Landtag in Baden-Württemberg – Die AfD muss leider draußen bleiben

Geschlossen gegen die AfD: Um einen Vertreter des Parlamentsneulings im Landtagspräsidium zu verhindern, bauen die bisherigen Fraktionen lieber eine Stelle ab. Die AfD nimmt das nicht kampflos hin.

Von Hannelore Crolly

Jörg Meuthen auf dem Weg zu einer Fraktionssitzung der AfD

Foto: picture alliance / dpaJörg Meuthen auf dem Weg zu einer Fraktionssitzung der AfD

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Der neue baden-württembergische Landtag hat sich noch nicht konstituiert, da dräut bereits das erste Aufeinanderprallen des Parlamentsneulings AfD mit den bisherigen Fraktionen. Mit der Alternative für Deutschland, die am 13. März aus dem Stand 15,1 Prozent geholt hatte, stehen dem Landtag unruhige Zeiten bevor.

Fraktionschef Jörg Meuthen hat eine „harte Opposition“ angekündigt. Wie hart, das könnte sich schon am ersten Sitzungstag zeigen, wenn es um die Position der Vizelandtagspräsidenten geht.

Die Besetzung der Landtagsspitze dagegen scheint geklärt: Erstmals wird vermutlich eine Frau den lukrativen Posten übernehmen. Die türkischstämmige Grünen-Politikerin Muhterem Aras setzte sich in einer Kampfabstimmung ihrer Fraktion gegen die bisherige Vizelandtagspräsidentin Brigitte Lösch durch.

Die AfD ist mit 23 Sitzen nicht nur Oppositionsführerin gegen die grün-schwarze Regierung, sondern auch drittgrößte Fraktion. Das beschert ihr einige Rechte wie den Vorsitz des Finanzausschusses und eines weiteren Gremiums, das noch bestimmt werden muss.

Auch das Amt des Alterspräsidenten steht der AfD zu. Der 75-Jährige frühere Arzt Heinrich Kuhn aus Calw wird deshalb die konstituierende Sitzung des Landtags am 11. Mai eröffnen und das Parlament begrüßen.

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Ein weiteres Amt jedoch, das der Partei nach den bisherigen Gepflogenheiten in die Hände fallen würde, wollen Grüne, CDU, SPD und Liberale der AfD verwehren: In einer informellen Sitzung hatten sich die vier Fraktionen darauf verständigt, nur noch einen Stellvertreter für den Landtagspräsidenten zu wählen statt wie bisher zwei. Auf diese Weise ginge die AfD leer aus. Das wird der Landtagsnovize vermutlich nicht kampflos hinnehmen.

Kein rechtlicher Anspruch

In Sachsen-Anhalt war ein AfD-Kandidat zum Vizepräsidenten gewählt worden. Und auch außerhalb der AfD gab es bereits Warnungen davor, mit der AfD „Spielchen“ zu betreiben: „Das, was die AfD aus eigener Kraft erreicht hat, soll sie kriegen“, hatte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) der „Welt am Sonntag“ gesagt. „Also nicht noch schnell die Geschäftsordnung umbauen, damit die keinen Ausschuss bekommen, das halte ich für Unsinn und stärkt nur den Nimbus der Märtyrer.“

Allerdings gibt es in der Geschäftsordnung des Landtags tatsächlich keinen rechtlichen Anspruch auf den Posten eines Vizelandtagspräsidenten. Es ist weder festgelegt, wie viele Stellvertreter es gibt, noch, wer Anspruch auf die lukrative und repräsentative Position hat. Die Fraktionen entscheiden gemeinsam über Zahl und Besetzung.

In der letzten Legislatur war es aber brav der Reihe nach gegangen: Der Chefposten stand der stärksten Fraktion zu, die zweit- und drittstärksten Fraktionen durften jeweils einen Stellvertreter ins Rennen schicken. Zuletzt war der CDU-Abgeordnete Wilfried Klenk Präsident, sein Vizeteam bestand aus Wolfgang Drexler (SPD) und Brigitte Lösch von den Grünen.

Als Begründung für die Verschlankung führen CDU und Liberale die Kosten ins Feld: „Mit dieser Entscheidung wird der Steuerzahler entlastet“, betont FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Außerdem, so Rülke, habe der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen „öffentlich angeboten, einen Vizepräsidentenposten einzusparen. Dieses Angebot nehmen wir gerne an.“

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Warnung vor einer „weiteren Stigmatisierung“

Tatsächlich hatte Meuthen zunächst betont, er könne auch mit einer Verkleinerung der Landtagsspitze leben. Doch dann änderte er seine Haltung, als er sich informierte, wie viele Aufgaben das Präsidium hat. Jetzt hält er einen der AfD zustehenden, zweiten Stellvertreter für unverzichtbar. In der „Badischen Zeitung“ warnte er vor einer „weiteren Stigmatisierung“ seiner Partei.

Auch die SPD ist gegen eine Verkleinerung, ebenfalls aus Gründen der Alltagstauglichkeit. Einen AfD-Vertreter wählen würde die Partei aber dennoch nicht. Sie plädierte für eine Gegenkandidatur, um den AfD-Vertreter zu verhindern und möglichst einen eigenen Vizepräsidentenposten zu ergattern.

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Schweren Herzens hat sich die SPD dann jedoch der Mehrheit angeschlossen. „Die Einigung der bislang im Landtag vertretenen Fraktionen auf ein gemeinsames Vorgehen stellt einen hohen Wert an sich für das Parlament dar“, so die Begründung.

Ein gewisser Aspekt sei dabei auch die Frage gewesen, ob sich die AfD nicht durch den Stellenabbau als Märtyrer gerieren könne. „Aber das sollte auch nicht überhöht werden. Es ist Sache der Fraktionen, sich mehrheitlich auf eine aus ihrer Sicht tragfähige Regelung zu verständigen, ob das der AfD nun passt oder nicht“, so ein Fraktionssprecher.

Für den zweiten Stellvertreterposten hätte der AfD-Politiker Bernd Gögel (61) aus dem Enzkreis kandidiert, der eines von zwei Direktmandaten für die AfD geholt hatte. Gegen ihn wäre vermutlich der bisherige Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler (SPD) ins Rennen gegangen. Unklar ist, ob Gögel von seiner Partei trotzdem als Kandidat aufgestellt wird – nur eben für das erste Stellvertreteramt.

„Wir haben starke Bedenken, wenn ein AfD-Vize den Landtag in seiner Gesamtheit öffentlich vertreten würde“, heißt es bei den Grünen, die zudem auf den Zickzackkurs der AfD in dieser Frage verweisen. „Die Selbstinszenierung der AfD als Opfer wird nicht tragen.“ Die Partei werde formal korrekt behandelt. Bei Entsendungen in Ausschüsse werde sie die ihr zustehenden Sitze aber allesamt erhalten.

Quelle: Welt-online vom 10.05.2016

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