Aufbau im Osten, während der Westen Zerstörung versucht

21.12.2015
F. William Engdahl

In den letzten Monaten bemerke ich mehr und mehr, dass unsere Welt – wenn es auch schwerfällt, das zu glauben – die scheinbar endlosen Kriege allmählich hinter sich lässt. Doch machen Sie sich nichts vor, wir haben das Ende der Kriege noch nicht in Sicht.

Die Dynamik und die Energie der Kriege ändern sich jedoch. Nicht ohne wahnhafte Selbsttäuschung wirft die so genannte westliche Welt mit Gabeln, Geschirr, Töpfen, Pfannen, Nudelhölzern – mit allem, was ihr in ihre blutigen Hände gerät – um sich wie ein verwöhntes Kind bei einem gewaltigen Wutanfall.


Sie versucht, diese Wirklichkeit, die sie von Sekunde zu Sekunde weniger unter Kontrolle hat, zu leugnen. Die Welt beginnt, sich von Kriegen – wenn Sie so wollen –, von einer patriarchalischen Psychose der Kontrolle, von einer Matrix aus Angst, Scham, Schuld, Wut und Hass, abzuwenden. In einem Gebiet, das wir im Westen egomanisch »den Osten« nennen, beginnen Aufbau und neue Großprojekte in Erscheinung zu treten, um einen Bereich der Menschheit, der seit über 1000 Jahren übergangen worden ist, voranzubringen.

Diese positive Veränderung wird, wenn überhaupt irgendetwas, unsere Menschheit vor der massenhaften Vernichtung und Zerstörung retten, die uns einige im Westen so inständig zugedacht haben.


Ich möchte dies anhand jüngster Entwicklungen in dem Gebiet veranschaulichen, das seit vielen Hundert Jahren auf Chinesisch »Zhōngguó« oder »das Land in der Mitte«, genannt wird. Zu dem kann es sehr wohl wieder werden, wenn sich die derzeitigen Entwicklungstendenzen in China, Russland und in anderen eurasischen Nationen weiter fortsetzen.

China geht mit einer beeindruckenden Reihe großer internationaler Infrastrukturprojekte voran. Sie umfassen Russland und andere Staaten der Eurasischen Wirtschaftsunion und reichen sogar bis an die Europäische Union heran. Peking ist mit der für China üblichen Geschwindigkeit dabei, seine Wirtschaft über Land- und Seewege mit ganz Eurasien zu verbinden, und zwar vom Ostchinesischen Meer bis zum Schwarzen Meer, von der Straße von Málaga bis zum Golf von Finnland und bis Piräus im östlichen Mittelmeer.

Peking hat kürzlich seine Asiatische Infrastruktur-Investment-Bank (AIIB) eröffnet. Diese Einrichtung könnte bald die marode, von den USA kontrollierte Weltbank schlecht aussehen lassen, weil sie nicht verschwenderisch Windmühlen finanziert, sondern wirkliche Infrastrukturprojekte in Asien bis hinein nach Eurasien. Allerdings wartet Peking nicht auf neue (Privat-) Banken.

China, das neue Zhōngguó

Es ist wichtig, eine klare Sicht auf die positiven Entwicklungen in der Welt zu haben. Wir neigen dazu, diese zu verlieren, weil wir zu oft von den negativen Entwicklungen hypnotisiert werden. Lassen Sie mich kurz auf jüngste Entwicklungen eingehen, an denen die Volksrepublik China beteiligt ist und die möglicherweise die ganze Erde verändern können, wenn sie richtig angepackt werden, nämlich auf eine Weise, welche die eurasischen Länder von dem zerstörerischen und bankrotten Dollar-System abkoppelt.

Am 4. Dezember kündigte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping bei der Eröffnung eines zweitägigen Forums für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit (FOCAC) in Johannesburg an, China werde Ländern in Afrika Hilfen und Kredite im Wert von 60 Mrd. US-Dollar (USD) gewähren.

Darin werden »fünf Milliarden USD als zinslose Darlehen und 35 Mrd. USD als Dispositions- und Export-Kredite und Vorzugsdarlehen enthalten sein«. Xi kündigte auch Dürrehilfe für den afrikanischen Kontinent an und erklärte: »China ist sehr besorgt wegen der vom El Niño in vielen afrikanischen Ländern verursachten schlechten Ernten und wird eine Milliarde Yuan (156 Millionen USD) für Nahrungsmittelsoforthilfe in den betroffenen Ländern bereitstellen.«

Es ist erwähnenswert, dass China im Jahr 2000 das FOCAC, an dem 40 afrikanische Staaten mit ihren Ministern beteiligt sind, gegründet hat. 2006 war Peking Gastgeber des ersten Gipfeltreffens der FOCAC-Staatschefs in China, an dem 35 afrikanische Staatsoberhäupter teilnahmen. Auf diesem Gipfeltreffen kündigte China an, es werde fünf Milliarden USD an Vorzugsdarlehen für Afrika bereitstellen.

Dieses große wirtschaftliche Interesse Chinas an Afrika löste im US-Finanzministerium in Washington und bei dem von den USA dominierten Internationalen Währungsfonds (IWF) Schockwellen aus. Chinas damaliger Präsident Hu Jintao kündigte danach die Gründung des »Entwicklungsfonds China-Afrika« mit einer Anschubfinanzierung von einer Milliarde USD zur Förderung weiterer chinesischer Investitionen in Afrika an. Er erwarte – wie er sagte –, dass der Fonds in Zukunft auf fünf Milliarden USD aufgestockt werden wird.

Die Bush-Cheney-Kabale in Washington reagierte auf Chinas Angebot der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den lange vernachlässigten, vom IWF unterdrückten, afrikanischen Nationen mit der Gründung von AFRICOM, einer Kommandantur des Pentagon mit dem einzigen Zweck, sich mit der Bekämpfung des chinesischen Einflusses in Afrika zu beschäftigen.

Wie? Durch Kriege, Farben-Revolutionen, den Arabischen Frühling, die Zerstörung Libyens unter dem betrügerischen Vorwand eines Rechts zum Bevölkerungsschutz, durch Aufstellen von Terrorbanden in Mali, der Boko Haram in Nigeria und so weiter bis zum Gehtnichtmehr.

Auf dem zweiten Gipfeltreffen der Staatschefs – und der sechsten Ministerkonferenz der FOCAC – kündigte Peking jetzt an, es werde afrikanischen Staaten weitere 60 Milliarden USD für Entwicklungsprojekte und Beihilfen gewähren. Werden davon chinesische Interessen profitieren? Natürlich. Und warum nicht? Wird davon Afrika profitieren? Ja!
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Und noch einmal: Im Gegensatz zu den endlosen Kriegen der NATO wird die Errichtung von Infrastruktur – von Eisenbahnen, Wasserwegen, Stromnetzen – die Menschen voranbringen und Frieden und Stabilität fördern. Das ist eine grundlegende Tatsache der menschlichen Geschichte.

Vor der Sitzung des FOCAC reiste Xi nach Simbabwe, seit Langem ein Verbündeter Chinas. Dort kündigte er Kredite an, um die angeschlagene Wirtschaft des Landes zu erneuern. Zehn Wirtschaftsabkommen wurden zwischen China und Simbabwes Präsident Mugabe, den die Briten seit 1997 wiederholt zu stürzen versucht hatten, unterzeichnet.

In Südafrika unterzeichnete Xi bilaterale Abkommen und Kreditgeschäfte im Wert von 6,5 Milliarden USD, hauptsächlich zum Ausbau der südafrikanischen Infrastruktur. Insgesamt wurden 26 Abkommen zwischen Südafrika und China unterzeichnet, gab der südafrikanische Präsident Jacob Zuma bekannt. Südafrika ist selbst auch Mitglied der BRICS-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika.

Chinas Schnellstraße in die EU

Neben seinen rasch ausgebauten Wirtschaftsbeziehungen zu dem großen, reichen und vom Westen weitgehend vernachlässigten afrikanischen Kontinent arbeitet China weiter daran, sein großes Projekt »Ein Gürtel«, nämlich eine Hochgeschwindigkeitsbahn in die Länder der Europäischen Union, sicherzustellen.
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Am 26. November war der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang Gastgeber des vierten China-, Mittel- und Ost-Europa-Gipfels (CCEE/CMOE) in Suzhou, an dem 16 europäische Staats- und Regierungschefs teilnahmen. An dem Forum, das Peking 2012 angeregt hatte, waren Führungskräfte aus China und 16 mittel- und osteuropäischen Staaten beteiligt, nämlich aus Albanien, Bosnien, der Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, der Tschechischen Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Mazedonien, Montenegro, Polen, Rumänien, Serbien, der Slowakei und aus Slowenien.

Alle diese europäischen Länder haben mit der depressiven Wirtschaftslage der EU zu kämpfen. Die chinesischen Medien nannten das Treffen eine »goldene Gelegenheit«, um die Zusammenarbeit zu vertiefen. Angesichts Chinas jüngster Faszination für Gold – China hat Südafrika als Land mit dem weltweit größten Goldbergbau übertroffen – könnte die Aussage mehrere Bedeutungen haben.

Angesichts des tatsächlichen Zustands eines nahe bevorstehenden Kriegs und der bestehenden Wirtschaftssanktionen der EU-Staaten unter Führung Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Spaniens gegen Chinas engen Verbündeten, die Russische Föderation, will China sichergehen, dass sein riesiges eurasisches Netz an Hochgeschwindigkeitsbahnen schnell fertiggestellt wird.

»Ein Gürtel, Eine Brücke«, wie das Projekt offiziell genannt wird, würde China in den Augen Pekings als vorrangige Priorität fest auf den großen Märkten der Europäischen Union etablieren, auch um das depressive chinesische Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln.

Die Staaten Mittel- und Osteuropas sollen China als Umschlagplätze für die größeren EU-Märkte dienen. Peking weiß, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Kriegsfalken in Washington und an der Wall Street auch China ins Visier nehmen. Peking macht sich wenig Illusionen über Washingtons Geostrategie; das weiß ich mit Sicherheit.

Große Infrastrukturprojekte

Li Keqiang teilte den Teilnehmern am Gipfeltreffen mit, wie China die Region sieht: »Am östlichen Tor von Europa und entlang der Strecken des ›Gürtels und der Straße‹ gelegen, genießen die mittel- und osteuropäischen Länder (CEEC/MOEL) einen deutlichen Vorteil bei der Verbesserung der Verbindungsmöglichkeiten.« Er fügte hinzu, China wolle mit ihnen zusammenarbeiten, »um eine Express-Linie zwischen Europa und China zu Land und zur See aufzubauen und um die Verbindungsmöglichkeiten in Europa zu fördern«.

Pralinenbote

Xinhua, die offizielle staatliche Nachrichtenagentur Chinas, fasste die Ergebnisse des Gipfels zusammen und sprach von einer »durch die Infrastruktur geleiteten, allumfassenden Zusammenarbeit« zwischen China und den MOE-Staaten. China unterbreitete auch ein Angebot zum Bau von Eisenbahnen, Straßen und Häfen in Europa. Konkret unterzeichnete China einen Vertrag mit Ungarn und Serbien über den Bau einer Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Budapest und Belgrad. Der Bau soll noch vor Ende dieses Jahres beginnen und bis 2017 fertiggestellt sein. Xinhua beschrieb die neue Eisenbahn als »eine Überholspur für den Import und Export von Produkten zwischen China und Europa«.

China ist Weltmarktführer beim Bau von Hochgeschwindigkeitsbahnen (schneller als 200 km/h). Das Land hat im vergangenen Jahrzehnt mehr als 20 380 km Hochgeschwindigkeitsstrecken, mehr als die übrige Welt zusammen, gebaut, und baut oder plant im Inland weitere 16 775 km Bahnstrecken. Dazu zählen nicht die Strecken außerhalb des eurasischen Raums für das Projekt »Ein Gürtel, Eine Straße«, auf das sich Peking derzeit festlegt.

China ist heute weltweit die Adresse beim Bau von Eisenbahn-Infrastruktur, während der Westen, angeführt von dem erbärmlichen Beitrag der USA zum Eisenbahnbau, immer weiter zurückfällt. China hat in Shanghai die fortschrittliche, ultraschnelle Maglev-Magnetschwebebahn, die mit über 400 km/h verkehrt, gebaut.


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Es handelt sich um den weltweit schnellsten Linienverkehr mit der Bahn, welche die deutsche Industrie in den 1980er Jahren entwickelt hatte, deren Bau aber in Deutschland politisch blockiert worden war. Anfangs begann China seine Entwicklung der Hochgeschwindigkeitsbahn aufgrund von Abkommen mit Alstom, Siemens, Bombardier und Kawasaki Heavy Industries über den Technologietransfer aus dem Ausland. Die chinesischen Ingenieure haben dann Komponenten für das Inland neu entwickelt und bauten eigene Züge, die Geschwindigkeiten von bis zu 380 km/h erreichen können. Heute exportiert China seine eigene Eisenbahntechnik.

Die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Ungarn und Serbien wird Teil einer längeren »Land-Meer-Express-Verbindung« zwischen China und Europa sein. Die chinesische Regierung lässt verlauten: »Die Express-Verbindung erstreckt sich vom Hafen Piräus in Griechenland im Süden nach Norden bis nach Budapest in Ungarn über Skopje in Mazedonien und Belgrad in Serbien.«Auch wenn Griechenland nicht am China-MOEL-Gipfel teilgenommen hat, hatten sich die Führer der drei anderen Länder – Ungarn, Mazedonien und Serbien – mit Li getroffen und vereinbart, gemeinsam an dem Projekt zu arbeiten.

Li kündigte ebenfalls an, China werde in den Bau und in die Modernisierung der Hafenanlagen an der Ostsee, der Adria und am Schwarzen Meer investieren. Er erklärte: »Kroatien, Slowenien, Polen, Lettland und Bulgarien haben vorgeschlagen, die Zusammenarbeit im Bereich Hafenentwicklung zu intensivieren.« Im Vordergrund stehen Projekte »der Zusammenarbeit bei der Produktionskapazität zwischen den Häfen und Industriegebieten an den Küsten des Adriatischen Meeres, der Ostsee und des Schwarzen Meeres«. Chinesische Unternehmen werden »in diesen Projekten die wichtigste Rolle übernehmen«.

China will die Anschubfinanzierung übernehmen, um sicherzustellen, dass chinesische Unternehmen einen gebührenden Anteil an den Projekten erhalten. Mit Lis Worten: »China wird bevorzugt finanzielle Unterstützung für die Projekte gewähren, die chinesische Produkte und Anlagen bei der Zusammenführung der Produktionskapazitäten nutzen werden.«

Er schlug eine neue »16 + 1-Finanzierungsgesellschaft« vor, um diese Projekte »mit Betriebsmitteln« finanziell zu unterstützen. Damit ließen sich die strengen Beschränkungen der Staatsverschuldung durch die EU umgehen. Vazil Hudák, der Wirtschaftsminister der Slowakei, sagte gegenüber Xinhua: »Die ganze Region könnte an größeren Infrastrukturprojekten wie Kommunikation, Transportwesen oder einer gewissen Energie-Infrastruktur zwischen den Ländern, gemeint sind Gasleitungen, interessiert sein.«

Kein Wunder, dass Washington und die amerikanischen Oligarchen fürchten, die Kontrolle über die Welt zu verlieren. China leitet, vor allem im Zusammenspiel mit Russland und den eurasischen Staaten, eine wirtschaftliche Renaissance in einem Ausmaß ein, das seit über einem Jahrhundert nicht mehr erlebt worden ist. Als Reaktion darauf bietet Washington der Welt ein erbärmliches Sammelsurium an Kriegen an – Kriege im Nahen Osten, Kriege in der Ukraine, die politische Destabilisierung der brasilianischen Präsidentin, die eng mit China und Russland in der BRICS-Gruppe der großen Entwicklungsländer zusammenarbeitet.

Kriege durch Farben-Revolution zum Regimewechsel sind von Usbekistan bis Mazedonien und Venezuela und darüber hinaus überall denkbar geworden. Der Gegensatz ist für alle unübersehbar, die sich die Mühe machen, hinzuschauen. Ich für meinen Teil ziehe Bau-Vorhaben solchen der Zerstörung vor.

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Quelle: Kopp-online vom 21.12.2015

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