Wenigenlupnitz: 40 Flüchtlinge wollten nicht einziehen

Und dann wurde es plötzlich hektisch und laut an der Asylbewerber-Unterkunft in Wenigenlupnitz, ein Polizeieinsatz war die Folge.
In Wenigenlupnitz sind in diesem Gebäude Flüchtlinge untergebracht. Einige wollten jedoch nicht auf dem Dorf bleiben. Foto: Sascha Willms In Wenigenlupnitz sind in diesem Gebäude Flüchtlinge untergebracht. Einige wollten jedoch nicht auf dem Dorf bleiben. Foto: Sascha Willms
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Eisenach/Wenigenlupnitz. Am Montagnachmittag waren etwa 40 neue Flüchtlinge nicht damit einverstanden, dass man sie vorübergehend nach Wenigenlupnitz verlegen wollte. Und dies nicht etwa, weil ihnen die Quartiere in Wenigenlupnitz nicht gefielen oder dort Überfüllung drohte. Sie wollten in einer Stadt untergebracht werden und nicht auf dem Dorf. Und dabei hatte der Tag trotz aller Hektik im Landratsamt in dieser Frage noch ruhig begonnen. Um 10.30 Uhr ging die Mitteilung des Landes ein, dass nicht Ende September, wie angekündigt, neue Flüchtlinge unterzubringen sind, sondern bereits in zwei Stunden. Der erste Bus mit Flüchtlingen war da schon auf dem Weg Richtung Wenigenlupnitz. Da niemand wusste, ob diese Menschen direkt aus München oder aus einer Erstaufnahmestelle kamen, organisierte der Kreis sogar eine medizinische Erstkontrolle. Das Gebäude in Wenigenlupnitz wird seit Monaten für die Unterbringung von 100 Menschen genutzt. Mehr sollten es nicht werden. In der vergangenen Woche aber, als von den montäglichen Neuankömmlingen noch keine Rede war, hatte der Kreis damit begonnen, das Gebäude als Notunterkunft auszustatten, um die Menschen bei der Ankunft von vielen Asylbewerbern auf einmal unterbringen zu können. „Aber immer nur für eine vorübergehende Unterbringung, nicht als Dauerlösung. Wir haben in solchen Fällen keine andere Chance“, so eine Kreissprecherin. Betten, Tische, Stühle und Regale waren also da. Platz ist in der Turnhalle und weiteren Etagen des Gebäudes. Die Ausstattung dieser Zimmer ist aber weitaus spartanischer und einfacher als in den übrigen Räumen. Als gegen 13.15 Uhr der erste Bus mit 50 Menschen eintraf, vorwiegend aus Afghanistan und Syrien, ging auch alles relativ gut über die Bühne. Die medizinische Erstkontrolle war nicht nötig, da die Flüchtlinge aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Mühlhausen kamen. Mit der Ankunft des zweiten Busses wurde es hektisch, weil sich 40 Asylbewerber, in diesem Falle vorwiegend aus Balkan-Staaten, weigerten einzuziehen. Die Unterkünfte seien in Ordnung und es sei dort zwar voll, aber nicht überfüllt, so das Landratsamt. Diese Asylbewerber wollten in eine Stadt und waren davon ausgegangen nach Eise­nach gebracht zu werden. „Es kam zu verbalen Auseinandersetzungen auch mit den Mitarbeitern des Landratsamtes“, so die Kreissprecherin. Und dies sei so bedrohlich geworden, dass die Polizei gerufen wurde.

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Keine Kapazität bei Kirchen

24 Asylbewerber machten sich zu Fuß auf den Weg. In Großenlupnitz endete an der dortigen Bushaltestelle der Fußmarsch. Die 24 stiegen wieder in den Bus, der sie zurück in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Mühlhausen brachte. Für den heutigen Mittwoch sind die nächsten 50 Neuankömmlinge zur Unterbringung im Kreisgebiet avisiert. Papst Franziskus appellierte jüngst an alle Gläubigen, ihre Kirchentüren, Klöster und Gemeinden für Flüchtlinge zu öffnen. Der Vatikan wolle mit gutem Beispiel vorangehen und zwei Flüchtlingsfamilien aufnehmen.„Wir haben darüber nachgedacht, was möglich ist“, sagt Pfarrer Heinz Gunkel von der Katholischen Kirche Eisenach nach einer Sitzung. Die Gläubigen engagieren sich bereits vielfach für die Flüchtlinge. Derzeit seien aber alle Räumlichkeiten belegt: „Wir haben keine freien Raumkapazitäten“, so der Pfarrer. Pro Woche nutzen rund 150 Menschen für Religionsunterricht und andere Treffen das Gemeindehaus; Pfarrer Gunkel möchte die Kinder und Gläubigen nicht wegschicken. „Wir sind dankbar, dass uns der Papst an unsere Pflicht als Christen erinnert“, sagt der Geistliche, aber der Heilige Vater wisse auch, dass die Umsetzung vor Ort geregelt werden müsse. Das Bistum Erfurt habe seine Hilfe bereits vor dem Aufruf des Papstes angeboten. Einige leerstehende Kirchengebäude aus dem Eichsfeld könnten dafür in Frage kommen (wir berichteten). Die Eisenacher Gemeinde unterstütze über die Caritas, habe bei vielen Aufrufen geholfen und gesammelt. Eine christliche eritreische Familie, die in Wu­tha-Farnroda lebt, werde regelmäßig zu den Gottesdiensten geholt und jüngst wurde auch ihr Kind getauft. Außerdem seien zwei Sprachkurse im Gemeindehaus angelaufen. Gemeindereferent Michael Turbiasz sei Ansprechpartner für die Wohnheime in Gerstungen und Wenigenlupnitz. Dabei gehe es nicht vorrangig um Betreuung im Glauben, sondern um konkrete Hilfe bei Behördengängen, dem Ausfüllen von Formularen und Anrufen. Man arbeite eng mit der Caritas zusammen. Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Eisenach wolle nun vermehrt ihre Aktivitäten bündeln, damit keine Arbeit doppelt gemacht ­werde. Auch die evangelischen Christen im Eisenacher Raum können kein Gebäude zur Verfügung stellen, sagte Pfarrer Stephan Köhler. Es habe über die Landeskirche ebenfalls schon einen Aufruf dazu gegeben. Die Pfarrer in den Gemeinden seien aktiv, Flüchtlinge zu betreuen; Gläubige beteiligten sich an Sachspendenaktionen. Erst im Frühjahr gewährte die evangelische Kirche zwei Frauen Asyl. Ein Helferkreis kümmerte sich um die Lehrerinnen, die in Afghanistan Mädchen unterrichtet hatten.

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Julia Stadter, Peter Rossbach / 09.09.15 / TLZ
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Quelle: Thüringer Landeszeitung vom 09.09.2015
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