Schäuble wird Berliner Ehrenbürger – „Er ist ein wahrer Freund Berlins“


Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 20.09.2016 in Berlin zu den Gästen der Verleihung des Ludwig-Erhard-Preises. Der Preis wurde dieses Jahr Altkanzler Schröder für seine Verdienste um die Agenda 2010 verliehen (Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa).

24.10.16 | 06:10 Uhr

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Er trug entscheidend dazu bei, dass Berlin wieder Hauptstadt wurde – Wolfgang Schäuble wird dafür am Montag zum Ehrenbürger ernannt.

Was der Finanzminister daran bestimmt besonders zu schätzen weiß: Er darf den Rest seines Lebens kostenlos mit der BVG fahren.

Knapp 73 Jahre alt, jahrzehntelang den Umgang mit Macht gewohnt, weltpolitisch gewieft, an der Wiedervereinigung beteiligt und ein Mann: Dürfen wir vorstellen? Das ist der durchschnittliche Ehrenbürger Berlins.

Am Montag wird dem 119. Menschen diese Ehre erwiesen, man tritt Wolfgang Schäuble nicht zu nahe, wenn man feststellt: Er kommt diesem Durchschnitt ziemlich nahe – auch wenn die höchste Auszeichnung dieser Stadt für jeden etwas Besonderes ist.

Der 74 Jahre alte Bundesfinanzminister bekommt seine Ehrenurkunde am Mittag vom Regierenden Bürgermeister überreicht. „Wolfgang Schäuble hat sich um Berlin verdient gemacht“, sagte Michael Müller (SPD), als er die Entscheidung im Sommer bekanntmachte.

Schäubles Berlin-Rede geht in die deutsche Geschichte ein

Der Badener Schäuble ist der dienstälteste Bundestagsabgeordnete in der Geschichte der Bundesrepublik. Er hatte in seiner fast 50 Jahre langen politischen Karriere schon so viele Ämter, dass sein Engagement für Berlin dahinter fast verschwimmt.

Am 20. Juni 1991 hielt der CDU-Politiker die Rede, von der Beobachter sagen, dass sie den Ausschlag für den späteren Umzug der Bundesregierung nach Berlin gab. „Die Einbindung in die Einigung Europas und in das Bündnis des freien Westens hat uns Frieden und Freiheit bewahrt und die Einheit ermöglicht. Aber auch diese Solidarität der freien Welt mit der Einheit und Freiheit der Deutschen hat sich doch nirgends stärker als in Berlin ausgedrückt.

Ob wir wirklich ohne Berlin heute wiedervereinigt wären?

Ich glaube es nicht“, sagte Schäuble damals in Bonn. Die Entscheidung für Berlin sei eine Entscheidung zur Überwindung der Teilung Europas. Am Ende stimmten 338 Abgeordnete für Berlin, 320 für Bonn, bei einer Enthaltung und einer ungültigen Stimme. Schäubles Worte sind als „Berlin-Rede“ in die deutsche Geschichte eingegangen, außerdem spielte er eine entscheidende Rolle beim Aushandeln des Einigungsvertrages.

Diese Rolle habe maßgeblich „zur Überwindung der jahrzehntelangen Teilung unserer Stadt beigetragen“, sagte Michael Müller. Der Parlamentspräsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland, würdigte Schäuble am Donnerstag als „wahren Freund Berlins.“

Nur fünf Frauen

Der reiht sich in eine interessante Berliner Ahnengalerie ein: Sie besteht aus 114 Männern, und nur fünf Frauen, fast zwei Drittel der Ehrenbürger kommen aus Politik und Verwaltung.

Die letzten beiden, die die Urkunde im Rathaus überreicht bekamen, waren W. Michael Blumenthal, der frühere Direktor des Jüdischen Museums, und Bundespräsident Joachim Gauck.

Bundespräsidenten haben traditionell die größte Chance auf Berlins höchste Weihen. Nur zwei der bisherigen elf Bundespräsidenten wurden keine Ehrenbürger Berlins: Horst Köhler und Christian Wulff. Beide schieden im Unfrieden aus ihrem Amt. Mit dieser Hypothek und ohne irgendeinen besonderen Bezug zur Hauptstadt kamen sie für die Ehre nicht infrage.

Außenseiter unwahrscheinlich

Aber wer entscheidet überhaupt darüber, wer Ehrenbürger werden darf? Theoretisch dürfen die Vorschläge gleichermaßen aus Bezirksämtern und Bezirksverordnetenversammlungen kommen wie aus Abgeordnetenhaus und Senat.

Doch dass es ein wenig bekannter Held oder eine Heldin in die Galerie der würdigsten Berliner schafft, ist so gut wie unmöglich. Denn Abgeordnete und Senatsmitglieder müssen die Entscheidung gemeinsam treffen – wer neuer Ehrenbürger wird, klären sie vorher informell, bei Gesprächen in ihren Büros, auf Fluren, in der Kantine. Das kristallisiere sich eben heraus, heißt es aus dem Senat. Und so liest sich die Liste der herauskristallisierten Berliner Geehrten in den vergangenen Jahrzehnten wenig überraschend: Schmidt und Kohl, Reagan, Genscher und Gorbatschow. Mächtige ältere Herren. George Bush schickte zur Ehrung seinen Enkel vorbei.

Sieben Ost-Berliner Ehrenbürger

Marlene Dietrich war die einzige Ehrenbürgerin der vergangenen gut 40 Jahre. Sie wurde erst ein Jahrzehnt nach ihrem Tod geehrt, eine Ausnahme. Damit sich die Fraktionen nicht öffentlich um das Gedenken an Verstorbene streiten, gilt als ungeschriebene Regel, dass Menschen in Berlin nur dann Ehrenbürger werden, wenn sie noch am Leben sind.

Nach ihrem Tod zahlt ihnen Berlin ein Ehrengrab. 1992 entschieden Senat und Abgeordnetenhaus neu, wem die höchste Ehre des wiedervereinigten Berlins gebührt: Von den 25 Ehrenbürgern Ost-Berlins haben es nur sieben auf die heutige Liste geschafft.

Neben Wilhelm Pieck, Erich Honecker und Walter Ulbricht verloren auch ein paar sowjetische Soldaten ihre Ehrenbürgerschaft, 1965 waren sie zum Jubiläum der deutschen Kapitulation geehrt worden. Ihr Verdienst: Sie hatten die sowjetische Flagge über dem zerstörten Reichstag gehisst. Die einzigen noch lebenden Ehrenbürger, die in Ost-Berlin ausgezeichnet wurden, sind zwei ehemalige Kosmonauten: Der 77-jährige Sigmund Jähn und sein „Sojus 31“-Kompagnon Waleri F. Bykowski. Bus und Bahn umsonst, ein Bildnis dazu Jähn lebt in Strausberg, sollten Sie ihn bei einem Wochenendausflug in einem Berliner Bus entdecken, grüßen Sie freundlich: Sie haben ein Stück seiner Fahrt mitbezahlt.

Denn jeder Ehrenbürger Berlins bekommt auf Wunsch eine Jahreskarte der BVG, lebenslang. Wer sie in Anspruch nimmt, weiß der Senat nicht – nachzufragen traut man sich in der Verwaltung nicht, weil das unhöflich sei, heißt es.

Dabei wäre es schnell erledigt: Nur fünf Berliner Würdenträger leben in der Hauptstadt. Schäuble hat seinen Hauptwohnsitz in der badischen Heimat. Aber ohnehin könnte er sich, wie die anderen lebenden Ehrenbürger auch, durchaus ein bis zwei eigene Fahrzeuge leisten.

Die angebotenen Almosen des Landes für in Not Geratene jedenfalls hat noch keiner in Anspruch genommen. Die Bundespräsidenten verfügen gar über persönliche Fahrer, auch nach ihrer Amtszeit werden sie streng bewacht.

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Von Wolfgang Schäuble sind keine Pläne zur baldigen Pensionierung bekannt. Man wird ihn bis auf Weiteres also eher nicht in der U8 Richtung Hermannplatz antreffen, oder bei einer Ausflugsfahrt mit der Linie 100. Sicher aber ist: Bald darf der Minister in einem Stuhl Platz nehmen und eine angemessen ehrenbürgerische Haltung einnehmen. Ein Maler seiner Wahl wird ihn dann porträtieren. Schäubles Konterfei prangt fortan im dritten Stock des Abgeordnetenhauses.

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Quelle: rbb-online.de vom 24.10.2016

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Geronimo
Geronimo
7 Jahre zuvor

Berlin ist eine rollstuhlgerechte Stadt.

Alexander Berg
7 Jahre zuvor

Als Ehrenbürger muss er ja keine Steuern mehr bezahlen… 😀

Ulrike
Ulrike
7 Jahre zuvor

Man kann es nicht fassen. Der Kerl mit Gedächtnisschwund wo 100 000 herkommen wird auch noch Ehrenbürger. Kranke Welt.

Birgit
Birgit
7 Jahre zuvor

Das Foto sagt ALLES ! Es fehlt nur noch der Heiligenschein !

Geronimo
Geronimo
7 Jahre zuvor

Bravo, Alex!