchen gefällt das nicht. Sie wollen nicht, dass sie freundlich sind. Deshalb werde ich den Deal mit Rex durchziehen, denn mir gefällt, worum es hier geht.

Es wird innerhalb der heterogenen Mannschaft, die nicht immer untereinander einig sein wird, einiges an Konfliktpotenzial geben, und das wird bereits mit der Besetzung hunderter außenpolitisch relevanter Posten beginnen, die noch aussteht. Es wird auf Trumps Qualitäten im Konfliktmanagement ankommen, wie die Mannschaft durch Krisen und Stürme funktioniert.


Thomas Wright von der Brookings Institution ist nicht wohl, wenn er sich in Foreign Policy vergegenwärtigt, dass die letzte Entscheidung in jedem Fall der paläokonservative America-First-Verfechter Donald Trump das letzte Wort hat:

Niemand kann den Commander-in-Chief dazu veranlassen, etwas gegen seinen Willen zu tun. Man kann ihn nicht dazu zwingen, mit seiner Militärmacht zu drohen oder sie einzusetzen, um ein Bündnis aufrechtzuerhalten. Man kann ihn nicht dazu zwingen, ein Handelsabkommen oder einen Vertrag zu unterschreiben. Und man kann ihn nicht dazu zwingen, Demokratie und Menschenrechte in aller Welt zu unterstützen. Trumps Weltsicht läuft darauf hinaus, Amerikas Rolle in der Welt zu reduzieren, und es gibt keine narrensicheren Vorkehrungen und Gegengewichte dazu.

Deshalb wird der Trumpismus schrittweise in Geltung gesetzt werden. Und es könnte am Ende die Europäische Union sein, die, sobald Trump tatsächlich in der Verantwortung steht, am unteren Ende der Nahrungskette steht – sei es in der Klimapolitik, sei es mit Blick auf den Syrienkonflikt, sei es, was ihre Konfrontationspolitik anbelangt.

Trump könnte das Chaos sogar begrüßen“, meint Wright. „Ein Nationalist braucht ausländische Rivalen und Kontrastfiguren. Das Problem am Streit mit realen Feinden ist es, dass sie einem vorwerfen könnten, zu bluffen, und dadurch dazu zwingen, entweder Gewalt anzuwenden oder sich vorführen zu lassen. Mit Verbündeten zu streiten ist einfacher. Die langfristigen Risiken sind enorm, aber abstrakt und schwer gegenüber der Öffentlichkeit zu kommunizieren.

Schon jetzt genießt der künftige US-Präsident das Wohlwollen führender EU-kritischer Kräfte und „illiberaler Demokraten“ von Nigel Farage über Björn Höcke bis zu Viktor Orban. Trumps Berater Bannon ruft zu einer globalen Rebellion gegen das Establishment auf. Ob diese Entwicklungen die transatlantischen Beziehungen zwischen den USA und der Europäischen Union belasten, scheint Trump auch nicht wirklich zu interessieren und es ist höchst ungewiss, ob sich daran etwas ändern wird, sobald er im Amt ist.

In Foreign Policy erschaudert man jedenfalls davor, wie Trump die Außenpolitik der USA erschüttern könnte:

Die USA haben in den letzten 70 Jahren eine liberale internationale Ordnung aufgebaut und geführt. Erstmals hat Amerika nun einen Präsidenten, der diese Strategie zurückweist.

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Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Die USA haben in den letzten 70 Jahren eine liberale internationale Ordnung aufgebaut und geführt.

Da kommt einem das Mittagessen wieder hoch. Wo haben die das gemacht?????